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Jungs sind keine Hamster

Jungs sind keine Hamster

Titel: Jungs sind keine Hamster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmeißer
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die Stadt. Einkaufen. Willst du mitkommen?“
    „Nä.“
    „Ich will aber mitkommen!“, schrie mein kleiner Bruder Jakob, der mit seinen Spielzeugautos unter dem Küchentisch Massenkarambolage spielte.
    „And you will come with us“, beruhigte ihn Mutter, bevor sie weiter versuchte, mich ins Boot zu locken. „Wir gehen auch in die Buchhandlung. Das ist doch was für uns beide, nicht wahr? Wir zwei lesen doch so gerne“, behauptete sie strahlend, obwohl das eine glatte Lüge war. Ich las gerne. Das stimmte. Aber meine Mutter? Die las eigentlich nie. Sie schleppte zwar brav und seit Urzeiten jeden Samstag Bücher ins Haus, die verstaubten dann aber alle ungelesen im Regal. Trotzdem war es ihr ungeheuer wichtig, Bücher zu haben und welche mit großem Gehampel und Schlaumeierei in der Buchhandlung auszusuchen. Man musste einfach die Bude mit Büchern vollstehen haben. Damit man so tun konnte, als ob man was auf dem Kasten hätte. Und um Leute einzuschüchtern, die aus einer bucharmen Welt kamen. Wie Lores Familie. Die besaßen echt nur wenige Bücher. Lore hatte ein Regalbrett voll und ansonsten gab es nur ein paar alte zerknitterte Kinderbücher, die von Kind zu Kind weitergereicht, geliebt und vollgesabbert wurden. Aber die wurden wenigstens gelesen.
    „Ich habe keine Lust, in die Stadt zu gehen. Ich bleibe lieber zu Hause und versuche, mich an das Winzzimmer zu gewöhnen.“
    Ich guckte so traurig aus meiner Wäsche wie nur möglich. Mutter sah mich mitleidig an und auch Hannes unterbrach seine Kaffeemaschinenarbeit und guckte zu mir rüber. Zumindest kurz. Ihm war es wirklich unangenehm, dass ich wegen seiner Tochter mein Zimmer aufgeben musste. Er vermied Augenkontakt, stand unbeholfen da und wusste nicht, was er mir sagen sollte. Schwer seufzend drehte ich mich um und schlurfte mit gesenktem Kopf ins Bad. Ich wusch mich, putzte mir die Zähne, und dann fiel mir ein, wie ich es Jette heimzahlen konnte. Ich schnappte mir ihre Zahnpasta und drückte fast die Hälfte raus. Dann leerte ich ihr Döschen mit der Gesichtscreme und ersetzte die Creme mit der Zahnpasta. Ich kicherte wie eine Irre und machte weiter. Ihre Haarpflegespülung kippte ich ins Klo und füllte stattdessen Bodylotion in die Plastikflasche. „Mit mir legst du dich kein zweites Mal an“, murmelte ich und verließ zufrieden das Bad.
    Erst als ich meine Zimmertür hinter mir schloss, rief ich Lore an.
    „Ja bitte?“ Lore klang müde. Anscheinend hatte ich sie geweckt.
    „Oh. Schläfst du noch?“, fragte ich vorsichtig.
    „Wohl kaum. Ich telefoniere ja mit dir.“
    „Auch wieder wahr. Hör mal, ich brauche deine Hilfe.“
    „Schieß los“, sagte sie und gähnte.
    „Ich muss wissen, wer der Gorilla war!“
    „Tja … hm“, machte sie und dann kam nichts mehr. Lore dachte nach. Hoffte ich zumindest. Nicht dass sie wieder eingepennt war. Lore war Weltmeisterin im Schlafen. Die konnte wirklich überall ratzen. In der Schule, im Kino und einmal sogar, während ich sie auf dem Gepäckträger meines Fahrrads nach Hause fuhr.
    „Hallo? Bist du noch da?“, fragte ich.
    „Ja. Mir fällt nur nichts ein. Hast du denn nicht wenigstens eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?“
    „Nee. Das ist es ja. Ich hab keinen Schimmer.“
    „Hm. Lass mich mal nachdenken.“
    Wir dachten beide nach. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Was sollte mir auch einfallen? Ich hatte keine Ahnung, und wenn man absolut keine Ahnung hat, dann nutzt Nachdenken gar nix.
    „Ich könnte Thomas fragen, ob er weiß, wer der Typ war“, schlug Lore vor.
    „Ja, das ist eine gute Idee.“
    „Okay“, rief Lore, „ich steh jetzt mal auf, ruf Thomas an und frag ihn.“
    „Und dann rufst du sofort mich an!“
    „Und dann rufe ich sofort dich an!“, versprach sie. „Tschö.“
    „Tschö. Aber ruf mich sofort an.“
    „Versprochen. Tschö.“ Lore drückte das Gespräch weg und ich setzte mich aufs Bett und starrte auf mein Handy. Irgendwie glaubte ich nicht daran, dass Thomas wusste, wer der Gorilla-Typ war. Der hatte schließlich während der Party die ganze Zeit geschuftet. Ich brauchte einen Plan B.
    Ein Zeichen. So wie bei einem Blind Date. Wenn sich Leute zu einem Blind Date verabreden, dann vereinbaren sie immer ein Zeichen, damit sie nicht aus Versehen eine falsche Person anhimmeln. Das könnte ja total peinlich werden oder sogar gefährlich, falls ein Typ zum Beispiel irrtümlich eine Frau anbaggert, die verheiratet ist. Mit einem Berufsboxer. So was

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