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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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Osterinsel. Irgendetwas verbindet mich mit dieser geheimnisvollen Insel. Sie liegt völlig isoliert in den Weiten des Ozeans. Fern der großen Kontinente, auf denen die Gesellschaften der Welt mit- oder gegeneinander leben. Und sie ist vulkanisch. Auch wenn derzeitig keiner der Vulkane tätig ist.
    Auf der Osterinsel endet die Forschungsseereise. Direkt nach der Ausschiffung finde ich mich allein wieder. Die anderen gehen andere Wege als ich.
    Im tropisch anmutenden Hanga Roa finde ich eine nette Pension. Der Eigentümer stellt mir seinen schönen weißen Geländewagen zur Verfügung, um alle Straßen von Rapa Nui abzufahren. Mehrere Tage habe ich Zeit, die gesamte Insel zu entdecken, mit dem Jeep und vor allem auch zu Fuß.
    Vom Inselinnern blicke ich zurück auf das weiß-orangefarbene Schiff. Es liegt auf Reede, zwischen mir und dem Schiff ein Ahu, eine rituelle Stätte, mit sieben Moais. Eine Mauer aus Moais. Es sind die einzigen Moais, die im Inselinnern stehen, sonst befinden sich diese geheimnisvollen Figuren an der gesamten Küste der Insel. Sie werden zum symbolischen Grenz- und Gedenkstein inmitten des Ozeans, der meine vergangene Zeit als Single von der kommenden Zeit in Partnerschaft und Liebe trennt.
    Der Ozean im echten Leben endet mit dem Abflug von der Osterinsel. Der Ozean in meiner Lebenslandschaft dauert jedoch noch fast weitere zwei Monate. Denn nun möchte ich die Gelegenheit nutzen, die Wüsten und Vulkane Südamerikas gleich mit zu entdecken. Und natürlich weitere Etappen der Panamericana, der legendären Traumstraße der Welt, erleben.

El Condor Pasa und das faszinierende Nichts
    Ich bin auf dem Weg nach San Pedro de Atacama im lebensfeindlichen Nordchile. Durch das Busfenster starre ich auf die beeindruckende Landschaft eines fremdartigen Planeten. Eines Planeten, der kein Leben hat. Denn draußen zieht eine völlig vegetationslose Gegend vorbei. Ich fühle mich, als säße ich in einem Bus, der unterwegs ist auf der Marsoberfläche.
    Was draußen an Leben fehlt, ist im Bus zu viel vorhanden. Denn hier läuft ein Busfilm, so nenne ich diese charakteristische Art von Gewaltactionfilmen, die immer nur in Bussen zu sehen sind. Der Ton ist viel zu laut gestellt, und die Akteure im Film kämpfen ums Überleben, und ich auch, gegen den Lärm und die Vorhänge. Denn die Leute im Bus interessieren sich viel mehr für diese gewaltvolle Fiktion als für die ganzen tollen Strukturen in der Wüste, die da draußen am Bus vorbeiziehen.
    Es passiert etwas in mir, das ich so noch nie vorher erlebt habe. Ich werde unter dem Einfluss der Busfilmmusik depressiv, wenn ich nach draußen schaue. Denn die völlig vegetationslose Atacamawüste sorgt plötzlich in mir für ein turbulentes emotionales Umkippen. Die übersichtliche Herrlichkeit, die phantastischen Farben und Formenspiele weichen einer ganz anderen Sichtweise: Das ist totes Land. Kein Leben. Keine Liebe. Kein Tanzen. Keine Martina.
    Haben deswegen die Passagiere die Vorhänge zugezogen? Sehen sie nicht die Faszination einer außerirdisch anmutenden, klaren und übersichtlichen Welt, sondern einfach nur das menschliche Nichts? Ich bekomme einen gedanklichen Screw-up. Warum bedeuten mir genau jene Dinge viel, die für die anderen das Nichts sind? Und warum sehe ich auf einmal noch etwas ganz anderes? So als wenn Licht durch eine unsichtbare Mauer fällt.
    Als schließlich der knall- und kugelhagelreiche Gewaltfilm im Bus zu Ende ist, stellt der Busfahrer endlich friedliche, sanfte Musik an. Erst erklingen südamerikanische Takte, die Freude verbreiten und meine Stimmung heben. Sie untermalen auf wundersame Weise das Wüstenerlebnis. Wie Filmmusik, die der Gegend Kultur gibt.
    Später wechselt der Fahrer die Kassette. Nun erreichen englischsprachige Balladen mein Ohr. Kuschelrock, der nicht zur Gegend passen will. Als aber dann auf einmal das Lied Oceans apart ertönt, kommt es erneut zu einer extremen emotionalen Verstärkung. Noch nie habe ich dem Text so intensiv zugehört wie in diesem Moment.
    Ich fühle mich, als sei das Ganze ein Film, den ich träume. So kneife ich mich, doch ein Erwachen aus einem Traum findet nicht statt. Der Film, in dem ich meine Rolle spiele, der ist echt – es ist der eigene Lebensfilm – aufgenommen von der Kamera Gottes. Das echte, eigene Leben. Das hat nur ein »Take«.
    Ein weiterer emotionaler Höhepunkt auf dem langen, teilweise stürmischen Weg ins jenseitige Land erwartet mich in Peru. In den letzten Jahren

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