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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wie ihr Gegenüber ihr versicherte, auch nur einen Tropfen adliges Blut zu haben.
    »Da ich mein Recht nicht mit Hilfe der Behörden durchsetzen kann und jeder Versuch einer gütlichen Einigung gescheitert ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als auf mein überschuldetes Gut zurückzukehren und mir wie mein armer Vater eine Kugel in den Kopf zu schießen!« Mit dieser düsteren Prophezeiung beendete Ottwald von Trettin seine Anklage gegen Fridolin und Lore und sah rechtschaffen verzweifelt dabei aus.
    Voller Mitleid mit dem Gutsherrn fasste Luise nach seiner Hand. »Tun Sie das nicht, Herr von Trettin! Es gibt sicher einen anderen Weg.«
    Ottwald von Trettin sah ihr direkt in die Augen. »Wenn es eine Möglichkeit gäbe, an das Geld zu kommen, das mein Onkel mir gestohlen hat, dann sähe die Sache anders aus. Ich hätte, als ich im Haus war, wenigstens den Schmuck der Ehefrau des Herrn Grafen mitnehmen sollen.«
    »Das wäre Diebstahl gewesen!«, wandte das Mädchen erschrocken ein.
    Ottwald von Trettin warf einen kurzen Blick in die Runde und stellte erleichtert fest, dass niemand in ihrer Nähe saß. Dennoch senkte er seine Stimme zu einem Flüstern. »Diebstahl? Nein! Ich hätte lediglich Gerechtigkeit geübt. Doch selbst der Schmuck ist nur ein Bettel gegen die Summe, um die der hochlöbliche Herr Graf mich gebracht hat.«
    Jeder Schurke in einem Schmierentheater würde vor Neid erblassen, könnte er mich jetzt erleben, dachte Ottwald zufrieden, als auf Luises Gesicht ein entschlossener Zug trat.
    »Ich werde Ihnen zu Ihrem Recht verhelfen, Herr von Trettin«, sagte sie leise, aber inbrünstig.
    Genau das hatte Ottwald hören wollen. Er schenkte Luise ein betörendes Lächeln, tätschelte ihr die Hand und nannte sie einen Engel. Ihre Wangen erglühten, und als er ihr erklärte, wie dankbar er ihr für ihre Hilfe sei, war sie endgültig bereit, sich ihm mit Leib und Seele zu verschreiben.
    »Der Schmuck der gnädigen Frau ist in ihrer Kommode, und sie hat den Schlüssel für die Kassette in ihrem Schrank zurückgelassen«, raunte sie Ottwald zu.
    Da er sich während seines Aufenthalts im Haus seines Onkels auch an Stellen umgesehen hatte, die ihn nichts angingen, wusste er dies bereits. Er benötigte daher nur jemanden, der diesen Diebstahl beging. Außerdem war es wichtig, dass er nicht damit in Verbindung gebracht werden konnte. Daher lehnte er Luises Vorschlag ab, er solle des Nachts an der Hintertür warten, dann würde sie ihm den Schmuck bringen.
    »Oh nein, so geht es nicht! Wenn dich jemand sehen würde, hieße es gleich, du wärst die Diebin.«
    Das sah Luise ein. Mittlerweile hatte sich zudem ein anderer Gedanke eingeschlichen. Sie streckte Ottwald die offene Hand hin. »Wenn ich etwas für Sie tue, muss es sich auch für mich lohnen!«
    »Das wird es, mein Schätzchen, das wird es«, versprach der Gutsherr lächelnd, wobei er dem gierigen kleinen Biest in Gedanken den Hals umdrehte.
    Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, Luise ein Zehnmarkstück zuzuschieben und traurig zu erklären, dass er, solange er seinen Onkel nicht um das Geld erleichtert hatte, das dieser ihm schuldete, ihr nicht mehr würde geben können.
    »Wie wäre es mit einem kleinen Schmuckstück aus der Kassette der Gnädigen, oder vielleicht auch zwei?«, schlug Luise vor.
    Ottwald von Trettin hob beschwörend die Hände. »Wenn man so etwas bei dir findet, würdest du umgehend verhaftet und als Diebin verurteilt! Nein, du musst warten, bis ich genug Geld in der Hand halte. Dann erhältst du den dir zustehenden Lohn.«
    Luises Gedanken waren schon wieder weitergewandert. »Graf Trettin reist nächste Woche ab, um sich zur Sommerfrische aufs Land zu begeben. Etliche Bedienstete haben für die Zeit, die er und seine Frau fernbleiben, um Urlaub gebeten. Dann könnten wir die Sache über die Bühne bringen.«
    »Du wirst ebenfalls um Urlaub bitten. Sonst gerätst du womöglich in Verdacht.«
    »Aber …«, wandte Luise ein, doch Ottwald hob die Hand.
    »Lass mich nur machen. Du musst mir einen Plan des Hauses zeichnen und aufschreiben, wo die Zimmer des Personals liegen. Außerdem brauche ich eine Zeichnung des Schlafzimmers der Gräfin mit dem genauen Standort der Kommode und des Schranks. Noch etwas: Gibt es im Erdgeschoss ein Fenster, das nicht vergittert ist?«
    »Nein, da sind alle Fenster vergittert«, antwortete Luise und sah Ottwald verunsichert an. »Das mit der Zeichnung … Ich weiß nicht, ob ich das kann!«
    Mit einigen

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