Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Bratkartoffen, die ich auf einem Teller mit Mayonnaise Collée dekoriert hatte - das ist Mayonnaise mit Gelatine, die man mit Hilfe einer Spritztüte zu Schnörkeln und Zeichen formen kann, falls einem der Sinn danach steht. Ich dachte, ich sollte mir zumindest einen katastrophalen Fehlschlag für den Schluss aufheben. Während wir aßen, wartete in der Küche das allerletzte Rezept aus Mastering the Art of French Cooking : Reine de Saba, auch bekannt unter dem Namen Schokoladenkuchen.
Mit meinem tödlichen neuen japanischen Entbeinmesser ließen sich die Nieren viel einfacher säubern - es fuhr exakt unter das weiße Fett und die im Muskel verborgenen weißen Röhren. Auch die Reine de Saba klappte bestens. Das ist eigentlich fast eine Torte, bei der gemahlene Mandeln einen guten Teil des Mehls ersetzen. Der Trick dabei ist, man darf sie nicht zu lange backen. Julia Child schreibt, wenn man sie »zu lange bäckt, verliert der Kuchen seine besondere, sahnige Beschaffenheit«, und mir als Kuchen wäre es sehr zuwider, wenn ich als letztes Gericht des Jahres nicht ausnehmend sahnig wäre, deshalb saß ich wie auf glühenden Kohlen, das gebe ich zu, doch alles verlief nach Plan.
Die Mayonnaise Collée , das ist einfach Mayonnaise. Mit Gelatine. Was will man da erwarten? Ich habe es mir nicht gerade leicht gemacht. Denn nach 365 Tagen verwechselte ich immer noch einfach mit schlicht.
»Handgerührte Mayonnaise ist mir zu marthahaft. Ich mixe sie. Mit der Küchenmaschine geht es leichter.«
Ich ignorierte die Erfahrung eines Jahres, in dem ich jede in der Küchenmaschine zubereitete Mayonnaise vermasselt hatte - aber auch jede! Ich gab Eier, Senf und Salz in die Schüssel, stellte die Maschine an und fügte dann den Zitronensaft hinzu, genau wie Julia befahl. Für das Öl nahm ich den Becher, der oben auf die Maschine passte. Es hatte peinlich viele Mayonnaisenanläufe gebraucht, bis ich das stecknadelkopfgroße Loch am Boden entdeckt hatte, dessen Durchmesser das Öl im genau richtigen Tempo durchtröpfeln ließ. Wenn ich die Gebrauchsanweisung noch hätte - die ich offensichtlich nicht mehr habe -, würde ich wahrscheinlich feststellen, dass dieses Loch »Mayonnaiseloch« heißt. Ich goss das Öl hinein und überließ dem Becher das gewissenhafte Tröpfeln. Bisher hatte das funktioniert. Heute jedoch erntete ich nur Flüssiges. »Ver dammt !«, murmelte ich. Heroischerweise kreischte ich immerhin nicht aus vollem Hals »SCHEISSE SCHEISSE SCHEISSE!« Stattdessen fing ich noch mal von vorne an. Diesmal von Hand. Ich machte mir keine großen Hoffnungen.
Ich verrührte die Eigelb, den Senf und das Salz. Ich nahm den Becher von der Küchenmaschine und gab ihn Eric. »Halt das über die Schüssel und lass es einfach reintropfen, ja?« Also stand er da, das Öl tröpfelte, und ich schlug und schlug und schlug.
Und ob Sie’s glauben oder nicht, es klappte einwandfrei. »Eric?«, sagte ich nach ein paar letzten Schlägen auf die schöne, blassgelbe, perfekt gelierte Masse in der Schüssel.
»Ja, Julie?«
»Lass mich das nie mehr vergessen. Wenn ich sonst nichts gelernt habe - eins habe ich gelernt, nämlich dass ich Mayonnaise mit der Hand schlagen kann.«
» Wir können Mayonnaise mit der Hand schlagen«, korrigierte er mich und schüttelte unter Grimassen sein schmerzendes Handgelenk aus.
»Genau. Wir .«
Nun rührte ich noch die in Weißwein, Essig und Brühe eingeweichte Gelatine unter die Mayonnaise und stellte sie zum Festwerden in den Kühlschrank.
Rognons de Veau à la Bordelaise ist der Inbegriff der Schlichtheit, im Prinzip nicht viel anders als Poulet Sauté oder vor allem Biftek Sauté Bercy . Als ich es an diesem Abend kochte, war dies wie ein Sturz in eine Raum-Zeit-Falle - ich stand vor dem Ofen, zerließ Butter, briet Fleisch an und roch den Duft des Weins, mit dem ich den Bratensatz loskochte, und den der weich werdenden Schalotten -, aber dann veränderten sich die Gerichte vor meinen Augen und ich hörte Julia trillern: »Bei Bœuf Bourguignon ist es genauso wie bei Coq au Vin . Man kann Lamm, Kalb oder Schwein nehmen.«
Ich holte den zerteilten Markknochen aus dem Kühlschrank, wo er seit Stunden langsam vor sich hinschmolz. Wie der Verkäufer bei Ottomanelli versprochen hatte, ließ sich der Markstreifen leicht aus der Knochenfurche heben. Ich schnitt ihn in Würfel, weichte diese ein paar Minuten in heißem Wasser ein, legte sie mit den in Scheiben geschnittenen Nieren in die Sauce und
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