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Jupiter

Jupiter

Titel: Jupiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bova Ben
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überschwemmte ihn eine Flut von Sinneswahrnehmungen. Deutlich konnte er die ausgefällten Flocken organischen Materials in die dunklen Tiefen niedersinken sehen. Das Wasser strömte an der Tauchsonde vorbei, als glitte sie wie ein Fisch durch den Ozean, der zusehends wärmer wurde, je weiter sie in seine Tiefe vordrangen.
    In diesem Meer gab es keine Lebewesen, sah er. Keine Fische, keine Büschel von Pflanzen. Um das zu sehen, mussten sie tiefer sinken. Dr. Wo hatte gesagt, sie hätten die bewegten Objekte in mehr als zehn Kilometern unter der Oberfläche ausgemacht, und selbst dann seien sie noch weit weg gewesen…
    »Sie schläft.« Grants Aufmerksamkeit fand zurück zur Brücke. Er musste mehrmals zwinkern und seine Perspektive umstellen. Die Loslösung vom Informationsstrom der Sensoren war wie das Erwachen in einer anderer Wirklichkeit.
    Grant sah, dass Krebs tatsächlich die Brücke verlassen hatte. Die faseroptischen Drähte, die sie mit den Bordsystemen verbunden hatten, steckten in ihrem Aufbewahrungskasten an der Decke.
    »Endlich hat sie die Brücke verlassen«, sagte Karlstad leise. »Nach fast fünfzig Stunden im Dienst.«
    »Sie hat einige Male geschlafen«, sagte O’Hara.
    »Spulen Sie die Antenne aus«, sagte Karlstad. »Schnell, solange wir die Möglichkeit haben.«
    Muzorawa sagte: »Grant, es könnte zweckmäßig sein, wenn Sie zur Luke gehen und Krebs im Auge behalten. Warnen Sie uns, wenn sie aus ihrer Koje kommt.«
    »Dazu werde ich die Anschlüsse lösen müssen«, wehrte Grant ab.
    »Ich werde Ihre Systeme mit überwachen«, erwiderte Muzorawa.
    Mit noch größerem Widerwillen als sonst löste Grant die Anschlüsse, während O’Hara die Antenne ausspulte und das Sende-und Empfangsgerät einschaltete.
    »Oho, da sind eine Menge Botschaften für uns eingegangen«, sagte sie. Dann nahm ihr Gesicht einen ratlosen Ausdruck an. »Nein, Moment. Es ist nur eine Botschaft, aber sie haben sie ständig wiederholt.«
    »Kümmern Sie sich nicht um den eingehenden Mist«, sagte Karlstad ungeduldig. »Verbinden Sie mich mit dem Computer.«
    Grant schwebte bei der Luke, beobachtete Krebs’ Koje und zugleich den Wandbildschirm, über den jetzt Texte im medizinischen Fachjargon wanderten. Krebs’ Koje war durch ihr Rollo abgeschlossen. Sie ruhte zum ersten Mal seit dem Verlassen der Station allein in ihrer Koje, losgelöst von allen Bordsystemen.
    Er fragte sich, was sie antrieb. In der ersten Tiefenmission mit knapper Not dem Tode entgangen, war sie schon wieder zurück im Ozean und blieb bei weitem länger mit den Bordsystemen verbunden als sie musste, länger auch als sie sollte. War sie der emotionalen Macht der Verbindung erlegen? Doch wenn es sich so verhielt, wie konnte sie sich dann nach so vielen Stunden freiwillig von den Verbindungen lösen? Sie musste zäh sein, dachte er; viel stärker als er.
    »Das also ist es!«, rief Karlstad mit unterdrückter Stimme. Die drei anderen waren noch an ihren Konsolen, und Grant sah noch immer medizinische Texte über den großen Bildschirm wandern. »Visuelle Agnosie«, sagte Karlstad, »bedeutet Störungen des Erkennens. Trotz normaler Sehleistung werden Zusammenhänge einzelner Details nicht erkannt, zum Beispiel Physiognomien. Ihre visuelle Wahrnehmung ist geschädigt.«
    »Sie meinen, sie kann Gesichter nicht erkennen?«, fragte O’Hara.
    Karlstad nickte energisch. »Deshalb sieht sie einen so komisch an. Sie kann nicht erkennen, mit wem sie es zu tun hat, bis man etwas zu ihr sagt. Dann erkennt sie die Stimme.«
    »Das ist seltsam«, sagte Muzorawa.
    Karlstad fixierte den betreffenden Abschnitt aus dem medizinischen Befund auf dem Bildschirm und sagte: »Es ist selten, aber vielfach dokumentiert, wie es scheint.«
    »Was verursacht es?«
    »Ein Hirnschaden, zum Beispiel. Ein physikalisches Trauma, eine Gehirnblutung.«
    »Ein Schlaganfall?«
    »Oder ein Schlag an den Kopf.«
    »Aber nach dem Befund hatte sie keins von beiden«, sagte Muzorawa.
    Karlstad nickte. »Richtig, aber während der ersten Mission erlitt sie schwere Verletzungen.«
    »Keine Kopfverletzungen, wenn ich mich richtig entsinne«, sagte O’Hara.
    »Ja, das stimmt.« Karlstad klang enttäuscht.
    Grant meldete sich zu Wort. »Könnte der Aufenthalt in dieser Hochdruck-Umgebung die Ursache sein? Könnte das zu einer Gehirnblutung führen?«
    »Die frühesten Experimente verursachten Nervenschäden«, sagte Karlstad. »Darum erhöhen wir den Druck langsam und geben dem Körper Zeit,

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