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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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zwar hurtig!«
    Sie liefen los, und Bülow, der wegen eines gebrochenen Daumens nie eine Kaserne von innen gesehen hatte, konnte sich nicht entscheiden, worüber er mehr staunen sollte: über seine verborgenen schauspielerischen Talente oder über die Leichtigkeit, mit der er sich eine kleine Streitmacht verschafft hatte.
      
    Raubvögeln gleich stürzten sich die Jagdflugzeuge auf die Kronprinzessin Sophie Viktoria . Ihre Maschinenkanonen ratterten grimmig und spuckten einen endlos scheinenden Hagel von Geschossen aus; erst Bleikugeln, die durch die Hülle drangen und die Gaszellen durchlöcherten, dann mit Phosphor gefüllte Brandmunition. Die Flugzeuge nahmen sich neben dem riesenhaften Leib des Luftschiffes winzig aus, doch sie verwundeten es tödlich. An hundert Stellen fing die Außenhaut Feuer. Die Flammen breiteten sich nach allen Seiten aus, färbten erst den silbernen Lack schwarz, bis er flüssig wie kochender Teer wurde und Blasen warf; dann fraßen sie gierig das Leinengewebe auf und ließen nur die glühenden Spanndrähte zurück. Nichts konnte die Sophie Viktoria mehr vor ihrem Schicksal bewahren.
    Maximilian Sonnenbühl sah durch die Fenster des Steuerstandes in der Heckflosse den Boden auf sich zukommen, schneller und schneller. In seinen Ohren dröhnte das Hämmern der Maschinenkanonen. Er drehte ziellos an den beiden Steuerrädern und stieß dabei ein wirres, hysterisches Lachen aus.
    Als gewaltige Fackel stürzte die Kronprinzessin Sophie Viktoria in die Vorwerker Wiesen. Ihr Bug bohrte sich in den Grund und zog eine tiefe Furche in das dunkle Erdreich, während der brennende Rumpf laut ächzte. Das Heck bäumte sich noch ein letztes Mal auf, dann schrie und kreischte das metallene Skelett wie ein titanisches Urwelttier im Todeskampf, bevor es zerbarst.
    Der Lärm brechender Träger und platzender Stahldrähte vermengte sich zu einem einzigen grässlichen, alles übertönenden Brüllen. Der zertrümmerte Körper des Luftkreuzers fiel in sich zusammen, eine sonnenhelle Wolke von Funken stieg auf. Von der heißen Luft emporgewirbelt, schwebten glimmende Fetzen der Hülle in die Höhe, erloschen bald und sanken als verkohlte Fragmente weitab des ausglühenden Wracks sanft nieder auf Bäume, Felder und Dächer.
      
    Victor von Bülows schlimme Befürchtungen erfüllten sich nicht. Niemand versuchte, Friedrich Prieß etwas anzutun. Die etwa hundert Personen, die sich versammelt hatten, starrten nur neugierig und staunend hinauf zu dem seltsamen Offizier, dessen Fallschirm sich in der Krone einer alten Eiche in den Wallanlagen verfangen hatte und der deshalb nun sechs Meter über dem Erdboden hing.
    »Wie geht es Ihnen?«, rief Bülow ihm zu.
    »Gar nicht gut«, antwortete Prieß, dessen Gesicht blassgrün schillerte. »Holen Sie mich um Himmels willen schnellstens hier runter!«
    Bülow wedelte in einer beruhigend gemeinten Geste mit den Armen. »Bitte gedulden Sie sich noch ein wenig. Ich habe schon jemanden losgeschickt, der eine Leiter besorgt. Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie einfach, wo Sie sind.«
    »Brillanter Ratschlag«, brummte Friedrich Prieß gequält. Die Äste über seinem Kopf knackten beunruhigend, sein Magen rebellierte, und überhaupt fühlte er sich sterbenselend.
    Da kam Alexandra den Hang hinaufgelaufen, und die Menschen unterhalb der Eiche gaben eilig eine Gasse für die Polizeipräsidentin frei.
    »Fritz!«, rief sie erleichtert. »Bist du in Ordnung? Hast du dich verletzt?«
    »Na ja, ich lebe noch … halt nur nicht mehr lange, wenn ich hier nicht bald runterkomme«, sagte der Detektiv mit einem verkniffenen Lächeln. »Aber jetzt frage ich dich noch mal, vor allen Leuten: Willst du mich wirklich heiraten?«
    »Welche Frau könnte einen Heiratsantrag von einem waschechten Helden ausschlagen?«, lachte Alexandra.
    Prieß atmete sichtlich auf, und seine Züge entspannten sich ein wenig. Doch die Liebeserklärung, die ihm auf der Zunge lag, brachte er trotzdem nicht mehr heraus, weil die Übelkeit nun doch die Oberhand gewann.
    * * *
     
    Noch während sich wilde Gerüchte über die Geschehnisse in Lübeck wie ein Lauffeuer ausbreiteten und alle Rundfunksender dem entgegenzuwirken versuchten, indem sie verkündeten, der Kaiser sei wohlauf und werde am späten Nachmittag zu seinen Untertanen sprechen, wurden alle Räder in Bewegung gesetzt, um den Puppenspielern und ihren Plänen endgültig den Garaus zu machen. Und dass nun alle Befehle dazu vom Kaiser selbst kamen, bürgte

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