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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wollte, aber er sagte, es wäre zu schmerzlich für ihn. Außerdem gehört es ihm nicht mehr. Irgendein Bankier in Berlin soll es sich unter den Nagel gerissen haben. Der wird sich freuen! Unser Anno hat nämlich alles verhökert, was sich zu Geld machen ließ. Das war auch einer der Gründe, weshalb er noch mal hier war. Er wollte das Geld holen, das dabei herausgekommen ist und das ich für ihn aufbewahrt habe. Ich bin ein vertrauenswürdiger Mann, müssen Sie wissen!«
    Was würde der Wirt sagen, wenn man ihn als Hehler beschuldigte, oder gar als Mittäter, weil er Baron Anno geholfen hatte, dessen Gläubiger zu betrügen?, fragte sich Maruhn.
    Er hatte jedoch weder Lust, sich mit dem Mann anzulegen, noch hatte er den Auftrag erhalten, dafür zu sorgen, dass jeder Stuhl und jedes Bild im Gutshaus an seinem Platz blieb. Grünfelders Anweisung war, dem vertauschten Schmuck nachzuspüren, und daher erschien es ihm klüger, den Wirt bei Laune zu halten.
    Maruhn lobte daher den Schinken und die Wurst, die der Wirt, wie dieser bekannte, selbst gemacht hatte, und wurde dafür mit einem Bier und einem Korn auf Kosten des Hauses belohnt. Zum Glück besaß er jetzt die entsprechende Unterlage und konnte mit dem Wirt mithalten. Dabei fragte er diesen vorsichtig nach Anno von Klingenfeld und dessen weiteren Plänen aus.
    Sikko erwies sich als äußerst redselig und berichtete von Klingenfelds Onkel, der ein Herrenhaus mit großen Ländereien unweit von Edinburgh besäße. Die englischen Namen kamen dabei so flüssig aus dem Mund des Wirts, dass Maruhn zunehmend misstrauisch wurde. Kein Mann, der in Berlin mehreren Bankiers mit äußerster Kaltblütigkeit falschen Schmuck als Sicherheit für ein hohes Darlehen untergeschoben hatte, würde seine Pläne so deutlich hinausposaunen, wie Anno von Klingenfeld es hier getan hatte.
    Dieser Gedanke verfolgte Maruhn noch, als er den Wirt um ein Nachtquartier bat.
    »Wollen Sie billig schlafen, oder soll ich Ihnen das Bett im meinem guten Gästezimmer überziehen lassen? In dem hat zuletzt Anno von Klingenfeld drei Nächte geschlafen!« Sikko war anzusehen, dass er an diesem Zimmer gerne erneut verdienen würde.
    Maruhn hörte nur den Namen Klingenfeld und nickte. »Ich nehme das gute Zimmer.«

XV.
    A ls der Detektiv endlich allein in dem besten Raum des Gasthauses saß, versuchte er das, was er erfahren hatte, zu ordnen und machte sich Notizen. Dabei überlegte er, was er anstelle des betrügerischen Barons tun würde. Auf eine Seite seines Notizblatts zeichnete er eine grobe Karte der Gegenden, in denen Klingenfeld sich aufgehalten hatte oder die er noch aufsuchen wollte. Dabei glitt sein Blick immer wieder zu den Umrissen von England. Laut Aussage des Wirts wollte Klingenfeld in Southampton an Land gehen und dann quer durch die gesamte Britische Insel bis nach Norden reisen. Das war ungewöhnlich, denn es gab von Bremen und Hamburg aus Schiffsverbindungen bis hoch nach Hull und Glasgow. Von dort aus wäre es nur ein Katzensprung bis zu Lord Wethingdales Besitz.
    Plötzlich kniff Maruhn die Augen zusammen. Nichts von dem, was er bisher über Anno von Klingenfeld in Erfahrung gebracht hatte, deutete darauf hin, dass dieser Verwandte in Großbritannien hatte. Er zog einen Strich quer durch die Britische Insel und trennte damit das nördliche Drittel ab. Der Landstrich dort hieß Schottland, und die Bewohner nannten sich Schotten. Keiner von ihnen würde sich als Engländer bezeichnen, so wie sich kein Bayer einen Preußen nennen würde, obwohl sie mit diesen in einem Reich und unter einem Herrscher lebten.
    »Southampton kann stimmen«, sagte sich Maruhn und machte unwillkürlich einen Strich, der von dort aus weiter nach Westen führte und am Rand des Blattes endete. Selbst Schottland war nicht so weit entfernt, dass der Betrug, den Klingenfeld begangen hatte, diesen dort nicht einholen konnte. Es wäre für den Baron daher sinnlos, sich in jener Gegend anzusiedeln. Um seine Vergangenheit hinter sich lassen zu können, musste er schon in den Weiten eines anderen Kontinents untertauchen, und dafür eignete sich Amerika am besten.
    Eigentlich hatte Maruhn mehrere Tage hier in dieser Gegend bleiben wollen, doch jetzt beschloss er, gleich am nächsten Tag nach Bremen und Bremerhaven weiterzureisen, um dort weitere Nachforschungen anzustellen.
    Zufrieden damit, endlich über handfestere Informationen zu verfügen, wollte er seine Kleidung in den Schrank hängen. Da entdeckte er einen Fetzen

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