Jungs sind keine Hamster
anderen zu riechen. Der Geruchssinn ist tatsächlich mitentscheidend. Klingt bekloppt, ist aber so. Aber ob der Auserwählte auch gut für uns ist, das kann uns keine Nase der Welt sagen. Genau so wenig wie unsere Eltern übrigens. Manche von denen befürchten ja grundsätzlich das Schlimmste. Sie misstrauen allen Jungs. Ich will nicht behaupten, dass alle Eltern immer nur Quatsch erzählen. Sie wollen ja nur das Beste für uns. Aber trotzdem: Ob jemand gut oder schlecht für dich ist, musst du selber entscheiden. Auf Ratgeber und damit natürlich auch auf deine Eltern solltest du aber schon hören und auch wirklich darüber nachdenken. Denn Liebe macht nicht nur blind, sondern auch taub und dumm.
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War ich noch ich selbst oder war ich schon blind? Hatte ich schon den Verstand verloren? War der Gorilla gut für mich? Könnte sein. Vielleicht aber auch nicht. Woher sollte ich das wissen? Ich musste schließlich erst einmal herausfinden, wer überhaupt im Kostüm gesteckt hatte.
Ich grinste und träumte davon, wie ich meinen Gorilla enttarnte. Und wie cool es wäre, wenn sich der Gorilla als ein absoluter Superstar entpuppen würde, der mich auch noch super fand und richtig liebte. Das wäre so großartig.
Auch wenn ich mir fast sicher war, dass Orlando Bloom heute Abend anderes zu tun gehabt hatte, als in einem Affenkostüm bei uns Halloween zu feiern, malte ich mir unseren gemeinsamen Auftritt in der Schule bis ins kleinste Detail aus. Was würden die Weiber vor Neid erblassen! Beim Gedanken daran, einen Filmstar an meiner Seite zu haben, bekam ich totales Herzrasen. Ich stand auf und drehte den Sessel um, sodass ich direkt vor meinem Spiegel saß. Dann interviewte ich mich und meinen Freund: Orlando Bloom.
„Wo haben Sie die bezaubernde Hannah kennengelernt, Orlando?“, fragte ich als Klatschreporterin.
„Witzige Geschichte. Gut dass Sie fragen. Also, ich war als Gorilla verkleidet auf einer Halloweenparty. Meine Süße hier ging als Darth Vader!“
Kicher. Kicher.
„Als Darth Vader, tolle Geschichte, Orlando. Erzählen Sie weiter.“
„Nun, ich kann nur sagen: Es war Liebe auf den ersten Blick, als ich sie im Kostüm im Klofenster feststecken sah.“
So ging das noch ewig weiter. Immer wieder fielen mir neue Fragen ein, die ich mir und Orlando stellte. Es war toll.
Nach dem stundenlangen Interview lag ich noch fast die ganze Nacht wach, grinste und träumte meine Superstar-liebt-mich-Träume. Und die Sache mit dem Zimmer kam mir auf einmal nur noch halb so wild vor. Was ich meiner Mutter aber nicht aufs Brot schmieren wollte. Wenn Mütter ein schlechtes Gewissen haben, ist das ein großer Vorteil, den man pflegen muss. Da lassen die einem eher mal was durchgehen oder es gibt Geschenke.
Als ich aufwachte, war es bereits nach zwölf Uhr mittags und die Sonne schien. Ich setzte mich auf und streichelte meine Katze, bis ich mich fit genug fühlte, meine Familie und die anderen einigermaßen und ohne auszuflippen zu ertragen. Es war zwar schon Mittag, aber wer ein echter Morgenmuffel ist, der kann den Morgen bis zum Abendessen ausdehnen.
Als ich in die Küche kam, fuchtelten meine Mutter und Hannes an einer großen Kaffeemaschine rum. Offensichtlich hatte Hannes die mitgebracht und offensichtlich kriegte er sie nun nicht mehr in Gang.
„Und?“, fragte Mutter.
„Nix. Die geht nicht an“, antwortete Hannes.
„Vielleicht wenn wir hier draufdrücken?“ Mutter zeigte auf den AN-AUS-Schalter.
„Wieso sollte die Maschine funktionieren, wenn man sie ausschaltet?“
„Keine Ahnung. Aber an geht sie auf AN ja auch nicht.“
„Ja, aber auf AUS kann sie ja auf keinen Fall angehen.“
„Hm. Dann weiß ich auch nicht.“ Mutter, leidenschaftliche Teetrinkerin, hatte die Lust am Kaffeemaschinendrama verloren.
Hannes drückte weiterhin wahllos auf den Knöpfen rum. Nichts geschah. „Wahrscheinlich kaputt.“ Hannes, der Kaffee liebte, schaute traurig.
„Steckt denn der Stecker in der Dose?“, fragte meine Mutter und Hannes verdrehte genervt die Augen. Ich dachte kurz darüber nach, ob ich den beiden sagen sollte, dass der Stecker zwar ordnungsgemäß in der Mehrfachsteckdose steckte, die Mehrfachsteckdose aber ausgeschaltet war. Ich entschied mich dagegen und schmierte mir ein Brot mit Nutella, setzte mich an den Tisch und futterte es schweigend.
Mutter und Hannes lächelten mich an.
„Guten Morgen“, sagten sie gleichzeitig.
„Morgen“, grummelte ich zurück.
„Wir fahren gleich in
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