Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
einer Familienzusammenführung sicher nicht gekommen. Nun blieb Kayleen nichts anderes übrig, als sich irgendwie mit den neuen Umständen abzufinden.
Es klopfte an der Tür, und Kayleen erstarrte. „Herein!“, rief sie angespannt.
Glücklicherweise war es As’ad und nicht ihre Mutter. Spontan stürzte Kayleen ihm entgegen und schlang die Arme um ihn. Sie sehnte sich danach, seine Wärme zu spüren und das Gefühl der Sicherheit, das er ihr vermittelte.
„So schlimm?“, fragte er mitfühlend.
Sie nickte stumm.
„Da ist die Überraschung meines Vaters wohl leider nach hinten losgegangen.“
„Ich weiß nicht. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken oder fühlen soll“, gestand sie. „Darlene ist nun wahrlich keine Bilderbuchmutter.“
„Was hast du denn erwartet?“ Zärtlich streichelte er ihre Wange. „Ich müsste dir jetzt wahrscheinlich erzählen, dass die Zeit alle Wunden heilt und ihr bald prima miteinander zurechtkommt, aber das kann ich nicht. Da kommt meine Attacke auf dich vielleicht ganz gelegen. Zumindest bedeutet es eine kleine Abwechslung.“
„Was gibt’s denn?“
„Du erinnerst dich doch sicher an unseren unfreiwilligen Wüstentrip. Nun, Sharif hat durch irgendwelche geheimen Kanäle von unserer Verlobung erfahren und lädt uns für heute Abend zum Dinner ein.“
Kayleen überlegte. „Wirkt es nicht unhöflich, meine Mutter an ihrem ersten Abend hier allein zu lassen?“
„Finde ich nicht. Sie ist bestimmt ziemlich erschöpft von der Reise und froh, sich ausruhen zu können. Hinterlass ihr doch einfach eine Nachricht.“
Kayleen konnte es kaum erwarten, von hier wegzukommen. Nachdem sie sich in Windeseile umgezogen hatte, lief sie nach draußen, wo As’ad bereits in seinem Jeep saß. Es war Spätnachmittag. Die Sonne stand tief im Westen und tauchte alles in ein rosig-goldenes Licht. Es wehte eine leichte Brise, die eine angenehm kühle Nacht versprach.
„Wie es wohl sein muss, in der Wüste zu leben?“ Kayleen blickte versonnen aus dem Fenster auf die vorbeifliegende karge Landschaft, die dennoch ihren ganz eigenen Zauber besaß. „Erdverbunden, immer auf Wanderschaft, ohne großartige Habseligkeiten außer Tieren und einem Zelt …“
„Und ohne Aircondition, fließend Wasser und Toilette“, ergänzte As’ad trocken.
Ups, daran hatte sie gar nicht gedacht. „Okay, okay, ich bleibe doch lieber im Palast“, gab sie lachend zurück. „Fließend Wasser und eine Toilette sind der einzige Luxus, ohne den ich tatsächlich nicht existieren kann.“
„Mein Bruder Kateb lebt in der Wüste“, erzählte As’ad. „Er hatte schon immer einen Hang zur Nostalgie.“
„Im Ernst? Er lebt als Nomade?“
„Er hat es sich so ausgesucht. Weißt du, mit dreizehn mussten wir jeder ein paar Wochen in einem Nomadencamp verbringen. Eine Art Initiationsritus, du verstehst. Ich habe die Zeit genossen, fühlte mich aber nicht so stark zur Wüste hingezogen, um vom vorgezeichneten Pfad abzuweichen. Anders Kateb. Nach seiner Rückkehr aus dem Camp hat er von nichts anderem mehr geredet. Unser Vater bestand darauf, dass er seine Ausbildung beendete. Doch nach dem Universitätsexamen ging Kateb in die Wüste zurück.“
Klingt romantisch, überlegte Kayleen, aber die Realität sieht meist weniger märchenhaft aus. „Treffen wir ihn nachher?“
„Nicht heute Abend. Er lebt tief in der Wüste. Ein-, zweimal im Jahr besucht er uns im Palast, ansonsten bekommen wir ihn kaum zu Gesicht.“
Kayleen ließ den Blick über die endlosen Sanddünen schweifen, die golden in der untergehenden Sonne schimmerten. „Es ist wunderschön hier. Ich kann verstehen, dass es deinen Bruder hierher zieht. Auch ohne fließend Wasser.“
Wie so oft beeindruckte As’ad an Kayleen ihre offene, ehrliche Art. Sie sprach stets aus, was sie dachte; Schmeicheln und Taktieren schienen ihr fremd. Daran hatten auch die Designer-Sachen nichts geändert, die sie jetzt ihrer Position entsprechend trug. Zum Glück! Er hätte keine bessere Wahl treffen können. Kayleen entsprach ganz dem Idealbild einer Prinzessin. Wieder einmal hatte sich seine nüchterne Art bewährt. Die Wahl einer Ehefrau war eine viel zu wichtige Entscheidung, als dass man sich von Gefühlen leiten lassen sollte.
Inzwischen hatten sie das Camp mit den flachen, breiten Zelten erreicht. As’ad parkte den Jeep und schaltete den Motor aus.
Kayleen atmete tief ein und gab sich einen Moment der absoluten Stille in der Wüste hin. Dann
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