Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
wandte sie sich verlegen an As’ad. „Bestimmt lachen sie mich gleich aus.“
„Warum sollten sie?“
„Einen gesegneten Abend. Der Friede sei mit euch und eurer Familie“, sagte sie in dem hier geläufigen Beduinen-Dialekt. Auf Englisch fügte sie hinzu: „Mein Akzent ist fürchterlich.“
„Du lernst ihre Sprache?“
„Ja, das gehört sich schließlich so, oder? Es genügt nicht, das gepflegte Hocharabisch zu können, was in den Städten gesprochen wird. Schließlich ist es das Land der Nomaden, und ich möchte ihnen Respekt erweisen, indem ich wenigstens die Grundlagen ihrer Sprache beherrsche. Eines der Hausmädchen unterrichtet mich in ihrer Mittagspause. Sie besucht die Abendschule, und ich helfe ihr im Gegenzug in Differenzialrechnen.“
As’ads Herz schwoll an vor Stolz. Typisch Kayleen. Anstatt für ein horrendes Honorar einen Linguistik-Spezialisten zu verpflichten, nahm sie Stunden beim Hausmädchen, machte sich die Mühe, einen altmodischen Dialekt zu lernen, den außerhalb der Wüste keine Menschenseele sprach.
In diesem Augenblick, als er ihr in die Augen sah, überkam ihn ein ganz eigentümliches Gefühl. Die Brust wurde ihm eng, so aufgewühlt war er. Etwas Ähnliches hatte er noch nie empfunden, also ignorierte er die seltsame Regung.
Zumindest versuchte er es.
Spontan griff er nach ihrer Hand. „Es macht mich glücklich, dass wir bald heiraten“, bekannte er. Seine Stimme klang ungewöhnlich … irgendwie belegt.
Bei seinen Worten leuchteten ihre Augen auf, und ihr Gesicht schien plötzlich zu strahlen. Sie liebt mich, dachte er zufrieden, und im selben Moment wusste er, dass alles gut werden würde.
Bei ihrer Ankunft im Zeltlager wurden sie von Sharif und Zarina in Empfang genommen. Sofort scharten sich die anderen Frauen um Kayleen und nahmen sie beiseite.
„Sie haben es also geschafft, ihn ganz für sich zu gewinnen.“ Anerkennend betrachtete Zarina Kayleens Verlobungsring. „Eine gute Wahl.“
„Das finde ich auch.“
„Oh, dieses Lächeln spricht Bände. Sie sind mit As’ad zufrieden.“ Zarina hob verschwörerisch die Brauen.
„Er ist einfach wunderbar.“
„… schwärmte die Braut über ihren Bräutigam.“ Lachend zog Zarina Kayleen mit sich und machte sie mit einer Gruppe Frauen bekannt. Einige kannte Kayleen schon von ihrem letzten Besuch im Camp. Sie begrüßte sie in deren Muttersprache und erntete beifällige Blicke. Eine junge Frau fing sofort an, wie ein Maschinengewehr auf sie einzureden.
Kayleen hob Hilfe suchend beide Hände. „Sorry, ich verstehe kein Wort“, bekannte sie auf Englisch. „Ich habe gerade erst angefangen zu lernen.“
„Aber Sie versuchen es zumindest.“ In Zarinas Stimme schwang Hochachtung mit. „Das ehrt Sie.“
Eine zarte Röte überhauchte Kayleens Wangen. „Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, wir könnten Freundinnen werden.“
„Aber das sind wir ja bereits. Darüber dürfen wir jedoch nicht vergessen, wo unser Platz ist. Wenn Sie erst Prinzessin sind, wird alles anders.“
„Nicht für mich“, erklärte Kayleen mit Nachdruck.
„Dann werden wir noch richtig gute Freundinnen.“ Zarina nahm sie bei der Hand und wechselte zum vertraulichen Du. „Komm, du kannst uns beim Kochen Gesellschaft leisten. Bei der Gelegenheit bringen wir dir ein paar neue Wörter bei.“
Kayleen begleitete sie in die Kochecke, wo die anderen Frauen bereits lachend und plaudernd mit Töpfen und schweren Gusseisenpfannen hantierten. Viel verstand sie nicht von ihren Gesprächen, aber das störte sie nicht weiter. Erst verschämtes Kichern und aufgeregtes Flüstern erregte ihre Aufmerksamkeit. Zarina dirigierte sie mit blitzenden Augen in ein Zelt.
„Wir machen das nur selten. Es bleibt besonderen Anlässen vorbehalten“, raunte sie Kayleen zu.
„Ich habe keine Ahnung, was du meinst.“
„Es gibt in unserer Tradition einen besonderen Werbetanz, den Hagalla . Kein Mann kann dem Zauber dieses Tanzes widerstehen, und wenn du ihn As’ad darbietest, ist er auf immer dein.“ Zarina öffnete eine Truhe und nahm ein langes Gewand heraus.
Kayleen schüttelte den Kopf. „Oh nein, das kann ich nicht!“
„Natürlich kannst du. Es geht bei diesem Tanz nicht um Talent, sondern um weibliches Selbstbewusstsein, subtile Verführung. Versuch’s einfach mal, ich zeige dir die wichtigsten Figuren.“ Sie zwinkerte ihrer neuen Freundin verschwörerisch zu. „Nach dem Essen schicken wir As’ad in ein Zelt, wo du bereits auf ihn wartest und wo
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