Julia(n) an Kruecken
ganzen Pläne durcheinandergebracht.“
„Verstehe“, sagt er und glotzt wieder runter.
„Tja, jetzt bin ich halt zuhause und kann – falls Sie Pakete oder so erwarten – vielleicht hilfreich sein.“
„Bin auch zuhause, danke“, murmelt Salzberg.
„Ach? Arbeitslos?“ Wieso ist mein Tonfall so ätzend?
„Nein.“ Er guckt wieder hoch. „Selbständig. Ich bin Grafiker, mache Zeichnungen und so.“
„Nett“, murmele ich und finde zurück zu einem freundlichen Ton.
„Wenn ich helfen kann …“ Er zuckt die Achseln und sein Lächeln wird allerliebst.
Ich muss den Kopf leicht zurücklegen, um ihn ansehen zu können. Der Kerl überragt mich locker um zwanzig Zentimeter, kein Wunder bei meiner Größe.
„Danke. Ich komme gern darauf zurück“, sage ich steif.
„Gut.“ Er nickt und wendet sich seiner Wohnung zu.
Der Zopf reicht im fast bis zum Hintern. Ich glotze seine Rückseite an und kann gar nichts denken außer: Mann, ist der Kerl geil.
Nachdem ich eine weitere Stunde in der Küche herumgesessen habe, mache ich eine Wanderung durch die Wohnung, zweieinhalb Zimmer, plus Bad und Küche. Mein Gott, wie leer die Räume sind. Das halbe Zimmer ist nackt und der Rest …
Nachdem Thomas ausgezogen war, habe ich nie mehr in das kleine Zimmer hineingeschaut, konnte es einfach nicht. Hier hatte er sein Reich, voller Bücher und Zeitschriften. Thomas ist ein leidenschaftlicher Leser und die Löcher in den Wänden zeugen von den vielen Regalen, die dort hingen. Mir wird das Herz ganz schwer, obwohl ich mich von meinem Ex schon lange gelöst habe. Die wahre Liebe war es eben nicht gewesen, warum sollte ich ihm also nachhängen?
Zurück in der Küche, lass ich mich wieder auf den Stuhl plumpsen. Der Magen knurrt und erinnert mich an ein vordringliches Problem. Wenn ich das ändern will, muss ich entweder die drei Kilometer zum nächsten Supermarkt humpeln, oder …
„Entschuldigung, Sie müssen nicht zufällig einkaufen?“, frage ich verlegen, nachdem der Nachbar die Tür geöffnet hat.
„Ich war vorhin gerade, aber natürlich kann ich etwas für Sie besorgen“, sagt der Kerl freundlich und lächelt wieder so lieb, dass meine Knie ganz weich werden.
„Ich habe nichts mehr zu Essen im Kühlschrank“, gebe ich zu, „Wenn es Ihnen nichts ausmacht? Ich habe einen Wagen, den ich Ihnen leihen könnte.“
„Ehrlich?“ Seine Augen werden ganz groß.
Am Ende fahren wir zusammen zum Einkaufen. Romeo – wir duzen uns inzwischen – steuert einen Multidiscounter an, in dem ich auch Farben und Papier erwerben kann. Es wird ein mühseliger Einkauf, da ich auf den Krücken immer lahmer werde, je länger wir durch die Regale laufen. Am Ende bin ich heilfroh, als die Kassen in Sicht sind. Romeo schiebt den vollbeladenen Wagen ans Fließband und lädt schweigend die Waren darauf.
„Zweihundert Euro“, murmele ich immer noch fassungslos, als wir bereits wieder im Wagen sitzen und Romeo den Motor startet.
„Du hast die halbe Non-food-Abteilung leergekauft“, erinnert er mich lachend.
Klar, ich habe richtig zugeschlagen. Sechs einsame Wochen liegen vor mir, da muss ich doch irgendetwas Sinnvolles tun, also habe ich Papier und Kohlestifte, Kreiden und Tusche, diverse Buntstifte und dazu noch einiges Zubehör eingekauft. Ich will wieder zeichnen, wie ich es in meiner Jugend schon exzessiv betrieben habe.
Damals habe ich alles zu Papier gebracht, was mir vors Auge geriet, später auch Menschen. Nackte Menschen. Im Schwimmbad habe ich Skizzenblock für Skizzenblock gefüllt, um später daraus Akte zu fertigen. Irgendwo müssen die noch lagern.
Romeo schleppt für mich alles in die Wohnung. Ich versuche, sämtliche Einkäufe zu verstauen und bin am Ende völlig erledigt. Die Herumhüpferei auf einem Bein ist so anstrengend, dass ich total durchgeschwitzt bin. Eine Dusche tut not, doch werde ich das schaffen? Ich habe Angst davor, auszurutschen, und den angebrochenen Fuß zu belasten.
Nachdem ich Romeo gedankt und verabschiedet habe, traue ich mich lediglich, eine Katzenwäsche vor dem Waschbecken zu machen. Danach ist mir wohler, doch sechs Wochen wird das hart werden. Ich sollte bei der nächsten Einkaufsfahrt für ausreichend Deodorant sorgen.
Ich schiebe eine Tiefkühlpizza in den Ofen und humple ins Wohnzimmer, wo ich den Esstisch frei räume und die Zeichensachen ausbreite. Auf einmal überkommt mich eine wilde Vorfreude und die Finger kribbeln regelrecht, wollen endlich
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