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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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ist bei diesem Mann gewesen, aber auch noch bei einer Frau, kurz vor ihrem Tod.«
    »Wer war das?«
    »María sagte, diese Frau hätte alles über sie gewusst. Buchstäblich alles. Sie sagte, das sei ganz einfach unglaublich gewesen. Es war eines meiner letzten Gespräche mit ihr. Ich wusste, dass sie sich nicht gut fühlte, aber ich wusste nicht, dass es so schlimm um sie stand.«
    »Weißt du, wer dieses Medium war?«
    »Nein, das hat sie mir nicht gesagt, aber María hat so geklungen, als hielte sie sehr viel von ihr. Sie schien ihr zu vertrauen.«
    »Es war also eine Frau?«
    »Ja.«
    Karen schaute stumm in das Abenddunkel hinaus.
    »Du weißt, was damals auf dem See von Þingvellir passiert ist?«, fragte sie auf einmal.
    »Ja, davon habe ich gehört.«
    »Ich bin nie das Gefühl losgeworden, dass da am See irgendetwas geschehen ist, was nie an die Oberfläche gekommen ist«, erklärte Karen.
    »Inwiefern?«, fragte Erlendur.
    »María hat nie direkt darüber gesprochen, aber da war etwas, was wie ein Albtraum auf ihr lastete. Irgendetwas aus der Vergangenheit, worüber sie nicht reden wollte, es hatte etwas mit diesem entsetzlichen Vorfall zu tun.«
    »Kennst du diese Þorgerður, die Geschichte mit ihr studiert hat?«
    »Ja, ich weiß, wer sie ist.«
    »Sie hat etwas ganz Ähnliches gesagt und glaubt, dass es etwas mit Marías Vater zu tun hat. Als hätte er damals sterben müssen . Kommt dir das bekannt vor?«
    »Nein. Als hätte er damals sterben müssen?«
    »Das ist María irgendwann einmal herausgerutscht, was immer es bedeutet.«
    »Als sei seine Zeit gekommen gewesen?«
    »Möglich. Als sei es ihm vom Schicksal vorherbestimmt gewesen, an diesem Tag zu sterben, und nichts und niemand hätte daran etwas ändern können.«
    »Mir gegenüber hat sie nie etwas in dieser Art gesagt.«
    »Man könnte auch eine andere Bedeutung in diese Worte hineininterpretieren«, sagte Erlendur.
    »Meinst du etwa … dass er es verdient gehabt hätte zu sterben?«
    »Möglicherweise, aber weshalb sollte das der Fall gewesen sein?«, fragte Erlendur zurück.
    »Dass es kein Unfall war? Dass …«
    Karen starrte Erlendur an.
    »Dass es kein Unfall war?!«
    »Mehr weiß ich nicht«, sagte Erlendur. »Das wurde seinerzeit alles untersucht, und es tauchten keinerlei Verdachtsmomente auf. All das kommt ja jetzt erst, Jahrzehnte später, zum Vorschein. Hat sie dir gegenüber nie etwas Derartiges erwähnt?«
    »Nein, nie«, erklärte Karen.
    »Bei dieser Séance ist da auf der Kassette eine Stimme zu hören«, sagte Erlendur.
    »Ja.«
    »Eine tiefe Männerstimme, die María bittet, auf der Hut zu sein, sie wisse nicht, was sie tue.«
    »Ja.«
    »Hatte sie irgendeine Erklärung dafür?«
    »Die Stimme erinnerte sie an ihren Vater.«
    »Ja, das kann man der Aufnahme entnehmen.«
    »Ich glaube ganz bestimmt, dass da am See etwas passiert ist. Ich habe es ihr so oft angemerkt. Irgendetwas in Zusammenhang mit Magnús, ihrem Vater, von dem sie sich aber nicht vorstellen konnte, es irgendjemandem zu erzählen.«
    »Sag mir noch etwas: Kennst du einen Mann, der zur gleichen Zeit wie Baldvin Medizin studiert hat und Tryggvi hieß?«
    Karen überlegte eine Weile, schüttelte aber dann den Kopf. »Nein«, sagte sie, »ich kenne keinen Tryggvi.«
    »Hat María nie jemanden mit diesem Namen erwähnt?«
    »Ich glaube nicht. Wer ist das?«
    »Ich weiß nur, dass er ein Kommilitone von Baldvin war«, sagte Erlendur und beschloss im gleichen Moment, über das, was Orri Fjeldsted über Tryggvi erzählt hatte, Schweigen zu bewahren.
    Kurze Zeit später verabschiedete er sich von ihr. Sie beobachtete ihn, wie er auf dem Parkplatz in seinen Wagen einstieg, in ein altes, schwarzes Auto mit runden Rücklichtern. Die Marke kannte sie nicht. Ihr Besucher ließ zwar den Motor an, fuhr aber nicht los. Zigarettenrauch kräuselte sich aus dem Fenster beim Fahrersitz. Erst nach vierzig Minuten leuchteten die Scheinwerfer auf, und das Auto fuhr langsam davon.
    In jüngeren Jahren hatte er sich danach gesehnt, von seinem Bruder zu träumen. Er fand Sachen, die Bergur gehört hatten, ein kleines Spielzeug oder einen Pullover, die ihre Mutter sorgfältig aufbewahrt hatte, denn sie warf nichts von Bergurs Sachen weg. Er legte solche Dinge unter sein Kissen, bevor er schlafen ging, immer wieder andere Gegenstände. Zuerst ging es ihm darum zu wissen, ob Bergur ihm im Traum erscheinen würde, um ihm bei der Suche zu helfen. Später wollte er ihn nur sehen, sich an

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