Jupiter
Pascals medizinischen Sensoren zeigten, dass ihr Zustand sich langsam verschlechterte. Es war ein Wettlauf mit der Zeit, um sie zur Station zu bringen und medizinisch zu versorgen.
Mehrere Umkreisungen des Riesenplaneten waren erforderlich, viele Stunden vergingen in angespannter Sorge und Erwartung, bevor Zheng He in einer Position war, die das Andockmanöver gestattete. Krebs entledigte sich der schwierigen Aufgabe fehlerlos, und Grant glaubte den leichten Stoß zu fühlen, mit der die Luftschleuse der Tauchsonde andockte. Es war natürlich Unsinn, aber trotzdem bildete er sich ein, eine winzige Vibration zu fühlen, eine Bestätigung der Eingeweide, dass die Besatzung sicher zurückgekehrt war.
Im Laufschritt eilten sie durch den Korridor und vergaßen in ihrer Eile alle Geheimhaltung. Wo fuhr in seinem elektrischen Rollstuhl mit Höchstgeschwindigkeit voraus, und die erschrockenen Passanten spritzten auseinander, als wären sie versehentlich auf eine Kegelbahn geraten und müssten sich vor der heranrollenden Kugel in Sicherheit bringen.
Trotz seiner bangen Sorge musste Grant grinsen, als er und die anderen in vollem Lauf hinter Dr. Wos rasendem Rollstuhl durch den Korridor rannten.
Wo rief in das eingebaute Telefon des Rollstuhls, während er in halsbrecherischer Fahrt dahinsauste. Er rief jemandem etwas zu. Grant konnte die Worte »Sicherheitsdienst« und »Bereich absperren«, ausmachen. Anscheinend wollte der Direktor sichergehen, dass keine Gaffer den Zugangstunnel umstanden, wenn die Besatzung der Tauchsonde herausgeholt wurde.
Vor der Schleuse des Tunnels kamen sie schnaufend zum Stehen. Tatsächlich standen dort bereits zwei stämmige Wächter des Sicherheitsdienstes. Und zwei weitere hielten sich bei der Luftschleuse in Bereitschaft.
»Gehen Sie beide hinauf zum Eingangsbereich«, befahl Wo. »Räumen Sie den gesamten Korridorabschnitt zwischen hier und der Krankenstation.«
Sie eilten zum Tunnel hinaus und ließen Dr. Wo und seine Begleiter vor der geschlossenen Luftschleuse zurück.
»Ich muss da hinein«, sagte Buono, die neben Wos Rollstuhl Aufstellung genommen hatte. »Je eher…«
»Sie können nicht hinein«, sagte der Direktor. »Die Besatzung ist in Hochdruckflüssigkeit. Sie sind nicht ausgestattet, das Zeug zu atmen.«
Buono ließ die Schultern hängen. »Ich hatte vergessen…«
»Zuerst muss der Druckausgleich hergestellt werden«, fuhr Wo fort. »Der Vorgang wird mehrere Stunden in Anspruch nehmen.«
»Wie wird das Irenes Zustand beeinflussen?«, fragte Ukara.
Wo zuckte die Achseln. »Wer weiß?«
»Eins wissen wir«, sagte Buono niedergeschlagen.
»Je länger es dauert, sie in die Krankenstation zu bringen, desto ungünstiger werden ihre Überlebenschancen sein.«
*
Pascal kam als Erste durch die Luftschleuse. Nach Dr. Wos Anweisung, die in die Luftschleuse telefoniert worden war, legten Karlstad und Muzorawa die bewusstlose Frau in die Schleusenkammer und pumpten langsam das flüssige Perfluorcarbon ab. Sie hielten sich genau an das erprobte Verfahren, und trotz der Dringlichkeit dauerte es fast eine Stunde, bis ihre Lungen geleert waren.
Patti Buono konnte sich während der gesamten Wartezeit vor nervöser Unrast nicht ruhig halten. Grant sah, dass sogar Wo angespannt und beinahe ängstlich war; sein Blick ging wie der eines gefangenen Tieres unruhig hin und her.
Sobald Krebs meldete, dass die Luftschleuse ausgepumpt und der Luftdruck angepasst sei, öffnete Quintero die Versiegelung und schwang die schwere Luke auf. Irene Pascal lag schlaff und reglos auf der Seite, die mit Elektroden besetzten Beine angezogen, um in der Enge der Luftschleuse Platz zu finden. Sie sah kalt aus und troff noch von öliger Flüssigkeit. Grant konnte nicht erkennen, ob sie atmete.
Ukara sprang am verdutzten Quintero vorbei in die Luftschleuse und warf sich neben dem liegenden Körper auf die Knie.
»Sie atmet nicht!«, rief sie.
Schon war Patti Buono zur Stelle und bedeckte das Gesicht der Bewusstlosen mit einer Sauerstoffmaske. »Schnell, helfen Sie mir, Irene auf die Rolltrage zu heben. Schnell!«
Quintero wollte zugreifen, aber Ukara stieß ihn fort. »Nein, lassen Sie mich!«
Sie griff Pascal unter die Schultern, während Grant sie bei den Füßen nahm. Zusammen hoben sie die scheinbar Leblose auf die Trage und rollten sie im Laufschritt an den Sicherheitswachen vorbei und den Korridor entlang zur Krankenstation. Außer ihnen und Buono war der Korridor vollständig menschenleer.
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