Kaktus zum Valentinstag
zusammen nach Skandinavien fahren könnten, um dort urgemütliche Stunden in einer Holzhütte am offenen Kamin zu verbringen, klingt zunächst reizvoll, ist aber bei genauerem Hinsehen nicht das, was ich möchte, nämlich gemeinsam die große, weite Welt zu entdecken.
Oder bin ich doch zu hart? Ist sie wirklich durchgefallen oder muss ich meine Ansprüche anpassen, wenn ich wirklich eine Beziehung begründen möchte? Das Parlament in mir kämpft. Die rationale Fraktion diskutiert gegen die intuitive Fraktion, immer wieder ohne Ergebnis.
Aber dennoch merke ich in mir, wie die Liebe, die ich zu spüren glaubte, von Tag zu Tag weniger wird. Da man sich auf mich verlassen kann, versprochen ist versprochen, hole ich Cordula wie verabredet vom Flughafen in Hamburg ab. Dabei spüre ich deutlich mehr Distanz als vor der langen Trennung. Die Beziehung hat sich abgekühlt. Hat Frau Vogt also doch recht? Und diese Postkarte, zeigt sie nicht doch, dass sie ein ganz anderer Mensch ist als ich? Aber Menschen, und vor allem Frauen, sind sowieso anders, tröste ich mich selbst.
Wenige Wochen später verabreden wir uns in einer Pizzeria. Dort erzähle ich ihr von meinen Beobachtungen, denn ich brauche einfach Klarheit, Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz. Interessanterweise sieht sie die gleichen Differenzen, so dass wir im gegenseitigen Einvernehmen unsere Beziehung zu einer Freundschaft degradieren. Es war eine schöne Zeit, beide haben wir viel gelernt, vor allem ich.
Als ich die Pizzeria verlasse, fühle ich mich verlassen. Wieder allein. Aber es ist nun mal die nackte Wahrheit, die Beziehung gewann einfach keine Höhe. Wenn alle Frauen so sind, werde ich wohl allein bleiben müssen. Die einzige Hoffnung, die ich noch habe, ist die Aussage von Frau Vogt, dass Cordula für mich zu kalt gewesen sein soll. Und dass es warme Frauen geben soll. Aber wie ich die finden und sogar ansprechen soll, das weiß ich nicht.
Auf der Straße nach Irgendwo
Ich blicke auf den vor mir liegenden Abschnitt der Lebensstraße, auf die von mir selbst vielbesungene Road to Anywhere . Dort sehe ich immer noch in weiter Ferne die Silhouette spitzgratiger Berge, die einfach nicht näher kommen wollen. Sie müssen unermesslich hoch sein, wenn ich sie aus dieser Entfernung sehen kann. Hoffentlich entpuppt sich die gewählte Route des Lebens nicht als Vainy Mountain Road , als Straße, die sich in den Bergen verliert, ohne sie jemals zu überqueren.
Wieder einmal überlege ich, ob ich wirklich auf dem richtigen Weg bin. Vielleicht bin ich ja ein Wüstenmensch und finde in der endlosen Weite mehr Glück, als wenn ich dorthin fahre, wo die Zweisamkeit regiert. Wer weiß das schon? Immer wieder gibt es unbeschilderte Abzweigungen. Immer wieder werde ich unsicher. In mir konkurrierendie Sehnsucht nach Weite und die Sehnsucht nach Nähe. Nähe haben können, wenn ich sie brauche, Ferne und Weite, wenn ich das brauche.
An einer Abzweigung auf der Straße meines Lebens mache ich eine Rast, um mich zu sammeln. Ganz genau trage ich zusammen, was dafür spricht, von hier fortan den einen oder den anderen Weg zu nehmen. Und das sieht dann so aus:
Wenn ich den Weg des Alleinseins nehme, dann hat das folgende Vorteile:
Alles bleibt unter eigener Kontrolle
Planbarkeit der Reise
Keine fremden Bedürfnisse zu berücksichtigen
Ruhe in der Wohnung
Keine Konflikte
Kann machen, was ich will
Ende der Suche, denn es gibt sowieso keinen perfekten Partner
Wenn ich dagegen weiterhin den Weg zu einer Partnerschaft verfolge, dann kann das folgende Vorteile haben, vorausgesetzt, ich finde einen Weg über diese Berge am Horizont:
Gemeinsames Erleben
Familie mit Kindern
Menschliche Wärme und Leben im Haus, keine Einsamkeit
Aufgabenteilungen
Fokus auf eigene Stärken durch Kompensation von Schwächen durch den Partner
Horizonterweiterungen/Anregungen
Unterstützung durch den Partner
Sexuelles Erleben
Ich sitze in der hölzernen Loggia und schaue nach draußen. Dann schalte ich den dort stehenden Fernseher ein. Ich schaue selten fern, aber vielleicht lenkt mich das nun ein wenig ab. Es läuft gerade eine Sendung, die mich sehr an meine Kindheit erinnert.
Dieses dörfliche Ensemble. Wie ich im Garten meine Straßen anlegte, wie ich das Gebüsch als den heimischen Dschungel sah, wie andere Kinder mit mir Schule spielten, ich war dann immer der Lehrer,weil nur diese Rollenverteilung für mich und alle anderen Spaß brachte, wie ich stundenlang in meinem Zimmer
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