Julia-Weihnachten Band 24
seine Exfrau. Der Mann, den Marnie seit der Highschool geliebt hatte, war inzwischen ein Fremder.
Marnie verschloss die Kassenbelege im Safe und schaltete den Anrufbeantworter ein. In den nächsten beiden Tagen – es waren die letzten zwei vor Weihnachten – würde ausnahmsweise ihre Angestellte und Freundin Betty den Laden übernehmen, da Marnie sich auf ausdrücklichen Wunsch ihrer Großmutter freigenommen hatte.
Marnie streifte sich ihre Jacke über, schloss die Ladentür ab und ging durch den Hinterausgang nach draußen, wo der Geruch von Schnee in der Luft lag.
Vor einem Jahr hatte sie das große Glück gehabt, das charmante altmodische Haus gleich auf der anderen Straßenseite kaufen zu können. Früher hatte sie immer davon geträumt, einmal mit Tom in einem solchen Haus zu leben. Nie hätte sie gedacht, mit zweiunddreißig Single und kinderlos zu sein, während Tom in Rom lebte und arbeitete.
Dass es so weit gekommen war, lag Marnies Meinung nach an seiner schwierigen Kindheit: Sein Vater war Alkoholiker gewesen, und seine Mutter hatte die Familie schon früh verlassen.
Nachdem Tom und Marnie sich auf der Highschool angefreundet hatten, hatte Granny ihm angeboten, bei ihnen einzuziehen und auf der Farm auszuhelfen, bis er mit der Schule fertig war.
Nach ihrem Highschoolabschluss gingen er und Marnie dann gemeinsam an die University of Tennessee in Knoxville und verliebten sich dort ernsthaft ineinander. Oder zumindest Marnie.
Mit dem Sex warteten sie bis nach ihrer Hochzeit, so schwer es ihnen auch fiel. Es war für sie beide das erste Mal – eine sehr leidenschaftliche und wunderschöne Erfahrung.
Nach dem Studium begleitete Marnie Tom dann nach Washington, wo er vom Auswärtigen Amt zum Diplomaten ausgebildet wurde. Die ersten Stationen seiner Laufbahn waren Tokyo und Stockholm.
Sie hatten es genossen, gemeinsam die neuen Länder und Kulturen zu entdecken, und der Sex war einfach fantastisch. Für eine Weile hielt Marnie ihre Ehe für perfekt.
Doch dann, nach vier Jahren Ehe, sprach sie zum ersten Mal das Thema Kinder an. Tom reagierte so abweisend, dass er ihr damit einen echten Schock versetzte. Er lehnte es rigoros ab, Kinder zu bekommen, weder jetzt noch in Zukunft.
Zwei Jahre brauchte sie dafür, zu akzeptieren, dass er seine Meinung niemals ändern würde – dass er zwar eine Gefährtin wollte, aber keine Familie. Irgendwann waren die Fronten zwischen ihnen so verhärtet, dass Marnie beschloss, sich von ihm zu trennen, bevor sie einander irgendwann nur noch hassten.
Also kehrte sie nach Tennessee zurück und ließ sich von ihm scheiden. Leider fiel es ihr sehr schwer, über ihn hinwegzukommen, ganz zu schweigen davon, jemand Neues zu finden. In den vier Jahren seither war ihr niemand begegnet, der auch nur ansatzweise die Lücke füllen konnte, die Tom hinterlassen hatte.
Soweit sie wusste, war er ebenfalls noch Single, aber das hatte ihrer Meinung nach überhaupt nichts zu bedeuten. Schließlich war er schon immer ein Einzelgänger gewesen.
Marnie schloss ihre Haustür auf und ging an den antiken Möbeln vorbei, die sie von den Vorbesitzern übernommen hatte. Ihre persönlichen Gegenstände wie Fotos, Bücher und Teddybären verliehen dem Haus eine individuelle Note und machten es sehr behaglich. Im Grunde genommen fehlte nur noch der Klang heller Kinderstimmen und männlicher Schritte, um alles perfekt zu machen.
Marnie ging ins Schlafzimmer und probierte erst ein Kostüm und dann ein elegantes Kleid an, bevor sie sich doch wieder für den Rock und die Bluse entschied. Wozu sich die Mühe machen, Tom zu beeindrucken? Er wusste schließlich, dass sie vom Land kam. Außerdem war er vor nicht allzu langer Zeit selbst ein Landjunge gewesen.
Marnie holte die Tasche mit ihren Geschenken für ihre Großmutter, Tom, ihre Tante Linda, deren Mann Norbert und ihren Cousin Mike, der sich vor einigen Jahren mit seinen Eltern zerstritten hatte. Seitdem hatte ihn niemand aus der Familie zu Gesicht bekommen. Jolene hatte ihn dennoch ausdrücklich hergebeten, in der Hoffnung, dass die drei sich über die Feiertage wieder versöhnen würden.
Jetzt fehlte nur noch Marnies schon vorbereitete Zucchini-Lasagne. Mit Baguette und Salat würde sie bestimmt auch einem Kosmopoliten wie Tom schmecken.
Nachdem sie ihr Gepäck im Auto verstaut hatte, ging es endlich los.
Sie freute sich schon auf die nächsten vier Tage bei ihrer Großmutter. Schließlich gab es nichts Schöneres, als am Weihnachtsmorgen
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