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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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setzte. Gegen jedes Protokoll löste Kaacksteen sich von der Gruppe seiner Amtskollegen, die bereits die Treppe hinaufschritten, und ging rasch hinüber zu den drei Männern.
    »Was geht hier vor?«, fragte er den Feldwebel streng.
    »Herr Senator, dieser Oberst behauptete, eine Botschaft für den Herrn Feldmarschall zu haben, und versuchte, ohne Genehmigung …«, antwortete der Feldgendarm, doch Kaacksteen ließ ihn gar nicht erst ausreden.
    »Was fällt Ihnen überhaupt ein, einen Offizier auch nur anzufassen?« , fuhr er den Feldwebel zornig an. »Und sind Sie denn blind? Sehen Sie etwa nicht, dass der Oberst ein preußischer Stabsoffizier ist? Er wird seine Gründe haben, wenn er zu Feldmarschall Rommel will! Lassen Sie ihn durch!«
    Kleinlaut machte der Feldwebel einen Versuch zu widersprechen: »Herr Senator, ich habe ausdrücklichen Befehl …«
    »Und ich befehle Ihnen, den Oberst unverzüglich passieren zu lassen, oder haben Sie mich nicht verstanden?« Christian Kaacksteens Stimme wurde gefährlich schneidend.
    Der Feldgendarm wusste nicht, was er tun sollte. Einerseits waren seine Befehle eindeutig. Andererseits hatten Lübecker Senatoren offiziersähnliche Vollmachten gegenüber den Soldaten des in der Hansestadt stationierten preußischen Regiments. War Senator Kaacksteen also befugt, Ausnahmen von den bestehenden Anordnungen auszusprechen?
    Schließlich ließ der Feldwebel den Oberst los und sagte: »Jawohl, Herr Senator. Ich bitte Herrn Oberst aufrichtig um Verzeihung, ich habe nur meine Befehle befolgt.«
    Rabenacker atmete tief durch. »Sie ahnen gar nicht, wie sehr ich Ihnen zu Dank verpflichtet bin, Herr Senator. Aber jetzt muss ich wirklich schnellstens zum Feldmarschall.«
    »Oh, nichts zu danken«, entgegnete Kaacksteen. »Das war doch Ehrensache gegenüber einem Offizierskameraden. Bitte kommen Sie mit, ich begleite Sie auf die Tribüne.«
      
    Der Scharfschütze löste die Sicherung des Gewehrs und blickte durch das Zielfernrohr. Gerade nahm der Kaiser seinen Platz am vorderen Rand der Tribüne ein, die anderen Gäste hatten sich erhoben und stimmten zusammen mit der versammelten Menge die Kaiserhymne Heil Dir im Siegerkranz an. Es war die perfekte Gelegenheit für einen sauberen Schuss. Doch noch war der Zeitpunkt nicht gekommen. Der Schütze hatte von Major Sonnenbühl den Befehl erhalten, die tödliche Kugel erst abzufeuern, wenn sich die tief fliegende Kronprinzessin Sophie Viktoria fast über dem Hanseplatz befand. Und daran gab es nichts zu rütteln, so verlockend es auch gewesen wäre, jetzt schon den Abzug zu drücken.
    Der Schütze sah vom Zielfernrohr auf und blickte nach links. Der tief unter dem Himmel dahingleitende Luftkreuzer war nicht mehr weit entfernt und kam rasch näher. Noch fünfzehn, höchstens zwanzig Sekunden, dann war es endlich so weit. Aber er musste sich schon jetzt konzentrieren. Er durfte sich, wenn der Moment endlich da war, durch nichts irritieren lassen. Nicht durch einen weiteren schwachsinnigen, donnernden Böllerschuss wie den, der kurz zuvor irgendwo tief unten beim Festzug abgefeuert worden war. Auch nicht durch das dumpfe Brummen der Luftschiffmotoren. Und schon gar nicht durch die hastenden Schritte auf der Stahltreppe im Turm, die durch den Schacht heraufdröhnten; es musste einer seiner beiden Kameraden sein, denn sonst konnte ja keiner in die Kirche gelangen. Was er wollte, war dem Scharfschützen jedoch gleich. Er konnte es sich nicht leisten, jetzt Gedanken an Nebensächlichkeiten zu vergeuden.
    Er legte die Lee-Enfield Empress zum Schuss an. Die Kronprinzessin kam näher und näher. Gleich würde er schießen können; gleich, sobald die letzten Töne der Kaiserhymne verklangen.
      
    Heil Dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands …
    Er verbarg es gut, aber Oberstleutnant Ströter war sehr verärgert. Von der Tribüne aus beobachtete er, wie die Kronprinzessin Sophie Viktoria sich von Süden her dem Hanseplatz näherte, in sicher nicht einmal vierhundertfünfzig Metern Höhe und dazu noch im steilen Sinkflug mit tief nach unten gesenkter Spitze, als wollte sie sich gleich in den Grund bohren. Sollte das etwa wieder einer jener respektlosen Scherze sein, für die seine Offizierskadetten berüchtigt waren? Oder wollte sich Hauptmann Francke auf diese Weise Genugtuung dafür verschaffen, dass er und sein Schiff nicht an der Kaisertagsparade teilnehmen durften? Was auch dahintersteckte, Ströter wollte es nicht ungestraft durchgehen lassen. Er

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