Juliregen
ließ nur einige kleinere Schmuckstücke in Lores Schmuckkästchen liegen, von denen er wusste, dass seine Frau sie gerne bei Ausfahrten und Besuchen anlegte, steckte die anderen in seine Tasche und verließ das Schlafzimmer.
Kurze Zeit später kam Kowalczyk zurück. »Melden Herrn Hauptmann, Brief zu Post gebracht.«
»Danke«, antwortete Fridolin und rieb sich kurz über die Stirn. »Lassen Sie meinen Wagen anspannen. Ich muss noch einmal zur Bank.«
VII.
E s dauerte einige Tage, bis Ottwald von Trettin endlich die ungeduldig erwartete Nachricht erhielt. Rudi Pielkes Schnüffelnasen war es gelungen, das junge Dienstmädchen ausfindig zu machen und dessen Wege zu verfolgen. Darüber hinaus hatte der Hehler sogar den Namen der Frau in Erfahrung gebracht, was Ottwalds Aussichten, die Kleine für seine Pläne einspannen zu können, um einiges erhöhte.
Luise hatte am Sonnabend Ausgang und ging jedes Mal in eine Konditorei an der Tiergartenstraße. Dort gönnte sie sich ein Stück Kuchen und eine Tasse Schokolade. Für Ottwald von Trettin war dies die günstigste Gelegenheit, sie zu treffen, und so machte er sich zur richtigen Stunde auf den Weg.
Er fand die Konditorei ohne Probleme, trat ein und bestellte sich ein Kännchen Kaffee und ein Stück Marmorkuchen. Er wurde schon ungeduldig, als endlich die Tür aufging und das Mädchen hereinkam. Luise hatte sich für den Ausflug in die Stadt fein gemacht, und so brauchte Ottwald von Trettin einen Augenblick, um sie zu erkennen. Dann aber winkte er ihr freundlich zu.
Luise machte zunächst eine abweisende Miene, bis sie ihn erkannte. Dann trat sie an seinen Tisch. »Sie, Herr von Trettin? Das ist aber eine Überraschung!«
»Hoffentlich eine erfreuliche«, antwortete er mit einem Lächeln, das ihm schon so manchen Sieg bei schönen Damen eingetragen hatte.
»Nun ja, das schon, obwohl ich Ihnen eigentlich böse sein müsste!«
»Du mir böse, weshalb?«
Luise setzte sich zu ihm und sah ihn tadelnd an. »Ihretwegen bin ich von diesem impertinenten Ferber arg gescholten worden, und das nur, weil ich ein wenig nett zu Ihnen gewesen bin.«
Es dauerte einen Augenblick, bis Ottwald begriff, dass mit Ferber der Hausverwalter seines Onkels gemeint war.
Luise berichtete lang und breit, wie unverschämt dieser gewesen sei, und endete mit den Worten, dass Johann Ferber ihr beinahe den Ausgang für diesen und den nächsten Sonnabend gestrichen hätte.
»So ein böser Mensch ist er!«, sagte sie, nachdem sie sich mit einem Schluck Schokolade gestärkt hatte. Der Blick, mit dem sie Ottwald von Trettin streifte, machte wenig Hehl daraus, dass sie nicht nur gute Worte, sondern auch etwas Geld von ihm erwartete.
Luises Verärgerung kam ihm gerade recht, denn nun wäre sie gewiss eher bereit, ihm zu helfen. Als Erstes spendierte er ihr ein großes Stück des teuersten Kuchens und eine weitere Trinkschokolade. Dann bestärkte er sie in dem Glauben, dass Ferber und die anderen Dienstboten in Fridolin von Trettins Haus einfach unmöglich waren, und lenkte ihren Zorn schließlich auf die Herrschaft selbst. »Mein Onkel hätte diese ungehobelten Leute längst entlassen sollen. Aber er wird ja vom Geiz zerfressen und ist ohne jegliche verwandtschaftlichen Gefühle. Ein lauterer Charakter sieht anders aus.«
Zwar hatte Luise sich noch nie über Fridolin beschweren müssen, nickte aber eifrig. »Er ist wirklich kein Mensch, für den man gerne arbeitet!«
»Und seine Frau erst, diese hochgekommene Tochter eines Dorfschullehrers«, stichelte Ottwald von Trettin nun gegen Lore. »Jetzt muss man Frau Gräfin zu ihr sagen! Dabei hat sie auf Trettin, das damals noch meinem Vater gehörte, als Flickschneiderin gearbeitet. Zusammen mit meinem Onkel Fridolin hat sie meinen Eltern eine Menge Geld gestohlen und ist damit nach England ausgerückt. Da meine Eltern keine stichhaltigen Beweise in Händen hielten, vermochten sie nichts gegen dieses Ganovenpärchen zu unternehmen. Unsere Bitten, wenigstens einen Teil des gestohlenen Geldes zurückzugeben, wurden schnöde abgewiesen. Da hast ja selbst erlebt, wie mich mein Onkel vor die Tür gesetzt hat, obwohl ich nur mein gutes Recht zu erlangen suchte.«
Ottwald von Trettin malte Luise ein Bild von Lore und Fridolin, das diese schaudern ließ. Sie war nicht dumm, aber leichtgläubig und wäre gerne etwas Besseres gewesen. Daher erboste sie es, dass ihre Herrin aus niederen Kreisen aufgestiegen sein sollte und sich nun als Dame von Welt gab, ohne,
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