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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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mehr gewöhnt, denn dort trinken die Mannsleute nur französischen Cognac. Aber das ist doch Weibergesöff«, erklärte der Wirt.
    Wenn es so ist, will ich nicht wissen, was die Frauen hier trinken, dachte Maruhn kopfschüttelnd und trank seinen dritten Schluck Bier. Danach war sein Magen wieder halbwegs versöhnt und sein Krug leer.
    Ehe er sichs versah, füllte der Wirt die Gefäße erneut und stellte sie samt drei weiteren Schnapsgläsern auf den Tisch.
    Maruhn fragte sich, wo er hier hingeraten war, hielt aber mit, um die beiden Eingeborenen nicht zu enttäuschen. Diesmal vertrug er den Schnaps besser, brauchte aber trotzdem die Hälfte seines Bieres, um die Kehle und den Magen zu kühlen. Außerdem spürte er jetzt seinen Hunger doppelt.
    »Wäre es möglich, um die Zeit noch etwas zu essen zu bekommen?«, fragte er den Wirt.
    »Der Herd ist kalt, aber vielleicht ist Ihnen mit Wurst und Brot gedient«, antwortete dieser.
    »Gerne!«
    Sogleich verschwand der Wirt in der Küche und kehrte kurz darauf mit einem Servierbrett zurück, auf dem ein großes Stück Wurst, mehrere dicke Scheiben Schinken sowie ein Viertellaib Brot und ein Näpfchen mit Butter lagen.
    »Lassen Sie es sich schmecken!« Damit stellte er das Brett vor Maruhn auf den Tisch, nahm die leeren Krüge und Gläser und kehrte hinter seine Schanktheke zurück, um dort weiter Zinnkrüge zu polieren.
    Auch der Bauer fand, dass er sich lange genug aufgehalten hatte, und verabschiedete sich, nicht ohne Maruhn für die vier Bier und die Schnäpse zu danken, die er in der kurzen Zeit getrunken hatte.
    Der Detektiv widmete sich seinem Essen, welches ihm hervorragend mundete. Er beschloss, seiner Frida ein schönes Stück Schinken mitzubringen. Darüber würde sie sich gewiss freuen, denn in Berlin bekam man Schinken entweder nur sehr teuer oder in weitaus schlechterer Qualität.
    Darüber vergaß Maruhn jedoch nicht den Grund für sein Kommen und sprach den Wirt an. »Kennen Sie Baron Anno von Klingenfeld?«
    »Und ob ich den Herrn Baron kenne! Der war früher oft in meinem Krug und hat so manche Lokalrunde bezahlt. Ein feiner Herr ist das, wenn Sie mich fragen.«
    Der Wirt meint es wirklich ernst, dachte Maruhn verwundert und wollte mehr erfahren. »Ich dachte, er wäre hier nicht so beliebt, weil er das Gut in den Ruin getrieben und etliche Leute dabei um ihr Geld gebracht hat. Auch soll er den Mädchen nachgestellt haben.«
    »Na ja, bei den Weibern hat der Baron nichts anbrennen lassen. Aber das ist nicht meine Angelegenheit. Solange sich jemand in meinem Krug gut aufführt, ist er willkommen. Meine Tochter ist erst acht, und das ist auch für den Herrn Baron noch zu jung.« Der Wirt lachte kurz auf und kam dann auf Maruhns zweiten Punkt zu sprechen.
    »Das mit dem Gut ist natürlich bedauerlich. Aber dafür kann man Baron Anno nicht verantwortlich machen. Daran war sein Vater mit seiner verrückten Idee schuld, eine Fabrik zu bauen. Wo hat man so was schon gehört? Der hätte bei seinen Rindern und seinem Kohl bleiben sollen. Es heißt nicht umsonst, Schuster, bleib bei deinem Leisten. Hat sich eine Kugel in den Kopf geschossen, der alte Baron, und dem armen Jungen den ganzen Kladderadatsch hinterlassen. Da konnte Anno von Klingenfeld nichts mehr retten, sondern musste sehen, dass er halbwegs ungeschoren aus diesem Schlamassel herauskam. Ein bisschen Geld hat er noch aus dem Ganzen herausgezogen, und jetzt will er nach England zu Verwandten reisen. Er hofft, dort eine reiche Erbin zu heiraten.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Maruhn verblüfft.
    »Hat er mir selbst erzählt, als er letzten Dienstag hier war. Sikko, hat er zu mir gesagt, unser Land ist auch nicht mehr das, was es mal war, seit die Preußen es besetzt und unseren guten König Georg vertrieben haben. Ich will mit diesem Gesindel nichts mehr zu tun haben, sondern reise nach England, um dort zu heiraten. Mein Onkel, Lord Wethingdale, will eine Ehe mit einer reichen Frau für mich stiften. Außerdem habe ich dort Ruhe vor meinen Gläubigern, die mir schier noch das letzte Hemd ausziehen wollen. Jawohl, das hat Baron Anno zu mir gesagt.«
    Maruhn schwirrte der Kopf. Seit mehr als drei Wochen war er mit diesem Fall befasst und hatte kaum etwas herausgefunden. Dabei hätte er nur hierherkommen müssen. »Sie sagen, Baron Anno war letzten Dienstag hier?«, bohrte er nach.
    Sikko nickte. »Er war von Sonntag bis Mittwoch hier. Hab mich schon gewundert, dass er nicht auf dem Gut übernachten

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