Jupiter
Streifen und Punkte, silbrig schimmernde Schuppen und die stumpfen graubraunen Tarnkleider von Kraken, die sich durch das Wasser schnellten oder mit ihren Tentakeln den Grund nach Nahrung absuchten.
»Aquakultur«, sagte Karlstad. »Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass man mit Fischfarmen mehr Protein auf weniger Raum erzeugen kann als mit Fleischtieren. Kommen Sie mit.« Karlstad winkte ihm und ging weiter durch den schmalen Korridor. »Dies müssen Sie sehen.«
Sie passierten weitere Tanks, in denen es von Fischen wimmelte. Das matte, kalte Licht der Unterwasserbeleuchtung ließ Karlstad mit seinem silbrigen Haar und der blassen Gesichtsfarbe noch geisterhafter als sonst erscheinen.
Dann blieb er stehen und zeigte mit dem Daumen zum nächsten Aquarium. »Das ist Laynies Spielwiese«, sagte er mit boshaftem Grinsen.
Grant spähte in den Tank. Zwei Delphine schwammen dort, große, elegante Exemplare, größer als Pferde. Mühelos und spielerisch glitten sie durch das Wasser.
»Ihr Tank ist fast einen Kilometer lang«, bemerkte Karlstad. »Auch Fische leben darin, die den Delphinen als Nahrung dienen, und von Zeit zu Zeit werden die Verbindungen mit den anderen Tanks geöffnet, um den Fischbesatz gleichmäßiger zu verteilen.«
Grant staunte mit offenem Mund. Er hörte sich selbst mit schwacher Stimme fragen: »Warum, in aller Welt, brachten Sie Delphine hierher?«
Karlstad grunzte geringschätzig. »Wos Idee. Unsere intellektuellen Vettern nennt er sie. Denkt, die Delphine könnten uns helfen, Jupiters Ozean zu erforschen.«
»Unsere intellektuellen Vettern«, wiederholte Grant nachdenklich, während er die anmutigen Delphine beobachtete. Sie schienen ihn anzulächeln, als sie vorbeischwammen, dann kehrten sie um und nahmen ihn wieder in Augenschein.
»Es gibt hier noch etwas, das Sie sehen sollten«, sagte Karlstad und bedeutete Grant, ihm weiter durch den Korridor zu folgen.
»Was denn?«, fragte Grant, als sie am Ende des Delphintanks vorbeigingen. Die Beleuchtung war hier noch trüber, die Wände zu beiden Seiten des schmalen Korridors von nacktem Metall.
»Still jetzt«, flüsterte Karlstad, den Finger an die Lippen gelegt.
Langsam und mit leisen Schritten gingen die beiden weiter, bis Karlstad stehen blieb und Grant bedeutete, vorauszugehen. »Es ist auf der rechten Seite«, flüsterte er ihm zu.
Grant schlich auf Zehenspitzen durch die Schatten, bis er zur Rechten eine Öffnung in der Wand sah. Er blickte zurück zu Karlstad, der ihm zunickte und eine auffordernde Handbewegung machte.
Zögernd trat Grant in die breite Öffnung und sah vor sich eine fast dunkle Kammer. In der rückwärtigen Ecke, ungefähr drei Meter von ihm, war etwas, ein schwarzer Haufen…
Ein ausgewachsener Gorilla öffnete die Augen. Er hatte auf einem Lager aus Decken und Matratzen geschlafen und war offenbar durch Grants Annäherung wach geworden. Es gab keine Gitterstäbe zwischen ihnen, keine Trennwand irgendwelcher Art.
Bevor Grant einen klaren Gedanken fassen konnte, kam der Gorilla von seinem Lager hoch, und bleckte die Zähne, auf die Knöchel der kräftigen Arme gestützt. Grant fühlte die Wärmeausstrahlung seines Körpers, und roch die Ausdünstung seines Fells.
Er stand wie versteinert, als der Gorilla seinen dicken, haarigen Arm hob.
»Nein!«, sagte er mit kehliger, gutturaler Stimme. Seine offene Hand war dick und schwarz und sah ungemein kräftig aus. »Du gehen! Gleich!«
10. SHEENA
Grant stand wie angewurzelt, wagte keine Bewegung, und hielt unwillkürlich den Atem an, als der ärgerliche Gorilla halb aufgerichtet, die langen Arme am Boden abgestützt, einen schwerfälligen Schritt auf ihn zukam.
Und er sprach! –»Du gehen!«, wiederholte er, Grant hörte Karlstad hinter sich ein seltsam unterdrücktes Geräusch machen, und als er ein wenig den Kopf seitwärts drehte, sah er den anderen an mühsam unterdrücktem Gelächter beinahe ersticken. Der Gorilla blickte nun auch zu Karlstad.
Der trat neben Grant und sagte in freundlichem Ton: »Nur ruhig, Sheena, alles ist gut. Du kennst mich.« Er lächelte breit, war aber bemüht, nicht die Zähne zu zeigen.
Der Gorilla setzte sich auf die Keulen. Grant sah, wie der Blick seiner dunklen, rotgeränderten Augen von Karlstad zu ihm und wieder zurück ging. »Ee-ghon«, sagte der Gorilla in einem heiseren, angestrengten Flüsterton. Er erinnerte Grant an Direktor Wos heiser-gepresste Stimme.
»Gutes Mädchen, Sheena«, sagte Karlstad wie zu einem Kind.
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