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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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entschlossen hatte, ein Noviziat anzutreten, für die Frauen seiner Vergangenheit verstorben war.
    Sie sprang vom Pferd und sicherte sorgsam die Zügel am Sattelgurt. »Ihr wartet«, gebot sie dem Pferd und dem namenlosen Hund. Dann trat sie vor die Tür, nahm den Klopfer und ließ ihn geradezu verzagt und alles andere als laut aufs Holz prallen.
    Die schwere Tür wurde so blitzschnell aufgezogen, dass Amicia nach vorn taumelte. Der Mann, der dahinterstand, fing sie, ehe sie stürzte. Es war nicht Bruder Benedict.
    »Du hast dir Zeit gelassen«, sagte Randulph. »Ich hatte dich vor mehr als einer Stunde erwartet.«
    »Ist es zu spät?«, rief Amicia atemlos.
    Randulph kratzte sich auf dem Kopf. »Jetzt hol erst einmal Luft und beruhige dich«, sagte er. »Das Haar scheren wir ihm erst nach einem Jahr, und im Übrigen wachsen Haare ja auch nach, wie der Herr de Stratton uns stets aufs Neue bewiesen hat. Ich erwähne das nur, um ihm meinen Respekt zu zollen. Vermutlich hat er in seinem ganzen Leben sonst nichts getan, das Respekt verdiente, aber für gestern Nacht steht er ihm zu.«
    »Woher wisst Ihr es?«, fragte Amicia. »Von Matthew?«
    »Matthew übt sich im Schweigen.« Dass Abt Randulph grinsen konnte, überraschte Amicia. »Ich weiß es von Isabel, die wie üblich sofort anschließend hier auftauchte und mich anflehte, ihr zu helfen. Es ist erstaunlich, wie viele Leute einen Mann für allmächtig halten, nur weil er einem Kloster vorsteht.«
    »Ihr könnt ihm nicht helfen?«
    »Ich kann für ihn beten«, erwiderte Randulph schlicht. »Sei gewiss – würde er anderes von mir wollen, dann würde Adam de Stratton einen Weg finden, es mich wissen zu lassen.«
    Amicia schämte sich, Randulph zu drängen, aber sie konnte vor Sorge die Beine nicht still halten. »Bitte betet auch für mich«, platzte sie heraus. »Und bitte – darf ich Matthew sprechen?«
    Er legte sich einen Finger ans Auge und zog das Unterlid hinunter, als wollte er sie genauer betrachten. »Jetzt bist du dir also sicher? Du weißt, dass es das ist, was du willst?«
    Sie konnte nur nicken. Für die Sicherheit, die sie empfand, gab es kein Wort.
    Randulph brummte. »Eigentlich hatte ich diesem Menschen angedroht, ihm nach Strich und Faden die Leviten zu lesen. Aber vielleicht sollte ich das dir übertragen? Kannst du es mitleidloser als ich?«
    Amicia schüttelte den Kopf. »Jedenfalls nicht heute. Im Augenblick will ich nichts als ihn in die Arme nehmen und halten, mein Vater. Und ihm sagen, dass ich alles das, was zerbrochen ist, irgendwie mit ihm zusammen heilen will.«
    Randulph verzog den Mund. »Bei einem gelehrigen Kerl mag das genügen. Und wenn nicht, kannst du ihn hier wieder abgeben – es ist beileibe nicht die schlechteste Wahl, die ein Mann für sein Leben treffen kann, und wir hätten einen ziemlich ordentlichen Zisterzienser aus ihm gemacht.«
    »Und ob!«, rief Amicia. »Aber ich brauche ihn bei mir. Und ich glaube, er braucht mich bei sich.«
    »Dann sage ich also dem jungen Mann, dass seine Schwester am Tor ist und sich von ihm verabschieden will.«
    »Er hat doch überhaupt keine Schwester!«
    »Nun ja.« Noch einmal zupfte Randulph sich am Unterlid. »Er ist aber durchaus nicht der erste Novize dieser Abtei, der keine Schwester hatte. Und auch nicht der erste, der nicht mehr wiederkam, nachdem die Schwester da war.«
    Sie hatte sich eine Flut von Worten zurechtgelegt, die sie ihm sagen wollte, und sie alle wieder verworfen. Als sie ihn wie bei ihrer ersten Begegnung aus dem Tor treten sah, ihren großen, schönen, todmüden Mann, hätte nur noch eines gepasst, und für das war es zu früh. Der sonst so gehorsame Hund war diesmal nicht zu halten, sprang mit wedelnder Rute auf ihn zu und leckte ihm die Hände. Amicia sah, wie er mit sich kämpfte. Er wollte, dass das Tier sich an einen anderen gewöhnte, und vermochte doch nicht, es zurückzuweisen. Sie legte den Kopf zurück, spitzte die Lippen und sang das Lied der Amsel. Sah dabei zu, wie er innehielt und nicht anders konnte, als zu lauschen.
    Als sie fertig war, blieb er eine Zeit lang stehen und spürte den Tönen nach. Dann hob er den Kopf. »Wo ist Vyves?«
    »Auf dem Meer.«
    Matthew seufzte. »Das hättest du nicht tun sollen«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie ihr beide euren Glauben hättet ausüben können, aber ein Mädchen, das von einem solchen Mann geliebt wird, kann sich glücklich schätzen. Und ein Volk, das sich solcher Männer beraubt, wird irgendwann

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