Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
auftreiben.“ Seufzend ließ sie sich auf ein zierliches Sofa fallen und klopfte einladend auf den Platz neben sich. „Komm, setz dich zu mir. Du musst mir alles ganz von Anfang an erzählen.“
Kayleen rührte sich nicht von der Stelle. „Worüber?“
„Na, über dieses Aschenputtel-Märchen. Du bist tatsächlich mit dem Prinzen verlobt?“
„Ja“, sagte Kayleen reserviert. „Die offizielle Bekanntgabe steht allerdings noch aus. Und die Hochzeit ist für nächstes Jahr im Frühling geplant.“
„Ach, und ich dachte schon, du bist schwanger, und ihr müsst heiraten.“
„Ich habe es nicht nötig, As’ad reinzulegen.“
„Natürlich nicht, das meinte ich auch gar nicht. Trotzdem rate ich dir zur Vorsicht. Habt ihr einen Ehevertrag geschlossen? Wie viele Millionen bietet er dir als Abfindung im Fall einer Scheidung? Hast du einen eigenen Anwalt? Sonst besorge ich dir einen.“
Geschockt machte Kayleen einen Schritt rückwärts. „Ich brauche keinen Anwalt. As’ad hat mir versprochen, Vorsorge für die Mädchen und mich zu treffen.“
„Und das kaufst du ihm ab?“ Wieder ließ sie ihr kehliges Lachen hören. „Hey, Herzchen, dein Glück, dass ich jetzt da bin.“
Das sah Kayleen anders. „Warum bist du überhaupt gekommen?“
„Weil ich endlich meine verschollen geglaubte Tochter wiedergefunden habe.“
„Du wusstest doch, dass ich im Konvent war. Das kannst du schwerlich vergessen haben.“
Darlene zwinkerte ihr verschwörerisch zu. „Aber jetzt wird es doch erst richtig interessant.“
„Wegen As’ad.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Auch. Oh, Kayleen, das Leben meinte es nicht gut mit mir damals, als du klein warst. Ich war doch selbst noch ein Kind und nicht in der Lage, mich um ein Baby zu kümmern. Als Erwachsene begreifst du das sicher. Irgendwann habe ich dich aus den Augen verloren. Aber jetzt sind wir ja wieder glücklich vereint.“
Darlene stand auf. „Als deine Mutter will ich natürlich das Beste für dich. Wenn du wirklich auf eine Ehe mit diesem Prinzen aus bist, musst du dich schon ein bisschen anstrengen und sein Interesse wachhalten. Da kann ich dir ein paar nützliche Tipps geben. Sonst schnappt ihn dir noch irgendeine reiche Zicke vor der Nase weg. Und das wollen wir doch verhindern, nicht wahr?“
„Deine plötzlich erwachten Muttergefühle nehme ich dir nicht ab.“ Kayleen fühlte sich hin- und hergerissen zwischen Zorn und Schuldgefühlen. „Früher war ich dir doch auch herzlich egal.“
„Da täuschst du dich, Herzchen.“ Darlene gab sich gekränkt. „Aber ich musste mich um meine Karriere kümmern. Bei den Nonnen warst du besser aufgehoben, glaub mir.“
„Wie konntest du dir da so sicher sein?“
„Himmel, wir reden hier über Nonnen. Es ist ihr verdammter Job, lieb und mildtätig zu sein. Oder?“
„Ja“, räumte Kayleen nach kurzem Zögern gepresst ein. „Sie waren immer gut zu mir.“
„Dann solltest du mir dankbar sein, anstatt mir hier mit Leichenbittermiene zu schmollen. Nur, um eins klarzustellen, Kayleen: Ich habe die Absicht zu bleiben. Der König denkt, er hat dir wer weiß was für einen Gefallen getan, mich aufzuspüren. In diesem Punkt bin ich ganz seiner Meinung. Du bist meine Tochter, dessen Wohlergehen mir am Herzen liegt. Wir werden uns schon noch anfreunden, wart’s ab. Kein rastloses Umherziehen mehr. Ich brauche mal ein bisschen Ruhe. Aber darüber unterhalten wir uns später.“
Wortlos machte Kayleen auf dem Absatz kehrt und floh förmlich aus dem Raum. In Darlenes Gegenwart hatte sie plötzlich das Gefühl gehabt zu ersticken. Heftig atmend lehnte sie sich an die Wand im Flur. Bis jetzt hatte sie es immer vermieden, sich ihre Mutter genauer vorzustellen – der Gedanke an ihren Verlust tat zu weh. Doch ausgerechnet diese Frau … Kayleen empfand bittere Enttäuschung.
Ihr fiel ein, wie die Mutter Oberin sie immer ermahnt hatte, Menschen nicht vorschnell zu verurteilen. Womöglich bedauerte Darlene ihre Entscheidung von damals tatsächlich? Vielleicht konnten sie wenigstens so etwas wie gute Freundinnen werden. Kayleen war es sich selbst schuldig, ihrer Mutter wenigstens eine Chance zu geben.
9. KAPITEL
Auch in ihrer Suite kam Kayleen nicht zur Ruhe. Das Schlimmste war, dass sie sich den Schlamassel auch noch selbst eingebrockt hatte! Hätte sie dem König damals im Garten die Wahrheit gesagt, nämlich, dass weder ihre Mutter noch ihre Großmutter sie wollten, wäre es zu dieser Farce
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