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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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Erstaunen. »Und was hat Gott Euch geantwortet?«
    Romeo, der sich nicht länger im Zaum halten konnte, griff nach ihrer Hand und führte sie an seine Lippen. »Er hat mir geantwortet, dass Ihr heute Abend hier auf mich warten würdet.«
    »Dann seid Ihr bestimmt auch die Antwort auf meine Gebete«, sagte sie und starrte ihn verwundert an, während er immer wieder ihre Hand küsste. »Erst heute Morgen in der Kirche habe ich um einen Mann gebetet - einen Helden -, der den grauenhaften Tod meiner Familie rächen könnte. Jetzt sehe ich, dass es falsch von mir war, um jemand Neuen zu bitten. Denn Ihr hattet ja schon den Schurken auf der Landstraße getötet und mich seit dem Moment meiner Ankunft beschützt. Ja ...« - sie berührte mit ihrer freien Hand sein Gesicht -, »ich glaube, Ihr seid mein Held.«
    »Das ehrt mich«, antworte Romeo und nahm Haltung an, »denn ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als Euer Ritter zu sein.«
    »Gut«, sagte Giulietta, »dann tut mir einen Gefallen, und zwar keinen kleinen. Greift Euch diesen Bastard Salimbeni und lasst ihn ebenso leiden, wie er meine Familie leiden ließ. Und wenn Ihr mit ihm fertig seid, dann bringt mir seinen Kopf in einer Kiste, auf dass er kopflos durch die Hallen des Fegefeuers irren möge.«
    Romeo schluckte heftig, brachte aber ein Nicken zustande. »Euer Wunsch sei mir Befehl, liebster Engel. Gewährt Ihr mir ein paar Tage für diese Aufgabe, oder muss er noch heute Nacht leiden?«
    »Das überlasse ich Euch«, erwiderte Giulietta mit anmutiger Bescheidenheit, »schließlich seid Ihr der Fachmann, wenn es darum geht, Salimbenis zu töten.«
    »Und bekomme ich, wenn ich damit fertig bin«, fragte Romeo, der mittlerweile auch ihre zweite Hand hielt, »einen Kuss für meine Mühe?«
    »Wenn Ihr Eure Aufgabe erfüllt habt«, antwortete Giulietta, während sie ihm dabei zusah, wie er abwechselnd ihre Handgelenke küsste, »erfülle ich Euch jeden Wunsch.«
     

III.III
    So hängt der Holden Schönheit an den Wangen
    Der Nacht; zu hoch, zu himmlisch dem Verlangen
     
    Die Stadt Siena schlief zu fest, um Mitleid mit mir zu haben. Die Gassen, durch die ich an jenem Abend rannte, waren nur noch dunkle Ströme der Stille, und über allem, woran ich vorbeikam - Mopeds, Mülltonnen, Autos -, lag ein Schleier aus dunstigem Mondlicht, als wären sie durch einen Zauber dazu verdammt, hundert Jahre lang in der immer gleichen Stellung zu verharren. Die Fassaden der Häuser um mich herum wirkten ebenso abweisend: Die Türen schienen außen keine Klinken zu haben, und jedes einzelne Fenster war fest verschlossen und von Fensterläden verhüllt. Was auch immer in den nächtlichen Straßen dieser alten Stadt vor sich ging, ihre Bewohner wollten es nicht wissen.
    Als ich für einen Moment stehen blieb, konnte ich hören, dass der Kerl - irgendwo in den Schatten hinter mir - ebenfalls zu rennen begonnen hatte. Er gab sich keinerlei Mühe, vor mir zu verbergen, dass er mir folgte. Seine Schritte klangen schwer und unregelmäßig, und die Sohlen seiner Laufschuhe schabten über die holperigen Pflastersteine. Selbst wenn er haltmachte, um von neuem meine Witterung aufzunehmen, keuchte er heftig, als wäre er an körperliche Betätigung nicht gewöhnt. Dennoch gelang es mir nicht, ihn abzuschütteln. Egal, wie leise und schnell ich mich bewegte, er schaffte es, mir auf den Fersen zu bleiben und um jede Ecke zu folgen, fast als könnte er meine Gedanken lesen.
    Als ich schließlich in eine schmale Passage einbog, hatte ich vom Barfußlaufen auf den Piastersteinen schon wunde, schmerzende Füße. Ich hoffte, auf der anderen Seite einen Ausgang - oder, noch besser, mehrere - zu finden, doch wie sich herausstellte, existierte keiner. Ich war in einer Sackgasse gelandet, zwischen lauter hohen Häusern gefangen. Es gab weder eine Mauer noch einen Zaun zum Drüberklettern, und auch keine Mülltonne, hinter der ich mich verstecken konnte. Mein einziges Mittel zur Selbstverteidigung waren die spitzen Absätze meiner Schuhe.
    Während ich mich meinem Schicksal stellte, versuchte ich mich für die Begegnung zu wappnen. Was konnte er nur von mir wollen? Meine Tasche? Das Kruzifix, das ich um den Hals trug? ... Mich? Vielleicht wollte er wissen, wo der Familienschatz versteckt war, aber genau das wollte ich ja auch wissen. Bisher besaß ich darüber noch keine Kenntnisse, die ihn auch nur annähernd zufriedenstellen würden. Leider konnten die meisten Räuber - zumindest laut Umberto -

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