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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Vorwort des Herausgebers
    »Sturmhöhe« gehört zu den großen epischen Familienerzählungen, und ist in eine Reihe mit »Vom Winde verweht« oder »Doktor Schiwago« zu stellen. Die Geschichte ist so bewegend, weil sie – wie jeder dieser großen Romane – archaische menschliche Gefühle zur Triebfeder macht, Liebe, Hass, Schmerz, Sehnsucht, Ehrgeiz, Stolz.
    In »Dr. Schiwago« ist es die Liebe, in »Vom Winde verweht« , sind es Sehnsucht und Stolz, doch in »Sturmhöhe« ist es das zerstörerischste aller Gefühle, der Hass.
    Heathcliff heisst der (Anti-) Held, in dem sich dies kristallisiert, und der miterleben lässt, wie der Hass wächst. Als Kind zunächst adoptiert und freundlich aufgenommen, später gedemütigt, geschlagen, entehrt und verstoßen, entwickelt er einen unbändigen Hass gegen »seine« Familie, die Earnshaws. Die einzige, zu der er eine Herzensbindung hat, ist seine Stiefschwester Catherine. Doch am Ende wird auch sie durch seinen Hass zerstört. Heathcliff bleibt alleine zurück, manipuliert und quält die Nachkommen seiner Peiniger – alles, was ihm bis zum Lebensende bleibt, ist sein Traum von Catherine.
    Shakespeare´sche Züge, sagten Kritiker, habe der Roman, andere fühlen sich an die griechische Tragödie erinnert. In jedem Fall ist es ein ganz großer Wurf, der der jungen Emily Brontë (1818–1848), der literarisch bedeutsamsten der drei hochbegabten Brontë-Schwestern, hier gelang.
    Und doch stiess der Roman bei zeitgenössischen Kritikern auf Skepsis. Irritierend sei er, verstörend, und setze den Leser ungewohnten Wechselbädern aus. Das liegt daran, dass Brontë nicht die damals übliche Erzählperspektive des auktorialen (»allwissenden«) Erzählers wählte, sondern eine wesentlich moderne Form. Verschiedene Erzähler lässt sie berichten, lässt früher Erlebtes vom Hörensagen wieder berichten – so dass das Geschehen zum Teil mehrfach gebrochen beim Leser ankommt. Die Erzählstimmen stehen dem Anti-Helden Heathcliff mehr oder weniger nahe, mögen ihn mehr oder weniger, wissen mehr oder weniger über ihn.
    Eine für die damalige Zeit sicher verstörende Technik, die dann erst hundert Jahre später von anderen Autoren kultiviert wurde. Sie entlässt den Leser nicht auf einen einfachen Zuschauerplatz wie im Kino, sondern verstrickt ihn emotional, nimmt ihn mit, zwingt ihn, sich ein eigenes Bild, eine eigene Meinung von den teils dramatischen, schrecklichen und grausamen Vorgängen zu machen. So wird der Leser am Ende zu Heathcliffs Richter. Und das Urteil kann so oder so ausfallen.
    Redaktion eClassica
     
     

Erstes Kapitel
    1801. Ich bin gerade von einem Besuch bei meinem Gutsherrn zurückgekehrt — diesem einsamen Nachbarn, der mir zu schaffen machen wird.
    Was für eine schöne Gegend! Ich glaube nicht, dass ich in ganz England meinen Wohnsitz an einer anderen Stelle hätte aufschlagen können, die so vollkommen abseits vom Getriebe der Welt liegt. Ein echtes Paradies für Menschenfeinde; und Mr. Heathcliff und ich sind das richtige Paar, um diese Einsamkeit miteinander zu teilen. Ein famoser Bursche! Er ahnte wohl kaum, wie mein Herz ihm entgegenschlug, als ich sah, wie seine schwarzen Augen sich bei meinem Näherreiten so abweisend unter den Brauen verbargen und wie seine Hände sich in entschiedenem Misstrauen tiefer in sein Wams vergruben, während ich meinen Namen nannte.
    »Mr. Heathcliff?« fragte ich.
    Ein Nicken war die Antwort.
    »Mr. Lockwood, Ihr neuer Pächter. Ich erlaube mir, nach meiner Ankunft sobald wie möglich vorzusprechen, und hoffe, dass Ihnen die Beharrlichkeit, mit der ich mich um Thrushcross Grange beworben habe, nicht lästig geworden ist. Ich hörte gestern, Sie hätten die Absicht gehabt…«
    »Thrushcross Grange gehört mir«, unterbrach er mich auffahrend. »Ich erlaube niemand, mich zu belästigen, wenn ich es verhindern kann. — Kommen Sie herein!«
    Das ›Kommen Sie herein‹ wurde zwischen den Zähnen hervorgestoßen und hiess soviel wie: Geh zum Teufel. Selbst die Gattertür, über die er sich lehnte, machte keine freundliche Bewegung zu seinen Worten. Ich glaube, nur ein Umstand bewog mich, die Einladung anzunehmen: mich fesselte ein Mann, der in noch stärkerem Maße als ich zurückhaltend ist. Als er sah, dass mein Pferd die Brust gegen das Gatter drängte, streckte er die Hand aus, um die Kette zu lösen, und ging dann mürrisch den Dammweg voraus. Beim Betreten des Hofraumes rief er: »Joseph, nimm Mr. Lockwood das Pferd

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