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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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die eine Frau zu allem überreden konnte und das bestimmt auch schon viele Male getan hatte, »sie würde sich wirklich sehr freuen.«
    Währenddessen kämpfte Janice im Badezimmer so laut mit dem Duschvorhang, dass es sich anhörte, als würde sie gerade abgestochen.
    »Ich weiß nicht recht«, antwortete ich in der Hoffnung, ihr Kreischen zu übertönen, »im Moment ist alles so ... verrückt.«
    »Vielleicht brauchst du ein paar Tage Tapetenwechsel?«, meinte Alessandro. »Eva Maria zählt auf dich. Sie hat eine Menge Leute eingeladen. Leute, die deine Eltern kannten.«
    »Wirklich?« Die Neugier ließ mich in meinem ohnehin halbherzigen Entschluss abzusagen sofort wieder schwankend werden.
    »Ich hole dich um ein Uhr ab, ja?« Offenbar hatte er sich dafür entschieden, mein Zögern als ein Ja zu werten. »Und ich verspreche dir, auf der Hinfahrt alle deine Fragen zu beantworten.«
    Als Janice zurück ins Zimmer kam, rechnete ich fest mit einer Szene, doch die blieb aus.
    »Tu, was du willst«, meinte sie nur achselzuckend, als wäre es ihr völlig egal, »aber sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    »Du hast leicht reden.« Ich fühlte mich plötzlich sehr erschöpft und ließ mich auf der Bettkante nieder. »Du bist nicht Julia.«
    »Du auch nicht.« Janice setzte sich neben mich. »Du bist nur ein Mädchen, das eine seltsame Mom hatte. Genau wie ich. Hör zu ...« Sie legte einen Arm um mich. »Ich weiß, dass du gerne zu dieser Party möchtest, also geh. Ich wünschte nur ... Ich hoffe, du nimmst es nicht zu wörtlich. Diese ganze Romeo-und-Julia-Geschichte. Shakespeare ist nicht Gott. Er hat dich nicht erschaffen, und du gehörst ihm auch nicht. Du gehörst nur dir selbst.«
    Als wir später zusammen im Bett lagen, gingen wir ein weiteres Mal Moms Notizbuch durch. Nun, da wir die Geschichte der Skulptur kannten, ergaben all die Zeichnungen von einem Mann mit einer Frau in den Armen endlich einen Sinn. Trotzdem lieferten die Skizzen nach wie vor keinen Hinweis darauf, wo sich das Grab befand. Die meisten Seiten waren mit Zeichnungen und Kritzeleien übersät, nur eine einzige stach durch eine durchgehende Bordüre aus fünfblättrigen Rosen besonders hervor, die ein sehr elegant geschriebenes Zitat aus Romeo und Julia umrahmte:
    Was dunkel in deinem holden Buch geblieben,
    Das lies in meinem Aug am Rand geschrieben.
     
    Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um das einzige explizite Shakespeare-Zitat in dem ganzen Notizbuch. Das gab uns beiden zu denken.
    »An der Stelle spricht Julias Mutter über Paris«, erklärte ich, »aber ihre Worte sind nicht ganz richtig zitiert. Sie sagte nicht deinem holden Buch und meinem Aug, sondern dem holden Buch und seinem Aug.«
    »Vielleicht hatte Mom es einfach falsch im Kopf«, mutmaßte Janice.
    Ich bedachte sie mit einem bösen Blick. »Mom soll ein Shakespeare-Zitat falsch im Kopf gehabt haben? Das glaubst du doch wohl selber nicht! Wenn du mich fragst, hat sie das absichtlich gemacht. Um uns eine Nachricht zukommen zu lassen.«
    Janice, die seit jeher ein Faible für Rätsel und Geheimnisse hatte, richtete sich ruckartig auf. Zum ersten Mal seit Alessandros Anruf wirkte sie wieder richtig aufgeregt. »Wie lautet denn dann die Nachricht? Irgendetwas ist verdunkelt, aber wir können es finden?«
    »Sie spricht von einem Buch«, antwortete ich, »und von einem Rand, an den etwas geschrieben ist.«
    »Es könnten auch zwei Bücher sein«, gab Janice zu bedenken, »unser Buch und ihr Buch. Ihr eigenes Buch nennt sie ihr Aug. Für mich klingt das ziemlich nach einem Skizzenbuch ...« - sie klopfte auf die Seite des Notizbuchs - »wie diesem hier. Meinst du nicht auch?«
    »Aber da ist nichts an den Rand geschrieben ...« Ich begann das Notizbuch durchzublättern. Erst jetzt bemerkten wir die vielen Zahlen, die - scheinbar willkürlich - am Rand der Seiten notiert waren. »Meine Güte - du hast recht! Warum ist uns das vorher nicht aufgefallen?«
    »Weil wir nicht darauf geachtet haben«, erwiderte Janice, während sie mir das Buch aus der Hand nahm. »Wenn diese Zahlen sich nicht auf Seiten und Zeilen beziehen, fresse ich einen Besen.«
    »Aber die Seiten und Zeilen wovon?«
    Die Wahrheit traf uns beide wie ein Schlag. Wenn das Notizbuch ihr Buch war, dann war die Taschenbuchausgabe von Romeo und Julia - das einzige andere Buch in der Truhe - zwangsläufig unser Buch, und die Seiten- und Zeilenangaben bezogen sich auf bestimmte Passagen aus

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