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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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können.«
    »Die Zeit drängt mehr, als Sie sich vorstellen können«, erklärte Dohnke. »Es geht um die letzte Sicherheit, über die wir verfügen, und das ist die Hypothek auf Gut Klingenfeld und die halbfertige Konservenfabrik. Wenn wir den Besitz bis Montagmittag nicht selbst übernehmen, kommt beides unter den Hammer. Dann addiert sich zu dem Verlust durch den falschen Schmuck auch noch ein Großteil der alten, an und für sich sicheren Kredite.«
    »Ich habe Baron Klingenfeld vertraut und damit gerechnet, er werde seine Verbindlichkeiten trotz gewisser Probleme erfüllen. Deshalb habe ich ihm immer wieder neue Fristen eingeräumt. Andere Kreditgeber, deren Sicherheiten aus weiteren Liegenschaften des Barons bestehen, haben bereits die Zwangsvollstreckung beantragt. Wenn wir nicht rasch handeln, kommt auch der Gutshof mit allen zugehörigen Ländereien unter den Hammer, und was das bedeutet, können Sie sich vorstellen.«
    Grünfelder klang verzweifelt, und das konnte Fridolin ihm nachfühlen. Bei einer Zwangsversteigerung wurde selten der volle Preis erzielt. Wahrscheinlicher war, dass jemand das Gut für einen Bruchteil seines Wertes erstand. Da er den Schaden der Bank so gering wie möglich halten wollte, fragte er nach Einzelheiten, mit denen Dohnke so rasch bei der Hand war, als hätte er sie auswendig gelernt. Grünfelders Schwiegersohn zog sogar ein paar Blätter aus einer Innentasche seiner Weste, auf denen er die Größe, den wahrscheinlichen Ertragswert des Gutes sowie dessen Lage notiert hatte.
    »Es ist bedauerlich, dass Klingenfeld nicht in der Nähe von Berlin liegt. Hier hätten wir leicht einen Industriebaron gefunden, der Interesse an einem standesgemäßen Landsitz hat. Klingenfeld befindet sich jedoch keine acht deutschen Meilen von Bremen entfernt, übrigens nicht sehr weit von dem Gutshof Ihres Mündels Nathalia«, sagte August von Grünfelder, um die Ausführungen seines Schwiegersohns zu ergänzen.
    Die beiden benehmen sich, als wollten sie einem zögerlichen Kunden einen Kauf schmackhaft machen, fuhr es Fridolin durch den Kopf.
    Ehe er etwas einwerfen konnte, setzte Dohnke seine Ausführungen fort. »Weder mein Schwiegervater noch ich können das Gut übernehmen, also müssen wir einen Käufer dafür finden. Nun sind die Preise für landwirtschaftliche Güter in den letzten Jahren stark gefallen, und wir würden einen herben Verlust erleiden. Daher haben wir gedacht, Sie könnten …«
    Jetzt ist die Katze aus dem Sack, sagte Fridolin sich. Da Grünfelder die Verträge mit diesem Kunden in alleiniger Verantwortung unterzeichnet hatte, wäre es an ihm gewesen, den größten Teil des Verlustes aus seiner Einlage in der Bank zu begleichen. Damit aber wäre der Anteil des Seniors unter jenen gefallen, den er selbst besaß, und er an die erste Stelle der Direktoren gerückt. Für einen Augenblick reizte Fridolin es sogar, es darauf ankommen zu lassen. Dann aber dachte er daran, dass ihm eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Grünfelder und Dohnke lieber war. Doch war das Grund genug, sich ein so riesiges Anwesen zu kaufen?
    »Wissen Sie«, sagte er gedehnt, »ich bin auch nicht mit einem grünen Daumen geboren worden, sondern als Sohn eines Soldaten.«
    »Aber Sie stammen aus einer Familie von Landedelleuten und können daher abschätzen, ob man Ihnen ein X für ein U vormachen will. Außerdem tragen mein Schwiegervater und ich bereits größere Verluste wegen des falschen Schmucks. Wenn wir jetzt auch noch das Gut behalten müssten, könnten wir die Summe, die nötig ist, um die Bank zu stützen, nicht mehr aufbringen«, erklärte Dohnke, dessen Stimme vor Nervosität schwankte.
    »Es ist ja nicht so, dass Sie die Liegenschaft sogleich komplett bezahlen müssten«, sprang Grünfelder seinem Schwiegersohn bei. »Wir haben an einen Zahlungsrahmen von zehn Jahren gedacht, natürlich zinslos, außerdem zeichnen wir Ihnen eine fünfprozentige Erhöhung Ihrer Anteile ab.«
    Fridolin blickte noch einmal auf das Blatt mit den Informationen über das Gut und blies langsam die Luft aus den Lungen. Obwohl er in Berlin aufgewachsen war, hatte er seinen Onkel auf dessen Gut in Ostpreußen oft genug besucht, um am Landleben Gefallen zu finden. Auch hatte er bereits Überlegungen angestellt, sich in der Umgebung Berlins einen kleinen Landsitz zuzulegen, auf dem Lore und die Kinder ihre Ferien verbringen konnten. Doch es war etwas anderes, ein Anwesen mit vielleicht zwanzig oder dreißig Morgen

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