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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Objekt durchstößt die Heliosphäre, den Systemrand. Weit weg, klein, hell wie die Flamme eines Schweißbrenners, blinkt ein gelber Stern. Ihn umrunden Gesteinstrümmer, Eisbrocken, Planeten.
    Das Objekt reist sonnenwärts. Das entartete seiner Umwelt betont seine Größe. Seine Grenzen sind verzerrt durch einen blauen und roten Lichtstreifen.
    Die Fremden sehen den Fleck nahe Sol.
    Ihr Fundus über dieses System ist detailliert.
    Von dort, im chaotischen Chor, erklingen sich überlagernde Impulse: Funksprüche, Laserbotschaften, Mikrowellen, Holo-, Pad- und Radarsignale, Radioshows, Flugbahntelemetrie...
    Die Fremden lauschen.
    Das Bremsmanöver geht weiter. Der Pilz bewegt sich jetzt mit einer relativistischen Geschwindigkeit von 95 Prozent
c
. Der Tunneleffekt nach vorne und hinten hört auf. Die Reflexionsstrahlen der Sonne lassen seine Hülle schimmern.
    An Bord setzt Aktivität ein.
    Die Sonnenscheibe schillert, als das Schiff eine dünne Wolke durchdringt...
    ... und einen roten Wüstenplaneten passiert.
    Auf dem Mars liegt
Pioneer Red
im Sternenlicht. Der Himmel ist hell genug, daß man etwas erkennen kann.
    Die vorfabrizierten Stationstanks bergen reinen Sauerstoff. Ein Blitz, lautlos im Vakuum. Er rast im weiten Bogen aus der Finsternis heran. Innerhalb eines Lidschlages sind die Ventile an den Tankunterseiten zerstört. Sich explosiv ausbreitender Sauerstoff rast an glühenden Bauteilen in die Marsnacht. Langsam kippt die Antennenkonfiguration und stürzt in den Sand. Dann stürzt die Station in einen Feuerball; die Druckwelle peitscht über die Ebene. Immer höher steigt die Feuersäule – und kollabiert. Glimmende Trümmer regnen auf die Sandfelder und verlöschen. Lautlos schwebt der Eindringling weiter.
    Die
United
: ein plastisches, zart anmutendes Gefüge, einseitig vom Mond beschienen. Die Wohnsegmente sind an Kabelsträngen mit der Speiche verbunden. An den Polen dreht sich der Tubus mit den Frachtcontainern. Wieder ein Lichtblitz im Dunklen. Er durchschlägt die Hauptachse. Hinter den Beobachtungsfenstern aus synthetischem Diamantglas donnern Explosionen. Das Stationsinnere füllt sich mit Feuer. Verbindungsknoten zwischen den Modulen brechen. Es zerreißt den Labortrakt. Man sieht, wie Splitter der Sichtluken in die
United
schweben, dann die Richtung ändern und als Vorhut der Stationsatmosphäre ins All rasen.
    Über dem Horizont blüht ein Explosionsball, der rasch verblaßt...
    ... und die
United
ist nicht mehr da, nur noch eine expandierende, ionisierte Schuttwolke, die durchs Vakuum treibt und eine riesige Silhouette am Himmel über der Erde. Sie postiert sich über der Terminatorlinie zwischen Tag- und Nachtseite.
    Verlangsamen auf dreiviertel
c
, ein halbes, ein viertel, ein hundertstel. Eindringen und Bremsen, nur auf Eliminierung erpicht...
    Es gibt keine Positionslichter. Bis eben war das Schiff praktisch unsichtbar. Jetzt leuchten alle Sektionen auf einmal auf. Die Oberfläche ist zerklüftet. Dunkle Auswüchse, Würfel und Kappen.
    Ein Stiel fährt aus dem Pilz. Er entfaltet sich Schale um Schale wie ein gigantisches Blütenblatt. An der Unterseite hängen zahllose unförmige Gebilde an dicken Vorsprüngen, die sie mit mechanischen Wülsten lippenartig umfassen. Sie lösen sich von ihren Halterungen und fallen zur Erde. Sie sind überall. Kommen näher an ihre Beute.
    Die Invasoren bereiten sich vor; ihre Kriegsmaschinen messen methodisch. Die Erdbewohner ahnen nicht, wie sehr die Shumgona danach gieren, den Terramenschen zu schlagen, diesen laut ihrem Rassengedächtnis uralten, geächteten Feind...
    Uns.

Teil Zwei
Tod & Erlösung
    Also, hier gibt’s keinen Refrain zum Singen
    Und keine Kapelle die hier spielt;
    Und lieber wär ich tot, statt zu tun was ich getan
    Oder sehn was ich gesehn hab’ an dem Tag!
    Wie die Front zusammenklappt –
    Aber, Jesus, auf der Flucht
    werd´n wir wie Schafe massakriert,
    das ist alles, was wir schließlich davon hatten.
    R. Kippling

30
    ›Rampart‹ durchflog in einer moderaten Geschwindigkeit den Luftraum nördlich der Shetland-Inseln.
    „Bombardier, HEGs scharfmachen“, sagte die Pilotin.
    „Roger, Lead.“
    HEGs waren radargestützte Hochenergiegeschosse mit Sprengköpfen samt Aufschlagszündern und Brennbooster. ›Bombardier‹ meinte den WSO – Feuerleitoffizier – Major John ›Bronco‹ Aves, und ›Rampart‹ Staffelführerin Ramira Shatz.
    Die ihren Jet soeben in eine Steuerbordschleuderkurve trieb. Ihr Verfolger verpaßte das

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