Julia Sommerliebe Band 23
nachzuholen.
Bisher hatte er keine Notwendigkeit gesehen, ein klares Wort zu sprechen. Schließlich war ihr Arrangement für beide Seiten nicht unangenehm. Spätestens als ihm klar wurde, dass er für Abigail wesentlich mehr empfand als für Diana, die er als platonische Freundin schätzte, hätte er Diana reinen Wein einschenken müssen.
Doch die begrenzte Zeit, die er mit Abigail hatte, konnte und wollte er nicht auch noch verkürzen. Das ausführliche und klärende Gespräch mit Diana musste also leider noch wenige Tage warten.
„Hier, mein Junge.“ Sein Vater kam aus der Küche und brachte ihm ein kühles Bier.
„Danke, Dad.“
Michael nahm die Flasche, drehte den Verschluss ab und gönnte sich einen großen Schluck. Sein Vater saß bereits in seinen Lieblingssessel im Wohnzimmer, er folgte ihm und lauschte den fröhlichen Stimmen der Frauen.
Zwischen Abigail und der Armlehne war kaum Platz auf der Couch, aber Michael quetschte sich dazwischen. Sie berührten einander von der Hüfte bis zum Knie, und genau das hatte ihm gefehlt.
Durch seine und ihre Jeans hindurch fühlte er ihre Körperwärme, und es dauerte nicht lange, bis die Erregung in ihm pulsierte. Wenn er nicht aufpasste, würden seine Eltern noch merken, wie verrückt er nach Abigail war.
Sie schaute dorthin, wo ihre Beine sich bei jeder Bewegung aneinander rieben, und warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Aber selbst der reichte aus, ihn wissen zu lassen, dass sie an dasselbe dachte wie er.
Das Verlangen durchzuckte ihn wie ein Stromschlag, und Michael musste sich auf die Zunge beißen, um nicht laut aufzustöhnen.
Abigail schien ihm anzumerken, wie mühsam er sich beherrschte, denn sie wandte sich wieder dem Fotoalbum zu, das halb auf ihrem Schoß, halb auf dem seiner Mutter lag.
„Du warst wirklich ein unheimlich süßes Baby“, schwärmte sie.
Er trank noch einen Schluck Bier, damit er seiner Stimme trauen konnte. „Offenbar eines, das nie etwas anhatte. Oder Mom hat die Kamera nur dann geholt, wenn ich mal wieder splitternackt war.“
Abigail lachte.
Seine Mutter schüttelte tadelnd den Kopf und streckte hinter Abigail den Arm aus, um ihrem Sohn einen Klaps zu verpassen. Er tat so, als würde er sich ängstlich ducken, und unterdrückte ein spöttisches Lächeln.
„Es gibt jede Menge Fotos, auf denen du angezogen bist“, warf Abigail ein. „Aber die Nacktaufnahmen gefallen mir am besten.“
Als sie ihn anlächelte, legte er den Arm um sie, zog sie an sich und küsste sie aufs Haar.
Sie errötete und versuchte, ihn wegzuschieben. Er lockerte den Griff auch ein wenig, ließ den Arm jedoch an ihrer Schulter liegen.
Inzwischen waren sie mit seinen Fotos durch und kamen endlich zu denen seines Bruders und der beiden Schwestern. Seine Mutter wollte gerade umblättern, da klopfte es an der Haustür.
„Hallo! Ich bin’s! Darf ich reinkommen?“, ertönte eine helle Stimme, und ohne eine Antwort abzuwarten, kam Diana herein.
Michael erschrak. Er schluckte schwer, legte den Arm wieder fester um Abigail und hielt den Atem an.
Dass Diana unangemeldet vorbeikam und sich benahm, als wäre sie hier zu Hause, war eigentlich nicht ungewöhnlich. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ausgerechnet heute auftauchte.
„Ich habe meine berühmten doppelten Schokoladenkekse mitgebracht“, verkündete Diana unbeschwert und durchquerte forsch das Haus, um den gefüllten Teller auf den Tisch im Esszimmer zu stellen. „Extra für dich, Mike, mein Lieber, die magst du doch so gern!“
Michael, seine Eltern und Abigail erstarrten und beobachteten gebannt, wie die unangemeldete Besucherin die Folie von den Keksen nahm.
Kein Zweifel, Diana war eine sehr attraktive Frau. Sie hatte das kurze blonde Haar zu einer sportlichen Frisur gestylt, und ihre Figur war äußerst reizvoll. Für Michaels Geschmack betonte Diana sie allerdings eine Spur zu sehr.
Diana hatte Abigail noch nicht bemerkt – und erst recht nicht, dass er den Arm fast besitzergreifend um sie gelegt hatte.
Als Marineinfanterist war Michael seit vielen Jahren darauf trainiert, in kritischen Situationen blitzschnell zu reagieren, doch in diesem unangenehmen Moment saß er wie gelähmt da.
Er spürte, wie verwirrt und angespannt Abigail war.
Diana knüllte die Folie zusammen, steckte sie ein und drehte sich mit einem strahlenden Lächeln zu ihnen um.
„Was ist los, ihr seid so schweigsam?“ Sie ließ den Blick durchs Wohnzimmer wandern und richtete ihn schließlich
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