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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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solcher Wucht, dass Clyde Sterne sah. Er ging mit dem Gesicht voran zu Boden. Hillbilly trat auf ihn ein, traf Augen, Rippen und den Arm; dann packte ihn das kleine Arschloch bei den Haaren, riss ihm den Kopf hoch, und als Nächstes spürte Clyde kalten Stahl an seiner Kehle.
    »Ich kann dir die Kehle durchschneiden, und zwar schneller, als du ›Ist das aber scharf‹ sagen kannst. Oder du machst den Mund auf und stülpst ihn über den Stein da vor dir, dann lass ich dich los. Deine Entscheidung ...«
    »Du kleines ...«
    Hillbilly schnitt ihm in die Haut. Nicht tief, nur ein bisschen. Clyde spürte erst nur einen leichten Druck, dann ein Brennen und etwas Feuchtes, das ihm über die Brust und in sein Hemd lief.
    »Nächstes Mal ziehe ich die Klinge durch. Also, entscheide dich. Kehle durchschneiden. Mund um den Stein. Was soll’s werden? Antworte.«
    »Stein.«
    »Stülp deinen Mund drüber.«
    Clyde tat wie geheißen. Der Stein schmeckte nach Erde, und weiter hinten im Mund schmeckte er Blut. Das Messer verschwand. Dann stampfte Hillbilly mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, Clyde auf den Hinterkopf, und Clydes Zähne bissen in den Stein. Es folgte ein weiterer Tritt, diesmal gegen die Schläfe, dann noch einer, und Clyde wurde ohnmächtig.
     
    Als Clyde wieder zu sich kam, war Hillbilly verschwunden, genau wie ein Stück von einem seiner Schneidezähne. Er stand auf, betastete seinen Zahn und fluchte. Er konnte kaum glauben, wie mühelos Hillbilly ihn zusammengeschlagen hatte. Da kam er angebraust wie ein Ritter auf seinem Ross, und der Drache – noch dazu ein winziger Drache – verdrosch ihn einfach nach Strich und Faden. Und ohne große Mühe. Alles tat ihm weh. Er blutete am Hals, dort, wo ihn das Messer erwischt hatte, und er spuckte Blut. Mühsam humpelte er zu seinem Pick-up und fuhr zurück zu Sunsets Zelt. Er hatte solche Schmerzen, dass er kaum die Kupplung bedienen konnte, und er sah alles nur verschwommen, weil ihm Tränen in den Augen standen. Er fühlte sich wie das letzte Arschloch in Gottes Schöpfung.
     
    Ungefähr um die Zeit, als Clyde in die Stadt hineinfuhr, machte sich Rooster auf den Weg zu Sunset. Er wollte ihr irgendwelche Lügen auftischen und versuchen, die Karten zurückzubekommen. Aber kurz bevor er dort angelangte, bog er, ohne dass er sich dessen so richtig bewusst gewesen wäre, nach links in einen schmalen Jagdpfad ab. Der Wagen holperte den Weg entlang und schreckte einen Schwarm Wachteln auf. Rooster fuhr, bis es nicht mehr weiter ging, und kam bei einer lichten Reihe durstiger Bäume zum Stehen, die entlang eines roten Lehmhügels wuchsen.
    Er stellte den Motor ab und schaute in den Spiegel. Unter dem Hut blickte ihm ein dünnes, langnasiges Gesicht entgegen, bleich wie ein Gespenst. Das Gesicht gefiel ihm nicht, und das nicht nur, weil es hässlich war, sondern weil es alle Merkmale eines Froschs hatte. Er betrachtete den Hügel und die Bäume und dachte, dass der Hügel höchstwahrscheinlich ein alter indianischer Grabhügel war. Jedenfalls sah er so aus. Daheim in Mineola hatte er beim Pflügen in solchen Hügeln Gefäße, Pfeilspitzen und Knochen gefunden.
    Er stieg aus, lehnte sich an den Wagen, dachte nach und lauschte. In der Ferne hörte er das einsame Pfeifen einer Lokomotive, und ihm wurde klar, dass hinter den Bäumen die Gleise verliefen. Er nahm seinen Waffengürtel ab, warf ihn durchs offene Fenster auf den Sitz, machte die Polizeimarke ab und legte sie daneben. Dann ging er den Hügel hinauf, unter den Bäumen hindurch, gelangte zu einem Kiesbett und dann zu den Schienen, die im Sonnenlicht und in der Hitze blauschwarz glitzerten. Er konnte hören, wie der Zug aus der Ferne langsam auf ihn zurumpelte. Er streckte einen Fuß aus, stellte ihn auf das Gleis und konnte den Zug in seinem Schuh spüren.
    Rooster wusste, dass der Zug in der Kurve abbremsen würde, weil ein Stück weiter oben ein Wassertank war, und dort würde er anhalten. An der Stelle sprangen immer die Hobos auf den Zug. Er sah sich um, ob er irgendwo einen entdecken konnte, aber da war keiner.
    Rooster blinzelte, blickte die Gleise entlang und dem Zug entgegen, der langsam angeschnauft kam und immer größer wurde. Er trat zurück unter die Bäume, und als der Zug in die Kurve einbog und abbremste, bis er schließlich nur noch dahinkroch, lief Rooster los. Ein Taubenpärchen, das in einem Busch saß, flog erschrocken auf. Er zuckte zusammen, rannte aber weiter, erreichte den Zug, schaffte

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