Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Ergebnis gekommen. Erlendur wusste, dass es jetzt an der Zeit war, etwas Konkretes zu unternehmen, damit die Sache in Bewegung kam. Trotzdem hatte er gezögert, weil er so wenig in der Hand hatte, eigentlich nur ganz schwach fundierte Verdachtsmomente, die leicht zu entkräften waren. Denkbar, dass er mit der Zeit irgendwelches Beweismaterial ausgraben konnte, aber er hatte jetzt genug von diesem Fall, er wollte ihn los sein, um sich anderen Dingen zuwenden zu können.
»Hast du schon einmal ein Medium gespielt?«, fragte Erlendur.
»Meinst du, auf der Bühne? Nein, das habe ich nie gemacht«, antwortete Karólína.
»Du kennst kein Medium namens Magdalena?«
»Nein.«
»Der gleiche Name wie die Person, die du auf der Bühne gespielt hast?«
»Nein. Ich kenne keine Magdalena.«
»Ich habe das überprüfen lassen«, sagte Erlendur. »In Reykjavík und Umgebung existiert kein Medium, das Magdalena heißt.«
»Warum kommst du nicht einfach zur Sache.«
Erlendur lächelte: »Das sollte ich vielleicht tun.«
»Unbedingt.«
»Ich werde dir sagen, wie sich meiner Meinung nach alles abgespielt hat«, sagte Erlendur. »Ich glaube, dass du und Baldvin María in den Selbstmord getrieben habt.«
»Ach?«
»Nach dem Tod ihrer Mutter war sie völlig aufgelöst. Zwei Jahre lang hatte sie deren Todeskampf mit ansehen und nach dieser entsetzlichen Qual Abschied von ihr nehmen müssen. Sie hat sich alle möglichen Sachen eingebildet und nach irgendwelchen Zeichen gesucht, die ihre Mutter ihr geben wollte als Beweis dafür, dass es ihr gut gehe oder dass es da ein Leben nach dem Tod gebe, das womöglich sogar besser ist als das Jammertal, in dem wir uns derzeit aufhalten. Und es brauchte nicht viel, um María dahin zu bringen. Sie hatte eine krankhafte Angst vor der Dunkelheit, und nach dem Tod ihrer Mutter war sie ein Nervenbündel. Sie sehnte sich danach zu wissen, dass ihre Mutter es in einer anderen Welt besser hatte. Sie war ausgebildete Historikerin, aber hier ging es nicht um irgendwelche rationalen Fakten, sondern um einen tiefen Glauben, um Hoffnung und Liebe. Sie hat sich verschiedene Dinge eingebildet. Leonóra erschien ihr in ihrem Haus in Grafarvogur. Sie besuchte Séancen. Du hast wohl auch das Deinige dazu beigetragen, sie in den Tod zu treiben.«
»Was meinst du damit? Hast du irgendwelche Beweise dafür?«
»Keinen einzigen«, sagte Erlendur. »Ihr habt das gut arrangiert.«
»Weshalb in aller Welt sollten wir etwas Derartiges getan haben?«
»Es geht um viel Geld. Baldvin ist hoch verschuldet und kaum in der Lage, diese Schulden abzutragen, selbst wenn er als Arzt sehr gut verdient. Ihr schafft euch María vom Hals, und euch winkt ein Leben in Reichtum. Ich kenne Morde, wo es um wesentlich geringere Summen ging.«
»Nennst du das Mord?«
»Ich weiß nicht, was es sonst sein sollte, wenn man es genau bedenkt. Bist du Magdalena?«
Karólína sah Erlendur lange eindringlich an. »Ich glaube, du solltest jetzt gehen«, sagte sie.
»Hast du etwas zu ihr gesagt, was eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt hat, die mit ihrem Tod endete?«
»Ich habe nichts mehr zu sagen.«
»Hast du irgendetwas mit dem Tod von María zu tun?«
Karólína war aufgestanden. Sie ging in den Korridor und öffnete die Haustür. »Ich möchte, dass du gehst«, sagte sie.
Erlendur war ebenfalls aufgestanden und hinter ihr hergegangen.
»Würdest du zugeben, dass du Anteil an dem hast, was mit María passiert ist?«, fragte er.
»Nein«, sagte Karólína. »Es ging ihr nicht gut. Sie hat Selbstmord begangen. Würdest du jetzt bitte gehen?«
»Hat Baldvin dir vielleicht einmal von einem Experiment erzählt, an dem er als Medizinstudent teilgenommen hat? Da wurde ein junger Mann getötet und wieder zum Leben erweckt. Hast du davon gewusst?«
»Von was redest du eigentlich?«
»Ich glaube, es hat ihr den letzten Anstoß gegeben«, sagte Erlendur.
»Was?«
»Frag Baldvin. Frag Baldvin, ob er nicht einen Mann namens Tryggvi kennt. Ob er immer noch Verbindung zu ihm hat. Frag ihn.«
»Würdest du jetzt bitte gehen«, sagte Karólína.
Erlendur stand in der Tür und war nicht bereit aufzugeben. Karólína war feuerrot geworden.
»Ich glaube zu wissen, was in dem Sommerhaus passiert ist«, sagte er, »und das ist keine schöne Geschichte.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
Karólína schob ihn zur Tür hinaus, aber Erlendur ließ nicht locker.
»Sag Baldvin, dass ich von dem Defibrillator weiß«, sagte er in
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