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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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mit einem Ausdruck des Abscheus. »Hier hast du das Geld! Dabei sind die beiden Gössel gar nicht so viel wert. Ich werde froh sein müssen, wenn sie die nächsten Tage überstehen.«
    »Aber wenn sie groß sind und du sie geschlachtet hast, ergeben sie einen Festbraten«, antwortete der Bauer und strich das Geld ein. Dann steckte er die beiden Tiere in einen alten Sack und reichte ihn der Käuferin. Er sog noch ein paarmal an seiner Pfeife, sah dann Maruhn an und wies einladend auf das Brett, das er als Kutschbock vorne am Karren festgenagelt hatte. Die Kon-struktion wirkte nicht sehr vertrauenserweckend, und der Detektiv überlegte, ob er nicht eine andere Möglichkeit finden könnte, nach Klingenfeld zu kommen. Doch da wuchtete der Junge schon seinen Koffer auf den Karren und sah ihn erwartungsvoll an. »Na, habe ich Ihnen nicht gut geholfen?«
    Was er damit sagen wollte, war Maruhn klar: »Habe ich kein gutes Trinkgeld verdient?«
    Da er nicht kleinlich sein wollte, wechselte diesmal eine halbe Mark den Besitzer, dann stieg er mit Unterstützung des Bauern auf den Karren und setzte sich auf das Brett. Es war stabiler als erwartet, denn es hielt nicht nur den Fahrgast, sondern auch den Besitzer des Karrens aus, und da das Pferd ein gemächliches Tempo einschlug, war auch nicht zu befürchten, dass es beim nächsten Schlagloch unter ihnen zusammenbrechen würde.
    Maruhns Versuch, bereits auf der Fahrt Informationen zu erlangen, scheiterte sowohl an der Schweigsamkeit des Bauern als auch an dessen kaum verständlichen Dialekt. Er bekam lediglich heraus, dass ein Acker des Bauern an das Gut grenzte und dieser hoffte, ein paar Morgen Land von jenen Banken kaufen zu können, denen Klingenfeld nach dem Verschwinden des Barons gehörte.
    Im Dorf angekommen, hielt der Bauer vor dem Dorfkrug an, lehnte die Münze, die der Detektiv ihm als Dank fürs Mitnehmen geben wollte, ab und sagte etwas, das Maruhn als »Wenn du mir ein Bier und einen Korn ausgeben willst, sag ich nicht nein« übersetzte.
    »Gerne«, antwortete er und wies auf die Tür des Gasthauses.
    Der Bauer stieg ab, schlang die Zügel um einen eisernen Haken, der an der Außenwand des Gebäudes eingelassen war, und nahm Maruhns Koffer vom Wagen. »Machen Sie nur langsam. Sie sind ja kein junges Reh mehr, das noch richtig springen kann«, sagte er halbwegs verständlich und trug den Koffer mit einer Leichtigkeit ins Innere des Hauses, die den Detektiv mit Neid erfüllte.
    Maruhn folgte dem Mann in die düstere, von einer einzigen Petroleumlampe erhellte Gaststube und brauchte einige Sekunden, um sich an das Dämmerlicht zu gewöhnen. Im Raum standen ein halbes Dutzend Tische, jeder für sechs Mann gedacht, an der hinteren Wand waren Hirschgeweihe und ausgestopfte Fasanen angebracht, und an den beiden anderen Wänden hingen die Fotografien eines älteren Paares in Tracht und eines jüngeren in moderner Kleidung.
    Linker Hand befand sich die Schanktheke. Ein kräftiger Mann mit roter Weste und einer flachen Kappe auf dem Kopf putzte dort Zinnbecher. Zwischen den Zähnen stak eine lange Tonpfeife, an der er gelegentlich zog.
    Der Bauer grüßte und nahm an einem Fenstertisch Platz. Maruhn setzte sich zu ihm und sah den Wirt auffordernd an. Doch dieser polierte in aller Gemütsruhe zwei weitere Zinnkrüge, legte dann sein Tuch weg und füllte drei Krüge mit Bier. Desgleichen goss er einen scharf riechenden Schnaps in drei Gläser und brachte alles zu den beiden Männern an den Tisch.
    Obwohl Maruhn und der Bauer die einzigen Gäste im Dorfkrug waren, schien das Geschäft gut zu gehen, denn der Wirt trug eine goldene Uhrkette an seiner Weste sowie eine weitere, an der große Silbertaler hingen.
    »Na denn Prost!«, sagte er und hob eines der Schnapsgläser hoch. Der Bauer stieß sofort mit ihm an, und Maruhn folgte nach einem auffordernden Blick der beiden.
    »Zum Wohl!«
    Der Schnaps schmeckte so scharf, wie er roch, und versengte auf seinem Weg in den Magen die Speiseröhre. Der Bauer und der Wirt tranken sofort Bier nach, und diesmal mussten sie den Detektiv nicht dazu auffordern, ihrem Beispiel zu folgen.
    »So ein richtiger Korn ist schon was Feines«, meinte der Wirt, der sich bemühte, so zu sprechen, dass sein städtischer Gast ihn verstehen konnte.
    Maruhn kämpfte immer noch mit seinem brennenden Magen und goss erneut Bier nach, bevor er in der Lage war, ein Wort herauszubringen. »Ganz schön stark, das Zeug!«
    »In der Stadt ist man so etwas Gutes nicht

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