Kain
getan?«
»Nein.«
»Etwas Ungesetzliches?«
»Auch nicht.«
»Dann müssen wir es hinnehmen.«
Es war leider so. Wir änderten es nicht, und Kain konnte seine Show weiterhin aufziehen.
»Ihr wisst, was ich über das Böse gesagt habe. Hier ist das Kreuz, das ja nicht zum Bösen gehört. Es ist das Gute, das jedenfalls haben die Menschen gesagt. Es soll das Böse vertreiben, und ich bin gespannt, ob das auch so sein wird. Ich mag den Teufel. Aber ich habe auch das Kreuz, das Gegenstück.« Er riss seinen rechten Arm hoch. »Hier, ihr könnt es alle sehen.«
Ja, die Zuschauer sahen es. Sie klatschten Beifall, und sie johlten ihre Freude heraus.
Dass es uns nicht gefallen konnte, lag auf der Hand, und er hatte tatsächlich eine Unterstützung erhalten, denn plötzlich fing das Kreuz in seiner Hand an zu glühen.
Es brannte nicht, es glühte nur.
Es zeigte ein weißes Strahlen. Kain hatte seine Hand längst wieder sinken lassen und sie in Gürtelhöhe nach vorn gestreckt.
»Nun, seht ihr es? Seht ihr die kalte Glut, die das Kreuz erfasst hat? Die das sogenannte Gute überdeckt?« Er lachte gellend. »Jetzt wisst ihr, was ich gemeint habe. Nichts ist so, wie es scheint. Das Gute, das Böse, wo ist die Trennung?«
Das Kreuz glühte noch immer. Und Marc Sniper hatte seinen Spaß. Er rieb sich die freie Handfläche an seiner Mantelseite ab. Er ging hin und her, er schwenkte das Kreuz und machte es lächerlich. Er war der große Sieger. Oder fühlte sich so.
Dann blieb er wieder stehen.
»Schaut her. Schaut auf das Gute in meiner Hand. Ich werde es auslöschen!«
Was er damit gemeint hatte, bekamen wir wenig später zu sehen. Er ließ das Kreuz los, das seinen Weg nach unten fand, aber nicht als ein kompakter Gegenstand auf den Bühnenboden fiel, sondern auf dem Weg dorthin zu Staub wurde.
Der rieselte hinunter und blieb liegen, bis ein Windstoß kam und ihn wegwirbelte. Dabei riss Kain beide Arme hoch und schrie sein Publikum an.
»Wo ist das Gute, wo das Böse? Ist beides verbrannt? Müssen wir davon ausgehen oder ist eines in das andere übergegangen? Darüber sollten wir nachdenken, darüber hab auch ich nachgedacht und den Text einer neuen Ballade geschrieben, die ich euch gleich ans Herz legen möchte. Sie heißt ›Der Sieger‹.«
Er musste nichts mehr sagen, denn er wurde erneut von einem Beifallssturm unterbrochen.
Suko und ich waren nach wie vor passiv. Keiner wollte jetzt schon eingreifen. Wir hielten uns zurück. Unsere Zeit würde noch kommen, davon ging ich aus.
»Er macht es gut«, sagte Suko.
»Ja, leider.«
»Wir müssen uns was überlegen.«
»Nein, das nicht. Ich weiß, wie wir ihn in die Knie zwingen können. Lass ihm und ihnen erst mal den Triumph. Wenn sie etwas Bestimmtes erreicht haben, greifen wir ein.«
»Gut. Aber gib ihnen nicht zu viel Zeit.«
»Keine Sorge.«
Es begann das große Warten. Kain ging bis zum Rand der Bühne und stellte sich dort hin. Er hielt sein Mikrofon in der Hand, und hinter ihm nahm Liane ihre neue Position ein, und auch sie hielt ein Mikro in der rechten Hand.
»Sie ist meine neue Ballade, ich habe sie dem Teufel geweiht. Dem Bösen, der Hölle.« Er musste laut lachen. »Aber ihr seid vorbereitet. Ihr wisst jetzt, dass es die große Trennung zwischen Gut und Böse nicht gibt. Alles ist in Bewegung, alles fließt, alles mischt sich. Das ist ein Zeichen der Zeit …«
»Irrtum«, murmelte ich, »so einfach darf man sich es beileibe nicht machen.«
»Er schon.«
»Ja, und so gewinnt er auch die Massen. Ich denke, dass die Zuschauer auf dem Weg nach Hause anders über den Teufel und auch das Böse denken.«
»Könnte man so sehen.« Suko lächelte. »Letztendlich sind wir auch noch da und können ihnen zeigen, was es mit dem Teufel auf sich hat. Dann denken sie anders darüber.«
»Das hatte ich auch vor.«
»Dann müssen wir deren Stellen einnehmen.«
Ich grinste Suko an. »Das werden wir auch.«
Und Kain machte weiter. Er ging wieder zurück und blieb neben der Sängerin stehen.
»Es wird ein Duett werden. Ein Mann und eine Frau werden dem Teufel huldigen. Sie werden das Böse umkehren, damit es nur ihnen zugute kommt. Und das wird der Fall sein.« Er hob den rechten Arm in die Höhe und schnippte mit den Fingern.
Das war nicht das Zeichen für ihn, sondern für die Musiker. Zwei, die Gitarre spielten, rissen ihre Instrumente in die Höhe und spielten eine Melodie oder einen Sound, der nicht von ihnen stammte, sondern von dem längst
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