Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
Attribut, das sie selbst nie mit ihrer Person in Verbindung gebracht hätte. Und andere Menschen bis jetzt auch nicht.
„Die Höflichkeit gebietet, dass wir zum Essen bleiben. Keine Angst“, erklärte As’ad. „Da ich Sie für mich beansprucht habe, sind Sie sicher.“
Trotzdem erschauerte sie, allerdings nicht vor Furcht. Nein, es war ein gänzlich gegenteiliges Gefühl, das ihr dieses angenehme Prickeln bescherte: die aufregende Erinnerung an den Moment, als As’ads warme, weiche Lippen ihre berührten.
Der Empfang im Beduinenlager fiel ausgesprochen herzlich aus. Die Frauen nahmen Kayleen sofort in ihre Mitte, und sie leistete ihnen bei den Vorbereitungen für das Essen Gesellschaft. Es gab Reis, ein würziges Fleischgericht und dünnes Fladenbrot, das auf einer nach oben gewölbten schweren Eisenpfanne über Feuer gebacken wurde. Alles zusammen verströmte einen köstlichen Duft.
Sharifs älteste Tochter Zarina war die Einzige, die sich auf Englisch verständigen konnte. „Wirke ich tatsächlich Furcht einflößend?“, wollte Kayleen irritiert wissen.
„Nicht Furcht einflößend, nur anders, fremdartig. Sie stammen aus einem fernen Land und sind mit unseren Sitten nicht vertraut.“
„Oh, ich bin lernfähig.“
Zarina, eine glutäugige, schwarzhaarige Schönheit, ließ ihr melodisches Lachen hören. „Den städtischen Komfort gegen das unbequeme Leben in der Wüste eintauschen? Das kann ich kaum glauben.“
„Bequemlichkeit ist mir nicht wichtig.“ Für das Gefühl, endlich irgendwo richtig dazuzugehören, würde Kayleen auf eine ganze Menge verzichten.
„Und doch leben Sie im königlichen Palast mit dem Prinzen zusammen.“
„Das ist eine lange Geschichte. Und ich lebe nicht mit ihm. Ich passe auf …“ Sie schüttelte den Kopf. „Es ist wirklich eine lange Geschichte.“
Zarina warf einen raschen Blick in As’ads Richtung. Er saß mit den Ältesten des Stammes in der Männerabteilung des Zelts auf dem Boden. „Der Prinz sieht gut aus. Wäre ich nicht verheiratet, würde ich ihn Ihnen ausspannen.“
Kayleen wollte schon darauf hinweisen, dass es da nichts auszuspannen gab, besann sich dann aber anders. „Er ist nett.“
„Nett? Ein Mann, um den es sich zu kämpfen lohnt, kann unmöglich einfach nur nett sein. As’ad ist ein Krieger der Wüste. Er nimmt sich, was er haben will, und schützt seinen Besitz. Er ist ein starker Mann, ein Löwe. Der vollkommene Ehemann. Sie haben eine gute Wahl getroffen.“
Kayleen schätzte As’ad zwar in jeder Hinsicht hoch ein, aber diese Beschreibung fand sie nun doch etwas überzogen. As’ad, ein Krieger, ein Löwe? Nein, dazu wirkte er viel zu – sie suchte nach dem richtigen Ausdruck – kultiviert. Ja, genau. Doch was, wenn sie sich irrte? Dann konnte es gefährlich werden – für sie und ihr Herz.
In diesem Moment sah As’ad auf und begegnete ihrem Blick. Er erhob sich und kam zu ihr. Sofort zogen sich Zarina und die anderen Frauen zurück. „Was bedrückt Sie, Kayleen?“
„Nichts. Ich habe nur nachgedacht. Zarina sagte gerade, wenn sie nicht verheiratet wäre, würde sie Sie mir ausspannen.“
„Sie ist eine schöne Frau.“
Diese Antwort behagte Kayleen gar nicht. „Sie und ich – wir sind nicht zusammen.“
„Also hätten Sie nichts dagegen, wenn sie und ich …“
„Nein“, behauptete Kayleen, wobei sie den plötzlichen Stich in ihrem Herzen tapfer zu ignorieren versuchte. „Da Sie jetzt für drei Pflegekinder verantwortlich sind, gehört eine Frau an Ihre Seite.“
„Sie schlagen Zarina vor?“ In seinen Augen blitzte ein Anflug von Belustigung auf.
„Zarina ist bereits verheiratet.“
„In meiner Eigenschaft als Prinz von El Deharia kann ich haben, wen immer ich begehre“, informierte er sie stolz.
Seine hin und wieder durchscheinende Arroganz ging ihr allmählich auf die Nerven. „Ich glaube nicht, dass Sie das können“, holte sie zum Vernichtungsschlag aus. „Schließlich sind Sie auch nur ein Mann. Ich wette, es gibt genug Frauen, die Ihr Angebot dankend ablehnen.“
Er trat näher an sie heran. „Wer zum Beispiel?“
Kayleen straffte die Schultern und erwiderte genüsslich: „Ich zum Beispiel. Mich können Sie nicht haben.“
Ein herausforderndes Lächeln umspielte seine Lippen. „Das glauben Sie.“
„Ich bin sogar fest davon überzeugt.“
„Wirklich?“ Einen Wimpernschlag später zog er sie an sich und küsste sie.
4. KAPITEL
Kayleen war in ihrem Leben noch nicht oft geküsst
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