Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
nachzugrübeln. Er würde sie finden. Falls sie verletzt war, würde er auch diese Situation meistern. Irgendwie.
Die Reitpiste war ihm von Kindesbeinen an vertraut. Er würde ihr bis in die Wüste hinein folgen. Etwa zehn Meilen weiter befand sich der Vorposten eines Beduinenstammes. Wenn Kayleen sich bis dahin an die Piste gehalten hatte, war sie in Sicherheit.
Er fuhr langsam, hielt links und rechts Ausschau nach einer einsamen Reiterin, vergeblich. Als er sich den Randgebieten des Beduinenlagers näherte, entdeckte er eine Gruppe Männer, die sich um eine zierliche junge Frau mit in der Sonne leuchtenden roten Haaren scharte. Wild gestikulierend umklammerte sie die Zügel ihres Pferdes.
Vor Erleichterung fühlte er sich einen Moment ganz schwach. Er stoppte den Jeep und verständigte seine Tante über Satellitentelefon, dass er Kayleen gefunden hatte und sie unverletzt schien.
„Kehrt ihr bald zurück?“, wollte Lina wissen.
„Ich denke, wir bleiben noch zum Essen.“
„Gut, dann bringe ich die Mädchen inzwischen zu Bett. Danke für deinen Anruf. Jetzt können wir alle beruhigt schlafen gehen.“
Nachdem As’ad das Gespräch beendet hatte, stieg er aus dem Wagen. Als Kayleen ihn sah, galoppierte sie auf ihn zu, ließ sich aus dem Sattel fallen und warf sich ihm zitternd in die Arme. Mit einer Hand fasste er nach dem Zaumzeug, um das sich wild aufbäumende Pferd zu halten, mit der anderen drückte er Kayleen fest an sich.
„Da sind Sie ja endlich!“, stieß sie atemlos hervor. „Die Mädchen sind weg! Sie haben sich verspätet, und ich bin losgeritten, um sie zu suchen … Dann traf ich auf dieses Camp, doch leider versteht hier keiner ein Wort Englisch. Wenn den Kindern etwas passiert ist, werde ich mir das nie verzeihen.“
Sie war so schön in ihrer Aufregung … Die blaugrünen Augen schimmernd vor Tränen, die Wangen leicht gerötet. Einem Impuls nachgebend, neigte As’ad den Kopf und strich mit den Lippen sanft über ihren Mund.
„Den Mädchen geht es gut“, beruhigte er sie. „Wahrscheinlich liegen sie längst in ihren Betten. Sie sind es, um die wir uns sorgen.“
„Gott sei Dank!“ Vor lauter Erleichterung begann sie haltlos zu schluchzen.
„Beruhigen Sie sich doch, Kayleen. Die Mädchen sind ausgezeichnete Reiterinnen und wurden von einem Pferdeknecht begleitet. Es bestand also überhaupt kein Anlass für diese unüberlegte Rettungsaktion.“
„Ich hatte solche Angst. Da habe ich wohl etwas überreagiert“, gestand sie kleinlaut.
„Wieder mal ist das Temperament mit Ihnen durchgegangen“, konstatierte er nüchtern.
„Ja, wieder mal.“ Sie hob den Blick und bemerkte, dass die Beduinen nähergekommen waren. „Oh.“
Widerstrebend ließ As’ad sie los. Es war so ein schönes Gefühl, sie in den Armen zu halten. Am liebsten hätte er sie geküsst – jedoch ohne Publikum. Mit gestrafften Schultern wandte er sich Sharif zu, dem Stammesfürsten der Gruppe.
Die beiden Männer begrüßten einander voll ausgesuchter Höflichkeit, wobei sie ein streng protokollarisches Prozedere befolgten. Dann erkundigte sich Sharif: „Gehört diese Frau zu Euch?“
Kayleen rief hitzig aus: „Er spricht Englisch? Dabei hat er die ganze Zeit so getan, als verstünde er kein Wort!“
„Er kennt Sie nicht und wollte vorsichtig sein“, verteidigte As’ad den Stammesfürsten.
„Was ist mit der berühmten Gastfreundschaft der Wüste? Es heißt doch immer, jeder Reisende findet Zuflucht bei den Beduinenstämmen.“ Ihre Augen funkelten wütend.
„Haben Sie denn darum ersucht?“
Kayleen biss sich auf die Lippe. „Nein. Ich fragte lediglich nach den Mädchen, ohne eine Antwort zu bekommen.“
As’ad sah Sharif fest an. „Sie gehört mir.“
„Dann seid willkommen und teilt unser bescheidenes Mahl.“
„Es ist mir eine Ehre.“
„Ich lasse sofort alles vorbereiten.“ Damit wandten Sharif und seine Männer sich ab und machten sich auf den Weg in Richtung Zeltlager.
„Vorbereitungen?“, fragte Kayleen. „Welche Vorbereitungen? Und was soll die Behauptung, ich sei Ihre Frau? Ich bin Ihre Nanny. Das ist ein gewaltiger Unterschied“, empörte sie sich mit flammendem Blick.
„Es erleichtert die Sache, wenn sie glauben, Sie gehören mir.“ As’ad half ihr, in den Jeep zu klettern, und setzte sich hinters Steuer. „Ansonsten würde man Sie als Freiwild betrachten. Bei Ihrem exotischen Aussehen würde das gleich eine Schar Bewunderer auf den Plan rufen.“
Exotisch? Ein
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