Jupiter
sagte er sich.
Aber eine andere innere Stimme sagte: Das ist nicht der Grund deiner Sorge.
Ich weiß, gab er zu.
Es war Sheena. Dass er Irene Pascals Experiment ruiniert hatte und, schlimmer noch, dass er dem Gorilla Schmerzen zugefügt hatte, war ihm schrecklich. Es war wie Verrat an einem Kind, dachte er. Sheena hatte ihm vertraut. Und nun hatte er ihr Vertrauen verspielt. Wie sollte sie ihm noch vertrauen?
Grant war bewusst, dass er sich angewöhnt hatte, Sheena als eine Freundin zu betrachten, eine zwei-oder dreijährige Freundin vielleicht, aber das Verhältnis zwischen ihnen war ihm wichtig geworden. Wie konnte er dieses Vertrauen wiedergewinnen? Wie konnte er wieder Freund werden?
Seufzend erhob er sich von seinem Platz. Hier konnte er es nicht. Er musste schon hinuntergehen und ihre Gesellschaft suchen.
Mit einem flauen Gefühl im Magen wanderte Grant den Hauptkorridor entlang zum Aquarium. Er passierte Dutzende von Leuten, Wissenschaftler und Techniker in Overalls und Verwaltungspersonal in sauber gebügelten Hosen und Hemden. Alle arbeiteten am Studium der Jupitermonde, alle hatten ihre Zeitverträge, ihre Karrieren, ihr Leben. Nur zehn von uns stecken in der eigentlichen Arbeit, sagte er sich. Elf, wenn er Wo mitzählte. Von diesen anderen weiß niemand, was wir tun.
Oder vielleicht doch? Es war unmöglich, die Tiefenmission völlig geheim zu halten. Zweifellos wusste Red Devlin mehr darüber als er sollte. Und jeder konnte sehen, dass die Tauchsonde verschwunden war.
Er blickte in die Gesichter der Leute, die ihm begegneten, und fragte sich, wer von ihnen ein Glaubenseiferer sein könnte. Wer von ihnen imstande wäre, alle Teilnehmer der Mission zu töten, nur um Dr. Wos fixe Idee, dass es auf dem Jupiter intelligentes Leben gäbe, den Garaus zu machen. Bei objektiver Betrachtung musste man zugeben, dass der Direktor genauso fanatisch wie die Zeloten der Neuen Ethik oder der Jünger Gottes war.
Vor der geschlossenen Sicherheitsluke, die ins Aquarium führte, fand Grant eine neue Inschrift, die mit blutroter Farbe auf das Stahlblech gemalt war:
Wenn Fisch Gehirnnahrung ist, warum sind wir dann nicht
klug genug, nach Hause zu gehen?
Mit einem verständnisvollen Seufzer drückte Grant den Eingangscode. Das Schloss klickte, und er stieß die Luke auf. Im Aquarium war es kühl und still. Niemand war da. Langsam, zögernd ging Grant weiter an den großen Tanks entlang und sah die Fische nur aus den Augenwinkeln.
Sie musste irgendwo hier in der Nähe sein. Am hellen Tag würde sie nicht in ihrer Kammer bleiben.
Aber Sheena war nirgends zu finden. Sein Magen krampfte sich zusammen, und er rannte aus dem Aquarium zur Chirurgie neben der Krankenstation.
»Sheena?« Die einsame Schwester, die dort Dienst tat, sah ihn stirnrunzelnd an. »Ich würde diesen Affen keinen Schritt über die Schwelle lassen. Haben Sie eine Ahnung, was sie das letzte Mal anrichtete, als wir versuchten, an ihr zu arbeiten?«
Grant ließ die empörte Krankenschwester stehen und lief zum erstbesten Wandtelefon, das er im Korridor finden konnte. Dort fragte er den Computer, wo Sheena war.
»Unter Sheena gibt es keine Eintragung«, sagte die synthetische Stimme.
Natürlich, dachte Grant. Sie hat kein Telefon. Das war eine dumme Idee.
Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, verlangte er eine Verbindung mit Dr. Wo.
»Der Direktor darf nicht gestört werden, außer in Notfällen.«
»Dies ist ein Notfall!«
Sofort erschien Wos Gesicht auf dem winzigen Bildschirm des Telefons. »Ich bin außerstande, Ihren Anruf entgegenzunehmen. Hinterlassen Sie eine Botschaft.«
Am liebsten hätte Grant vor Frustration mit der Faust an die Wand geschlagen. »Dr. Wo, ich kann Sheena nicht finden! Niemand scheint zu wissen, wo sie ist.«
Der kleine Bildschirm erlosch.
Der Sicherheitsdienst, dachte Grant. Ich sollte den Sicherheitsdienst verständigen. Wenn Sheena irgendwo in der Station herumirrt… Er zögerte. Die Sicherheitsleute könnten in Panik geraten und sie verletzen.
Er fasste einen Entschluss und schritt durch den Korridor zum Verwaltungsbereich. Er wusste nicht, wer diese Woche den Sicherheitsdienst versah, aber vielleicht war es jemand, den er kannte.
Hinter dem kleinen Schreibtisch des Sicherheitsbüros saß ein Fremder. Ein hoch gewachsener, sehniger Mann mit einem Stoppelbart und dunklem, lockigem Haar. Er trug einen Overall. Wahrscheinlich ein Techniker, dachte Grant.
»Es hört sich vielleicht albern an«, sagte er,
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