Julia Sommerliebe Band 22
werde ich eine zweite Meinung einholen.“
Der Arzt errötete und nickte. „Ich freue mich sehr für Sie“, sagte er, ganz matt vor Erleichterung.
Rafik war überglücklich. Er hatte seine Freiheit und seine Zukunft wiederbekommen. Und er hatte – so hoffte er – seine Liebe.
„Entschuldigen Sie mich jetzt bitte. Ich muss dringend weg.“ Zu der Frau, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen werde .
Ohne die neugierigen Blicke zu bemerken, die man ihm zuwarf, rannte er, so schnell er konnte, über den Platz und durch die langen Flure, bis er seine Gemächer erreichte. Bevor er eintrat, hielt er inne, um seine Gedanken zu sortieren.
Er fand Gabby auf dem Innenhof. Nachdenklich betrachtete sie den plätschernden Springbrunnen. „Gabriella?“
Sie drehte sich zu ihm um. „Ich weiß schon, was du sagen willst.“
„Ja?“
Sie nickte. „Ja. Und ich werde nicht gehen. Denn ganz gleich, ob du es zugibst oder nicht: Du brauchst mich. Ich bin deine Frau. Du kannst mich nicht einfach wegschicken. Ich habe auch Rechte.“
„Ich will nicht, dass du gehst.“
Sie sah ihn misstrauisch an. Irgendetwas an ihm war anders, aber sie konnte nicht sagen, was es war. „Nein? Das ist gut. Denn ich habe zwar die Pille genommen, aber es scheint, als sei ich trotzdem schwanger geworden. Ich fühle mich anders, und ich habe einmal vergessen, die Pille zu …“
„Du bekommst ein Baby?“, unterbrach er sie. „Wie schön!“
„Schön“, sagte sie erstickt und starrte ihn an. Er lächelte – und zwar nicht spöttisch. „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast? Immerhin hast du mich nur deswegen geheiratet.“
„Nein, ich habe dich geheiratet, damit du bei mir bleibst. Das Baby war nur ein Vorwand. Ein todgeweihter Mann darf sich nicht verlieben, und er darf niemandem erlauben, ihn zu lieben.“
„Lieben …“ Gabby wollte ihren Ohren kaum trauen. „Du hast gesagt …“
Mit zwei großen Schritten war Rafik bei ihr, schloss sie in die Arme und hob sie hoch. „Ich liebe dich – und ich darf es dir sagen, weil ich kein todgeweihter Mann mehr bin. Ich bin geheilt und werde leben. Wir werden gemeinsam leben!“ Er küsste sie, bis sie nach Luft rang.
„Hör auf …“ Es war eine ganz neue Erfahrung, ihn darum zu bitten, dass er aufhörte , sie zu küssen.
Er setzte sie zurück auf die Füße, umfasste ihren Hinterkopf mit der einen Hand und streichelte ihr Haar mit der anderen. „Ich liebe dein Haar …“
„Was ist passiert? Bitte erzähl es mir der Reihe nach.“ Die Energie, die von ihm ausging, hätte ausgereicht, um ein kleines Land mit Strom zu versorgen – die Luft knisterte förmlich. „Ich kann dir nicht folgen. Du bringst mich ziemlich durcheinander.“
„Du hattest recht, als du sagtest, ich würde gar nicht krank aussehen. In meinem Körper ist keine Spur mehr von der Krankheit zu finden. Es ist ein Wunder geschehen. Ich bin geheilt.“
„Das heißt, du bist nicht krank?“ Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht, welches nur kurz überschattet wurde, als sie fragte: „Und das bleibt auch so?“
„Wer weiß? Aber ich habe daraus gelernt, dass man in der Gegenwart leben sollte und die Dinge, die einem wirklich wichtig sind, nicht verschieben sollte.“ Er lächelte lausbübisch. „Und jetzt halte ich es für wichtig, dich zu küssen.“
Das tat er so inbrünstig, dass es Gabby eine Weile die Sprache verschlug. Sie stand nur da, geborgen in seinen Armen, und fühlte sich beschützt und geliebt und konnte das alles noch gar nicht ganz begreifen.
Rafik liebte sie, und sie hatten eine Zukunft. Ihr kamen die Tränen. Wen rührte es nicht, wenn seine Träume Wirklichkeit wurden?
Mit dem Daumen tupfte Rafik ihre Tränen ab und lächelte sie so zärtlich an, dass ihr fast das Herz stehen blieb.
„Es ist ein Wunder.“
„Du hast immer an Wunder geglaubt. Ich war der Skeptiker. Ich hätte auch daran glauben sollen, denn immerhin habe ich am eigenen Leib ein Wunder erlebt! Du, meine geliebte Gabriella, bist mein lebendes und atmendes Wunder!“
Drei Wochen nachdem Rafik erfahren hatte, dass er leben würde, fand die Hochzeitsfeier statt.
Es war ein rauschendes Fest mit Familienmitgliedern und Freunden von Rafik und Gabby.
Rafik hatte all sein diplomatisches Geschick aufbringen müssen, um seinen Vater zu beruhigen, nachdem er ihm die ganze Geschichte erzählt hatte. Letztendlich war der König von Zantara jedoch so erschüttert darüber, dass er Rafik fast verloren hätte,
Weitere Kostenlose Bücher