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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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seit heute Nachmittag, dass er Romeo ist!«
    »Warum«, entgegnete Maestro Lippi, als wäre das die offensichtlichste Sache der Welt, »fragen Sie ihn dann nicht einfach, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen?«
     
    Erst gegen Mitternacht kehrten Janice und ich ins Hotel Chiusarelli zurück. Kaum hatten wir die Lobby betreten, erhob sich Direttor Rossini hinter der Rezeption und reichte mir einen Stapel gefalteter Notizzettel. »Nachmittags um fünf hat Capitano Santini das erste Mal angerufen«, informierte er mich, sichtlich entrüstet darüber, dass ich nicht in meinem Zimmer bereitgestanden hatte, um den Anruf entgegenzunehmen, »und seitdem viele weitere Male. Der letzte Anruf kam ...« - er beugte sich vor, um einen Blick auf die Wanduhr zu werfen - »vor siebzehn Minuten.«
    Während wir schweigend die Treppe hochgingen, sah ich Janice einen bösen Blick auf meine Hand voll Nachrichten von Alessandro werfen - Indizien dafür, dass er unbedingt wissen wollte, wo ich mich aufhielt. Ich wappnete mich bereits für das unvermeidliche nächste Kapitel unserer endlosen Diskussion über seinen Charakter und seine Motive, doch sobald wir das Zimmer betreten hatten, wehte uns aus Richtung Balkontür ein unerwarteter Luftzug entgegen. Offenbar war die Tür von selbst aufgegangen, denn nichts deutete auf einen weiteren Einbruch hin. Trotzdem hatte ich sofort die schlimmsten Befürchtungen und sah eilig nach, ob irgendwelche Papiere aus Moms Truhe fehlten. Da wir mittlerweile davon überzeugt waren, dass sie nichts enthielt, was als eine Art Karte für unsere Schatzsuche in Frage kam, hatten wir sie einfach auf dem Schreibtisch stehen lassen.
    »Bitte ruf mich zurück«, flötete Janice, die gerade Alessandros Nachrichten durchblätterte, »bitte ruf mich zurück ... Hast du Zeit, mit mir Abendessen zu gehen? ... Bei dir alles in Ordnung? ... Es tut mir leid ... Bitte ruf mich an ... Übrigens bin ich Transvestit ...«
    Ich kratzte mich am Kopf. »Haben wir die Balkontür denn nicht abgesperrt, bevor wir gegangen sind? Ich kann mich genau daran erinnern, dass ich sie abgesperrt habe.«
    »Fehlt irgendwas?« Janice warf Alessandros Nachrichten mit einer so heftigen Bewegung aufs Bett, dass sie in alle Richtungen davonflatterten.
    »Nein«, antwortete ich, »die Papiere sind alle noch da.«
    »Hinzu kommt«, verkündete sie, während sie sich vor dem Fenster aus ihrem Top schälte, »dass die Hälfte aller Ordnungshüter von Siena ein Auge auf dein Zimmer haben.«
    »Würdest du das bitte lassen!«, rief ich und zerrte sie vom Fenster weg.
    Janice lachte erfreut. »Warum? Dann wissen sie wenigstens, dass du nicht mit einem Mann schläfst!«
    In dem Moment klingelte das Telefon.
    »Glaub mir«, meinte Janice kopfschüttelnd, »dieser Typ hat eine Schraube locker.«
    »Wieso?«, gab ich zurück, während ich zum Telefon stürmte. »Weil er mich mag?«
    »Dich mag?« Allem Anschein nach hatte Janice in ihrem ganzen Leben noch nie etwas so Naives gehört, denn sie brach in ein langgezogenes, schnaubendes Gelächter aus, das erst aufhörte, als ich ihr ein Kissen an den Kopf warf.
    »Ja?«, meldete ich mich, wobei ich versuchte, den Hörer von dem Lärm abzuschirmen, den meine Schwester verursachte, indem sie trotzig im Raum herumstapfte und dabei die düstere Titelmusik eines Horrorfilms summte.
    Es war tatsächlich Alessandro. Atemlos erklärte er, er sei schon in Sorge gewesen, mir könnte etwas passiert sein, weil ich ihn nicht zurückgerufen hatte. An ein Abendessen sei um diese Zeit natürlich nicht mehr zu denken, aber vielleicht könne ich ihm wenigstens sagen, ob ich wirklich vorhätte, morgen Eva Marias Fest zu besuchen.
    »Ja, liebe Patin ...«, äffte Janice ihn im Hintergrund nach, »ganz wie du meinst, liebe Patin ...«
    »Ehrlich gesagt hatte ich nicht...«, begann ich und versuchte mich gleichzeitig an all die triftigen Gründe zu erinnern, warum ich die Einladung ablehnen wollte, doch nun, da ich wusste, dass er Romeo war, schienen sie mir alle hinfällig zu sein. Schließlich spielten wir beide, er und ich, in derselben Mannschaft. Oder nicht? Maestro Lippi hätte sicher zugestimmt, und Shakespeare auch. Außerdem war ich nie so ganz davon überzeugt gewesen, dass es sich bei dem Mann, der mein Hotelzimmer verwüstet hatte, tatsächlich um Alessandro handelte. Es wäre definitiv nicht das erste Mal, dass meine Schwester sich irrte. Oder mir eine Lüge auftischte.
    »Ach komm«, drängte er mich mit einer Stimme,

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