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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Land zu erwerben als ein Gut der Größe Klingenfelds. Allerdings wusste er, dass er sich dem Drängen seiner Geschäftspartner nur schwerlich entziehen konnte. Wenn er den gesamten Grundbesitz übernahm, würden sich Grünfelders und Dohnkes Verluste um mehr als die Hälfte verringern und der Wert seiner Einlage wiederum um fünf Prozent wachsen.
    »Wir sollten es ins Auge fassen, meine Herren. Sie werden erlauben, dass ich mir Klingenfeld ansehe, bevor ich eine Entscheidung treffe«, sagte er daher.
    »Aber wir müssen bis Montag Bescheid geben, ob das Gut versteigert werden soll.« Dohnke wollte noch mehr sagen, doch sein Schwiegervater hielt ihn zurück.
    »Herr von Trettin hat recht. Er wäre ein schlechter Geschäftsmann, würde er sich jetzt und auf der Stelle entscheiden. Wir werden dem Gericht auf jeden Fall erklären, dass wir das Gut selbst übernehmen. Sollte Herr von Trettin es dann nicht wollen, trage ich persönlich die Folgen, ebenso die Verluste.«
    Fridolin sah den aufgewühlten alten Mann an und empfand Mitleid mit ihm. Fürs Geschäft waren solche Gefühle jedoch nur hinderlich, und daher erklärte er nur, dass er mit diesem Vorgehen einverstanden sei.

VII.
    L ore verabschiedete den letzten Gast und sah sich in dem leeren Saal um, der immer noch von Kerzen in ein goldenes Licht getaucht wurde. Das Parkett glänzte ebenfalls golden, und die fein gemusterte Tapete warf den Schein der Flammen sanft zurück. An Möbeln gab es nur einige bequeme Sessel für die Großmütter, die ihren Enkelinnen beim Tanzen zusehen wollten. Für Gäste, die nicht tanzten, standen drei weitere Räume zur Verfügung. In dem kleinsten konnten die Herren Zigarre rauchen und Cognac trinken, der nächste stand den Damen zur Verfügung, die sich bei leichtem Wein unterhalten wollten, und im dritten waren all jene Leckerbissen gereicht worden, die Lore von den führenden Feinkostgeschäften Berlins hatte besorgen lassen.
    »Bist du nicht zufrieden mit dem heutigen Abend?«, fragte Nathalia angesichts der nachdenklichen Miene ihrer Freundin und Mentorin.
    Mit einer beruhigenden Geste wandte Lore sich zu ihr um. »Oh doch! Es war ein schönes Fest.«
    Dabei betrachtete sie das Mädchen mit forschendem Blick. Während sie selbst für eine Frau hochgewachsen war, reichte Nathalia ihr gerade bis zum Kinn und wirkte in ihrem weißen Abendkleid wie eine Elfe. Lore wusste jedoch nur zu gut, dass in der teuren Seide mehr ein Kobold als ein Elflein steckte.
    »Und du? Hast du dich amüsiert?«, fragte sie.
    »Es geht. Die meisten Leute sind stocklangweilig, ungeheuer von sich eingenommen und strohdumm.«
    Nathalias Urteil mochte hart sein, doch Lore war klar, dass mindestens einer dieser Punkte auf jeden ihrer Gäste zutraf. Bei einigen sogar alle drei. Sie kicherte und wies auf einen der beiden Kronleuchter, die den Saal erhellten. »Wir werden bald eine elektrische Beleuchtung brauchen, sonst halten unsere Gäste uns noch für altmodisch, und das will in Berlin heutzutage niemand mehr sein.«
    »Ich mag Kerzen viel lieber als diese komischen Glühlampen«, antwortete Nathalia naserümpfend.
    »Es geht nicht darum, was uns gefällt, sondern was in Mode ist.«
    »Pah! Ich halte mich hier an Seine Majestät, König Wilhelm. Der hat für solch modernen Schnickschnack auch nichts übrig. Lässt er sich die Wanne eigentlich immer noch aus dem Hotel de Rome kommen, wenn er baden will?« Nathalia lachte, denn an ein eigenes Badezimmer gewöhnt, kam ihr eine solche Haltung archaisch vor.
    Lore gluckste leise bei der Vorstellung, die kaiserliche Badewanne würde unter militärischem Geleit vom Hotel zum Palast und wieder zurückgebracht werden, wischte diesen Gedanken jedoch beiseite, da es Wichtigeres zu besprechen gab. Obwohl sie wusste, dass ihre junge Freundin auf Belehrungen äußerst widerspenstig reagieren konnte, war ihr die Angelegenheit zu wichtig, um darauf Rücksicht nehmen zu können.
    »Ich hoffe, du denkst nicht ernsthaft daran, Leutnant von Bukow zu ermutigen. Er wäre dir kein guter Mann.«
    Nathalia antwortete mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Ich würde ihn mir schon erziehen! Zudem gedenke ich noch lange nicht, in den Hafen der Ehe einzulaufen.«
    »Nati, du vergreifst dich im Ton«, mahnte Lore ihre junge Freundin.
    »Das muss an der Erziehung liegen, die Tante Dorothea und du mir habt angedeihen lassen. In Bremen war ich meistens von Seebären umgeben und hier von Militärs, die nicht weniger aufschneiden.« Nathalia

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