Jungs sind keine Hamster
geschmiert und Getränke besorgt und so.“
„Na das ist doch toll“, sagte ich matt. „Und …“
„Nix und. Wir müssen jetzt los!“, fuhr Lore dazwischen.
Ich drehte mich zum Gorilla um, wollte ihm was Nettes sagen, ihn nicht einfach so stehen lassen. Aber mir fiel nichts ein.
„Los, komm. Bevor sie reinkommt.“
„Bloß nicht!“, schrie ich.
Ich fluchte, während Lore mich von der Tanzfläche durch den Flur nach draußen zog. Hektisch winkte ich dem Gorilla zu, der zaghaft zurückwinkte und uns hinterhersah.
Kurz bevor ich in Mutters alten Golf stieg, sah ich Kevin, Barbies neuen Freund. Er war allein. Keine Jette weit und breit. Erst als ich mit Lore im Auto saß und Mutter, ohne auch nur ein Wort zu sagen, vom Parkplatz fuhr, fiel mir auf, dass Jette nicht nur nicht im Auto saß, sondern dass ich sie auf der Party ebenfalls nicht gesehen hatte. Merkwürdig. Ob es zwischen Jette und Kevin bereits kriselte?
Das wäre schon ein Rekord, wenn ihre Beziehung nicht mal einen Tag lang gehalten hätte. Ich dachte darüber nach, ob es ratsam war, Mutter nach Jette zu fragen, entschied mich aber dagegen, weil sie wirklich böse auf mich zu sein schien. Sie sagte zwar nichts, aber immer wieder funkelte sie mich finster durch den Rückspiegel an. Lore hielt auch die Klappe, um bloß kein Öl ins Feuer zu gießen.
So fuhren wir schweigend durch die Nacht. Als Erstes setzten wir Lore ab, die sich kurz verabschiedete und den ganzen Weg vom Parkplatz zum Hochhaus rannte. Mutter wartete noch, bis Lore im Flur verschwunden war. Dann startete sie den Wagen und fuhr los.
Während Mutter mich weiterhin anschwieg, dachte ich über den Abend nach. Über den Gorilla, über Jungs und dass ich ausgerechnet als Darth Vader verkleidet einen netten Jungen kennengelernt hatte.
Kleider machen Leute. Das sagt man ja so. Aber was bedeutete das in meinem Fall? War ich als Darth Vader attraktiver als in normaler Kleidung? Und was für Konsequenzen sollte ich daraus ziehen?
Als wir zu Hause ankamen, wollte ich gleich in den Garten laufen, um über den Baum in mein Zimmer zu klettern. Aber Mutter hielt mich an meinem Umhang fest. Umhänge sind echt unpraktisch.
„Das ist nicht nötig. Du kannst auch die Treppe nehmen“, sagte sie und ich hatte schlagartig ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich stürmte ins Haus und die Treppen hoch zu meinem Zimmer. Als ich oben ankam, erschauderte ich. An meiner Zimmertür prangte für alle gut sichtbar ein Schild: Jettes Reich!
Ich schrie auf und griff instinktiv zu dem dusseligen Lichtschwert, das zu meinem dusseligen Kostüm gehörte. Am liebsten hätte ich mit dem Laser aus der Tür Kleinholz gemacht und mein Zimmer zurückerobert. Ich ruckelte an der Klinke. Abgeschlossen. Ich bollerte, so fest ich konnte, gegen die Tür. Es war mir egal, ob Jette schon schlief oder ich das ganze Haus aufweckte.
Bom! Bom! Bom!
Nichts geschah. Noch mal. Bom! Bom! Bom!
Dann erklang Jettes Stimme. Süß und verlogen hauchte sie: „Ja, bitte?“
„Mach die Tür auf!“, schrie ich.
„Wer ist denn da?“, fragte sie, als ob sie das nicht ganz genau wüsste.
„Hör auf mit dem Quatsch und mach die verdammte Tür zu meinem Zimmer auf.“
„Ach, du bist es. Der Troll. Lieber Troll, deine Wohnhöhle ist unter dem Dach. Das Zimmer hier ist meins.“
Bom! Bom! Bom!
„Ich warne dich …“
Gerade als ich Jette drohen wollte, stand auf einmal meine Mutter hinter mir.
„Lass gut sein, Hannah. Deine Sachen sind alle schon oben.“
Ich fuhr herum und schrie sie an: „Verräterin!“
„Hannah, es tut mir ja auch leid. Aber wir alle müssen Kompromisse eingehen. Das ist nun mal so.“
„Und welchen Kompromiss bist du eingegangen?“, schrie ich sie an. „Keinen!“ Dann rannte ich mit Tränen in den Augen die Treppen hoch zu meinem neuen Zimmer. Dem Loch, der Wohnhöhle für Trolle. Und wie ich es erwartet hatte, war das Zimmer bereits mit meinen wenigen Möbeln (Bett, Schrank, Regal, Schreibtisch, Schreibtischstuhl und Sessel) hoffnungslos vollgestellt.
Ich kam mir vor wie ein Huhn in einer Legebatterie. Wütend knallte ich mich aufs Bett. Dass Jette die Party hatte sausen lassen, nur um in Ruhe mein Zimmer zu übernehmen, damit hätte ich niemals gerechnet. Ich riss mir den Plastikbrustpanzer vom Leib und feuerte ihn zusammen mit dem kindischen Lichtschwert unter meinen Schreibtisch, der gleich neben dem Bett vor dem kleinen Dachfenster stand. Mein neues Zimmer lag direkt über meinem alten
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