Kain
der andere, Nein, der Herr, Welcher Herr, Der Herrgott. Der Mann brach in schallendes Gelächter aus, und die anderen, auch der untreue Sklave, lachten fröhlich mit. Alle, die lachen, werden weinen, sagte Kain, und zum Anführer der Gruppe gewandt, fragte er, Hast du Familie, Wozu willst du das wissen, Hast du Kinder, eine Frau, leben Vater und Mutter noch, andere Verwandte, Ja, aber, Wenn sie gestraft werden sollen, brauchst du mich nicht dafür zu töten, unterbrach ihn Kain, das Schwert, das du in der Hand hältst, hat sie schon gestraft, beim Wort des Herrn, Glaub nicht, mit diesen Lügen könntest du deine Haut retten, schrie der Mann und trat mit gezücktem Schwert näher. Im selben Augenblick verwandelte sich die Waffe in eine Schlange, und vor Entsetzen schaudernd schüttelte der Mann sie sich aus der Hand. Da hast du es, sagte Kain, du hast eine Schlange gespürt, aber es war ein Schwert. Er bückte sich und griff nach der Waffe, Ich könnte dich jetzt sofort töten, denn niemand käme dir zu Hilfe, sagte er, deine Gefährten sind geflohen, desgleichen der Verräter, der mich begleitet hat, Vergib mir, flehte der Mann und fiel auf die Knie, Nur der Herr könnte dir vergeben, wenn dies sein Wille wäre, ich nicht, geh jetzt, zu Hause erwartet dich der Lohn für deine Niedertracht. Weinend, mit gesenktem Kopf, ging der Mann davon, raufte sich die Haare, bereute tausendfach, den Beruf des Wegelagerers in der Variante Mörder gewählt zu haben. Auf demselben Weg, den er beim ersten Mal gegangen war, kehrte Kain in die Stadt zurück. Als er um eine Ecke bog, traf er, so wie damals, auf den Alten mit den beiden Schafen an einem Strick. Du hat dich sehr verändert, du siehst gar nicht mehr wie der von Abend her kommende Vagabund aus und auch nicht wie ein Lehmstampfer, sagte er, Ich bin ein Türhüter, antwortete Kain und setzte seinen Weg fort, Türhüter vor welcher Tür, fragte der Alte, was spöttisch klingen sollte, aber verächtlich klang, Wenn du es weißt, spar dir das Fragen, Mir fehlen die Einzelheiten, die Würze steckt in den Einzelheiten, Häng dich mit ihnen auf, einen Strick hast du ja schon, setzte Kain nach, das wäre das Beste, um dich nicht wiederzusehen. Der Alte rief noch, Du wirst mich bis ans Ende deiner Tage sehen, Meine Tage werden kein Ende haben, erwiderte Kain, schon weit weg, pass du unterdessen auf, dass deine Schafe den Strick nicht fressen, Dazu bin ich hier, aber sie haben nichts anderes im Kopf.
Lilith befand sich nicht in ihrem Schlafgemach, bestimmt lag sie, wie üblich nackt, auf der Terrasse und sonnte sich. Auf seinem einzigen Hocker sitzend, zog Kain Bilanz, überdachte, was geschehen war. Es war offenkundig, dass der Sklave ihn gezielt auf den Weg geführt hatte, wo die Banditen lauerten, folglich musste jemand den Plan ausgeheckt haben, um seinem Leben ein Ende zu machen. Unschwer zu erraten, wer es sein konnte, den wir heute als geistigen Urheber des vereitelten Anschlags bezeichnen würden. Noah, sagte Kain, er war es, niemandem sonst im Palast oder in der Stadt wäre daran gelegen, dass ich verschwinde. In diesem Augenblick trat Lilith in das Vorzimmer. Dein Spaziergang hat nicht lange gedauert, sagte sie. Ein dünner Schweißfilm ließ die Haut auf ihren Schultern glänzen, sie war appetitlich wie ein reifer Granatapfel, wie eine überreife Feige, aus der schon die ersten Safttropfen quellen. Kain schoss kurz der Gedanke durch den Kopf, sie zum Bett zu ziehen, doch nahm er davon Abstand, in diesem Moment gab es ernste Dinge zu besprechen, später vielleicht. Man hat versucht, mich zu töten, sagte er, Dich zu töten, wer, fragte Lilith erschrocken, Der Sklave, den du mir mitgegeben hast, und eigens angeheuerte Banditen, Was ist passiert, erzähl, Der Sklave hat mich auf einen Weg außerhalb der Stadt geführt, da haben sie mich überfallen, Haben sie dir wehgetan, dich verletzt, Nein, Wie hast du es geschafft, sie loszuwerden, fragte Lilith, Mich kann man nicht töten, sagte Kain gelassen, Dann bist du der einzige Mensch auf der Welt, der das glaubt, Es stimmt. Schweigen trat ein, Kain brach es, Ich heiße nicht Abel, sagte er, mein Name ist Kain, Der gefällt mir besser als der andere, sagte Lilith, bemüht, einen lockeren Ton beizubehalten, ein Ansinnen, das Kain jedoch im nächsten Augenblick zunichtemachte, Abel hieß mein Bruder, und ich habe ihn getötet, weil der Herr mich zu seinen Gunsten übergangen hat, ich habe seinen Namen angenommen, um zu verbergen, wer
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