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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Eiko Sakaguchi, an dich und an das Gleichgewicht im Universum. Verinnerliche es, daß die Dinge einen Hang zum Ausgleich haben,
alle
Dinge, und dann findest du das Paradies des Reinen Landes. Was dir auch begegnen mag, es trägt die schöpferische Allseele. Alles, was du siehst, ist Ausspruch seiner Größe. Jedes Sandkorn, jede Knospe und jeder Wassertropfen. Und alles, was du erfährst, wird Erleuchtung sein – alles. Eiko Sakaguchi, die Buddhanatur in dir wird wirken.
    „Danke,
Kannushi
Tsubokawa.
    „
Tendai
, junge Kriegerin. Und nun öffne dich dem Versinken.“
    So tief und achtsam atmend, wie sie konnte, fühlte Eiko Leben, Hoffnung sie durchströmen wie Quellwasser Felsgestein. Das Wissen, daß sie nun bereiter war als je zuvor, ließ sie zuversichtlicher in die Zukunft blicken. „
Arigato
.“
    Der Priester verneigte sich.
„Do-itashi-mashite“
, sagte er.
„Oyasumi-nasai.“
– Bitte, und gute Nacht.
    Es ist wie in diesem Hopi-Mythos
, dachte sie viel später, in ihrem Hotelzimmer, beim Einschlafen
. Die Erdgeschichte ist eine Folge aus Schöpfung und Verfall.
    Tokpela, die Erste Welt, birgt das Glück. Der Mensch ist demGroßen Geheimnis nah. Er achtet Taiowa. Ein Vogel sagt ihm, daß er höher stehe, als die Anderen. Der Mensch lebt ohne Demut. Der Schöpfer zerstört die Welt mit Feuer.
    Tokpa, die Zweite Welt. Der Mensch lebt im Reichtum. Die Tiere zweifeln an ihm und leben abseits. Gier verdirbt den Mensch. Taiowa läßt die Welt durch Kälte sterben.
    Die Dritte Welt ist Kuz-Kuzra. Der Mensch bevölkert die ganze Erde. Er baut Städte und fliegt durch die Luft. Er erliegt der Verheißung der Macht. Eine Sintflut zerstört Kuz-Kuzra.
    Immer überleben einige Auserwählte und gründen eine neue Welt. Unser Zeitalter ist für die Hopi die Vierte Welt. Hopi-Legenden verkünden die Ankunft des Wahren Weißen Mannes...
    Wer? Galdea? Die Som´ai? Die Shumgona?
    Eiko schloß die Augen. Das Licht zauberte pulsende Punkte, Spiralen und Formen auf ihre Netzhaut.
    Es geht um die Bindung zwischen Mensch und dem Unendlichen Geist, die Fünfte Welt...
    Sie durchdachte das immer wieder. Dann kam der Schlaf.
    Der Flugzeugsessel paßte sich ihrem Körper an. Eiko schlang sich eine Flanelldecke um die Beine.
    Erst hatte sie lustlos in einem Hochglanzmagazin geblättert, dann abwesend aus dem Fenster geblickt. Niedrige Häuser mit geschwungenen Dächern zogen vorbei und wurden rasch kleiner. Nippon blieb zurück. Ihre Heimat tat es. Die Sonne blendete, doch wollte sie nicht, daß das Prismaglas der Fenster sich automatisch abdunkelte. Sie wollte die Erde unter sich sehen.
    Eiko überlegte ruhelos. Bald würden die Erwählten die
Gaia
betreten und in das Unbekannte reisen – und das Unbekannte in sich mitnehmen. Eikos Gedanken fanden Alain. Er hatte ihr erzählt, er würde zu seiner Exfrau fahren, um ihr und seiner Tochter Lebwohl zu sagen. Er würde niemandem sagen dürfen, daß er fortging. Plötzlich, Eiko saß tief in ihrem Sitz, die Maschine durchflog eine Wolkenbank, war Alain bei ihr. Sie konnte sehen und fühlen, was er sah und fühlte. Eiko riß die Augen auf. Es war wie ein unglaublich intensiver Traum. Aber es war echt.
    Der JAL-Jetliner stieg höher. Eiko sah die Erdkrümmung. Das Bild der
Gaia
stieg vor ihr auf, ein Eindruck, dessen Glanz und Glorie ihr direkt ins Herz schienen. Eiko empfing Bilder aus dem Leben anderer Wesen. Es war, als läge ein hochauflösendes Overlay über ihrem Sehfeld. Und sie sah … die Leben vielerGeschöpfe…
    Sie kannte die Namen aller. Sie sah...
    „Alain.“ Wispernd.
    Vor ihm Lynette; Madeleine schläft, ihr Haar ein schwarzer Seestern um ihren Kopf; gesegnet vom Absoluten träumt sie, sie jagt auf einer Sommerwiese Schmetterlinge; Alain küßt ihre Stirn; sie duftet nach frischem Brot; sie murmelt etwas; Alain begreift: dies Tasten in seinem Leben endet jetzt; er weiß nicht wie noch warum; es macht Neuem platz; dennoch hat er Angst, aber er steht auf, lächelt, weint, geht, um bei ein paar Drinks seinem alten Leben Auf Wiedersehen zu sagen –
    – Doria sitzt an einem Strand; die Sterne lassen das Meer leuchten; um sie her Schatten; der Sand zerfließt in ihren Händen, als sie aufs Wasser blickt, in die entschwindenden Gesichter, die sie anfleht zu bleiben und deren letzte Spuren sich ihr ins blutende Herz ritzen; über ihr die Galaxis, dieser Lichtschwarm; sie springt auf, ganz Jubel, faltet den Augenblick und rennt los; die Anstrengung läßt ihre Lungen

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