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Kaiserhof Strasse 12

Kaiserhof Strasse 12

Titel: Kaiserhof Strasse 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Senger
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selbst bezeichnete sich mit einem naiven Stolz als Schriftsteller und Schriftsetzer -, nannten sie ihn einen Parasiten der Volksgemeinschaft, schafften ihn eines Tages in ein Konzentrationslager und brachten ihn dort um.
    Das böse Tier, das ich im Traum in der Menschenmenge entdeckt habe, mit der gleichen Baskenmütze auf dem Kopf wie sie Karlchen Waßmann trug, scheint mich zu verfolgen. Komisch ist nur, daß keiner der vielen Menschen auf der Straße sich an ihm stört, obwohl es doch so groß ist und so auffallend aussieht. Ich versuche, schneller zu gehen, aber es tappt schwerfällig hinter mir her, der Abstand bleibt gleich. Ich bin nicht imstande, mich zu beeilen, meine Beine sind wie gelähmt, nur mit einem gewaltigen Kraftaufwand kann ich ein Bein vor das andere setzen, es ist, als ob man in einem Fluß gegen die Strömung geht. Immer wieder schaue ich mich ängstlich um, das Tier scheint es nicht eilig zu haben, es kommt nicht näher, aber entfliehen kann ich ihm auch nicht. Ich weiß, daß es unfähig ist, schneller zu laufen, aber da ist ja noch sein Rüssel. Wenn es will, kann es mich jederzeit mit seinem langen Rüssel erreichen. Und davor habe ich schreckliche Angst. In dem Moment, in dem ich mich langsam und verzweifelt am Obst-Weinschrod vorbeiquäle, fällt eine Apfelsinenkiste um. Vielleicht habe ich sie umgestoßen, um für meinen Verfolger den Weg zu blockieren, ich weiß es nicht mehr so genau. Jedenfalls gewinne ich dadurch einen kleinen Vorsprung, denn das Tier hebt mit seinem Rüssel erst alle Apfelsinen von der Straße auf und schiebt sie sich ins Maul, bevor es weitertappt. Trotzdem komme ich nicht aus der Reichweite des gefährlichen Rüssels. Aber jetzt habe ich endlich die Eingangstür zum Milchladen erreicht, und es gelingt mir auch, in den Laden hineinzukommen und die Tür hinter mir zu schließen.
    Ich bin in Sicherheit, denn ich weiß, hier darf es nicht rein, es muß also vorbeilaufen, und ich bin gerettet. An der Theke stehen noch einige Frauen, die vor mir bedient werden müssen. Das ist gut so, denn dann kann ich länger im Laden bleiben. Immer wieder schaue ich durch das Ladenfenster auf die Straße hinaus und warte darauf, daß mein Verfolger endlich vorbeigeht. Er kommt und kommt nicht. Und nun geschieht etwas Ungewöhnliches: der Milchmann nimmt mir die Kanne ab und füllt sie, obwohl ich noch gar nicht an der Reihe bin. Ich muß also jetzt den Laden verlassen. Ich öffne die Tür, die ungefähr einen Meter von der Straße zurückgesetzt ist.
    Genau in dem Augenblick, in dem ich die Ladentür hinter mir schließe, kommt mein Verfolger mit der Baskenmütze vorbei. Entsetzt bleibe ich in der Nische zwischen Tür und Straße stehen und presse mich an die Wand. Vielleicht entdeckt mich das Tier nicht. Und tatsächlich, es tappt vorbei, den Rüssel weit vorausgestreckt. Schon will ich erleichtert aufatmen, als das Tier genau vor der Nische stehenbleibt. Ich bin in der Falle. Zurück kann ich nicht mehr, denn die Ladentür geht nach außen auf. Ganz langsam dreht das Tier den Kopf herum, hebt seinen Rüssel hoch und stößt ihn direkt auf mich zu. Ich schreie auf und erwache von meinem eigenen Schreien, das aber mehr ein Stöhnen ist. Ich bin schweißgebadet und kann lange nicht wieder einschlafen.
    Bei den späteren Wiederholungen dieses Traumes passierte es, daß ich in dem Augenblick, da ich in der Falle sitze, weiß, daß ich träume, und bevor das Tier seinen Rüssel auf mich niederstoßen kann, reibe ich mir schnell die Augen, damit ich aufwache. Und es gelingt mir, ich erwache und habe auf diese Weise das Tier überlistet, zumindest bin ich ihm noch einmal entkommen.
    Und noch ein zweiter, sich oft wiederholender Traum tauchte in meiner Erinnerung auf: Ich gehe im Strom vieler Menschen eine Straße entlang. Es ist immer die gleiche Straße, das Stück Kaiserstraße zwischen Frankfurter Hof und Salzhaus, und immer gehe ich in Richtung Salzhaus. Auf einmal entdecke ich, daß ich splitternackt bin.
    Ich schaue mich um, ob es die anderen Passanten auch schon gemerkt haben. Einige bleiben stehen und schauen mich an, deuten auf mich und lachen. Ich versuche, mit beiden Händen meinen Penis zu verdecken, aber irgendwo schaut immer ein Stückchen heraus, einer zieht mir die Hände weg, und ich merke, daß mein Penis erigiert, das ist das Allerschlimmste, und die Leute ringsum lachen noch lauter.
    Jetzt sehe ich, daß ich meine Hose über dem Arm hängen habe. Schnell will ich sie

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