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Kaeltezone

Kaeltezone

Titel: Kaeltezone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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schönen Sommertag schien.

    Statt abends zu sich nach Hause zu fahren, nahm er Kurs aus der Stadt heraus, am neuen Viertel Grafarholt vorbei in Richtung Mosfellsbær. Er bog in eine Seitenstraße ein, die zu einem ansehnlichen Bauernhof führte, von da aus nahm er einen schmalen Feldweg zum Meer hinunter, bis er sich auf dem ehemaligen Land von Haraldur und dessen Bruder befand. Von Haraldur, der sich Mühe gab, so unleidlich wie nur möglich zu sein, hatte er nur begrenzte Informationen erhalten. Er war nicht auf die Frage eingegangen, ob die alten Hofgebäude noch stünden, und behauptete, nichts darüber zu wissen. Er hatte erklärt, dass sein Bruder Jóhann einen Herzschlag erlitten hatte und eines plötzlichen Todes gestorben war. »Nicht alle haben so viel Glück wie Jói«, hatte er hinzugefügt.
    Die Hofgebäude waren noch vorhanden. Auf dem ehemaligen Land der beiden Brüder befanden sich einige Sommerhäuser. Nach der Höhe der Bäume zu schließen, von denen sie umgeben waren, standen sie schon länger dort. Es gab aber auch einige neuere. Etwas weiter entfernt sah Erlendur einen Golfplatz. Obwohl der Abend schon vorgerückt war, schlugen immer noch ein paar Gestalten nach den Bällen.
    Die Hofgebäude, ein kleines Wohnhaus und etwas weiter unterhalb die Stallungen, waren völlig verfallen. Das Haus war von außen mit Wellblech verkleidet. Das Blech war irgendwann einmal gelb angestrichen worden, aber die Farbe war inzwischen fast völlig abgeblättert. Einige der rostigen Platten saßen noch fest, aber teilweise hatten sie vor Wind und Wetter kapituliert und waren abgefallen. Die Dachplatten waren wahrscheinlich vom Sturm aufs Meer hinausgetragen worden. Sämtliche Fensterscheiben waren zerbrochen, und die Haustür war nicht mehr vorhanden. Nicht weit entfernt befanden sich die Relikte eines kleinen Geräteschuppens, der an den Kuhstall und die Scheune angebaut war.
    Er blieb vor dem verlassenen Hof stehen. Die Szenerie erinnerte ihn an den Hof seiner Jugend.
    Er betrat das Haus und kam zunächst in eine Diele und einen engen Korridor. Rechter Hand waren Küche und Waschküche und linker Hand eine Vorratskammer. In der Küche stand noch ein vorsintflutlicher Rafha-Herd mit drei Platten und einem kleinen, völlig verrosteten Backofen. Der schmale Flur führte zu zwei kleineren Räumen und dem ehemaligen Wohnzimmer. Die Dielen knarrten laut in der Abendstille. Er wusste überhaupt nicht, wonach er suchte. Er wusste nicht, weshalb er hierher gefahren war.
    Er ging zu den Stallungen hinunter, und seine Blicke schweiften an den Boxen im Kuhstall entlang. Die Scheune hatte einen gestampften Lehmboden. Als er um die Ecke bog, konnte er sehen, wo früher der Misthaufen hinter dem Kuhstall gewesen war. Der Geräteschuppen hatte noch eine Tür, aber als er nach ihr griff, ging sie aus den Angeln, fiel auf den Boden und zersplitterte geräuschvoll. An den Wänden des Schuppens befanden sich kleine Regale mit Fächern für Schrauben und Muttern. Die Nägel an einer Wand gaben zu erkennen, dass hier früher das Werkzeug gehangen hatte, das aber nicht mehr da war. Haraldur hatte bestimmt alles, was noch genutzt werden konnte, mitgenommen, als er den Hof verließ und nach Reykjavík zog. Der Arbeitstisch war zusammengebrochen und stützte sich schräg gegen eine Wand. Ein altes Zuggeschirr für einen Traktor gammelte zuoberst auf einem Schrotthaufen vor sich hin, und in einer Ecke lag die Hinterradfelge eines Traktors.
    Erlendur betrat den Schuppen. War der Mann mit dem Falcon hierher gekommen?, überlegte er. Oder hatte er tatsächlich einen der Linienbusse in einen anderen Landesteil genommen? Falls er hierher gekommen war, was hatte er im Sinn gehabt? Er hatte Reykjavík am Nachmittag verlassen. Er wusste, dass nicht viel Zeit war. Sie würde vor dem Milchladen auf ihn warten, und er wollte nicht zu spät kommen. Trotzdem durfte er den Brüdern nicht den Eindruck vermitteln, dass er es eilig hatte, denn sie hatten Interesse daran, ihm einen Traktor abzukaufen. Der Vertragsabschluss war in Sicht. Er wollte aber nicht zu sehr drängeln. Es konnte den Verkauf vermasseln, wenn sie den Eindruck bekamen, dass ihm sehr viel daran gelegen war. Trotzdem galt es, sich zu beeilen. Der Kauf musste über die Bühne.
    Falls er hier gewesen war, wieso hatten die Brüder das nicht zugegeben? Warum erzählten sie eine Lüge? Für sie ging es um nichts. Sie kannten den Mann überhaupt nicht. Und warum fehlte die eine Radkappe? War

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