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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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schaffen. Sie findet nicht nur in Gedanken statt, nein, sie wird bildgewaltig im echten Leben erfolgen. So braut sich in mir ein seltsamer Emotionscocktail aus Trauer und Freude zusammen.
    Da fällt mir der alte Kassettenrekorder ein. Die richtige Musik zur richtigen Zeit wirkt wie eine Entschleierung des Zugangs zu eigenen Gefühlen. Musik ist nach wie vor der ideale Trigger und Verstärker für Emotionen. Passend zur Situation wähle ich Musik von John Denver aus: »All my bags are packed, I’m ready to go …«
    Es dauert nur wenige Minuten, bis unsere Gesichter regnen. Der Film, zu dem diese Musik spielt, ist unser Film, er ist echt. Wir sind mittendrin. Während ich der John-Denver-Musik lausche, spulen in mir im Schnelldurchlauf die vergangenen Monate ab. Monate, in denen ich über Menschen mehr gelernt habe als in zwei ganzen Jahrzehnten davor.
    Als das Lied Calypso aus dem Rekorder dudelt, überblendet sich vor meinem geistigen Auge Jacques-Yves Cousteaus Forschungsschiff »Calypso« mit dem Forschungsschiff »Sonne«, das mit mir an Bord in die unendlichen Weiten des Pazifischen Ozeans stechen wird. Ohne Martina. Ohne Liebe. Ohne Sommer, denn auf der Südhalbkugel wird es früh dunkel, da ist jetzt Winter!
    Bei diesen Gedanken gibt es Starkregen im Gesicht. Tränenflüsse, die zwei Gesichtern entspringen, vereinen sich zu einem. So wie Breg und Brigach zur Donau werden, so wie Werra und Fulda zur Weser werden. Es ist der stärkste Regen in meinem Gesicht, seit ich Gesa an dem Weg mit den rauschenden Tannen ziehen lassen musste.
    So findet der emotionale Abschied von Martina noch in der Wohnung statt. Dann ist es so weit. Zeit, um auf Wiedersehen zu sagen. Zeit, zu gehen.
    »Ich warte auf dich, ich verspreche es. Du kannst mir vertrauen. Ganz bestimmt!«, sagt sie, noch ein Blick auf unser Türschild, das uns als Tanzpärchen zeigt, dann gehen wir zusammen die hölzernen Treppen runter zur Straße.
    Wir fahren mit dem Bus zum Flughafen nach Hamburg. Noch einmal küssen wir uns, beide gesichtsregnend. Ich will die Forschungsfahrt machen und Südamerika erleben. Und ich will nicht von ihr weg. Die Zeiger der Uhren rücken unaufhaltsam weiter. Es reißt mich durch die Absperrung fort. Noch einmal schaue ich zu ihr rüber, durch die uns nun trennende Glasscheibe, dann drehe ich mich um und folge traurig meinem inneren Ruf nach Ferne.
    Ich bin in See gestochen. Noch ein kleiner Zwischenstopp in Frankfurt. Die allerletzte Chance, billig und problemlos mit meinem Gnubbelchen zu reden. Ich rufe sie noch einmal an, nur um ihr noch ein allerletztes Mal vor dem großen Wasser, unserer ozeanischen Trennung, zu sagen:
    »Ich liebe dich so. Vergiss mich nicht. Bis September!« Dann lege ich auf. Klack.

Wasserweiten unter dem Kreuz des Südens
    Der schwierige, herzzerreißende Aufbruch ins Ungewisse, getragen von der Hoffnung, dass unsere junge Liebe nicht an Skorbut stirbt, sondern ihre Früchte erst noch tragen wird, liegt hinter mir. Vor mir nur noch Wasser – Wasser – Wasser und teils stürmische See. So fühle ich die Situation, in der ich mich jetzt befinde.
    Nach einer durchflogenen Nacht blicke ich auf winterlich kahle, langastige Bäume. Das macht depressiv. Die warmen Erlebnisse erster, echter, ernst gemeinter Liebe bleiben nur noch Erinnerung. Wieso tue ich mir das an, nein, wieso tue ich uns das an? Es ist eine rhetorische Frage, denn die Antwort ist lange genug auf der Waage gewesen. Geplant ist geplant.
    Ich bin auf dem Flughafen von Buenos Aires, Argentinien. Warum habe ich all die frisch duftend blühenden Landschaften des Sommers zurückgelassen? Wollte ich wirklich winterliche Leblosigkeit sehen? Ich werde unsicher. Die ersten emotionalen Stürme der Reise ins Ungewisse ziehen auf. Mich überkommt ein Gefühl, das ich noch nie im Leben hatte. Heimweh!
    Und dabei bin ich gerade erst losgefahren! Es geht weiter nach Santiago de Chile, von dort mit dem Bus nach Valparaiso. Im Hafen von Valparaiso wartet das Forschungsschiff »Sonne« darauf, mit mir an Bord in den weiten Stillen Ozean zu stechen. Doch bevor es so weit ist, schlafen wir, die Wissenschaftlercrew, noch einige Tage im Hotel.
    Keine Sonne in Sicht. Stattdessen regnet es in Strömen. Und es ist richtig kalt hier. Für mich sind es Tränen der Trennung, die sich über die Stadt ergießen.
    Ich hoffe, dass ich Martina genug Erinnerungen geschenkt habe, die sie untrennbar mit mir verbinden. Wenn die Entscheidung richtig war, dann habe ich meinen

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