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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Medici zu ehelichen? Hast du denn nicht gehört, was der Prophet über sie gesagt hat? Hast du nicht gehört, was das Volk sagt?«
    »Doch.« Ich hatte einen gemeinen Ton angeschlagen. »Mir ist gleichgültig, was du oder Fra Girolamo oder die Leute denken.«
    »Du machst mir Angst.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Angst deinetwegen. Angst um dich. Wie oft muss ich mich noch wiederholen? Du folgst einem gefährlichen Pfad, Lisa. Sicherheit ist nur bei Fra Girolamo zu finden. Sicherheit bietet allein die Kirche.« Er seufzte schaudernd, seine Miene war gequält. »Er wird für dich beten, Kind. Was kann er sonst tun?«
    »Für uns beide beten«, entgegnete ich möglichst unfreundlich, wandte mich dann herrisch ab und lief die Treppe hinauf in meine Gemächer.
37
    Zalumma war es nicht gelungen, die ganze Unterhaltung zwischen meinem Vater und Giuliano mitzubekommen, doch sie hatte aufschnappen können, dass ein Angebot für Land und zehntausend Florin abgelehnt worden war. Als Giuliano am Ende fragte, welches Angebot denn annehmbar wäre und was er noch tun könne, um die Ernsthaftigkeit seiner Absicht unter Beweis zu stellen, hatte mein Vater schließlich erwidert: »Ihr wisst, Ser Giuliano, dass ich ein Anhänger Fra Girolamos bin.«
    »Ja«, gab Giuliano zu.
    »Dann werdet Ihr meine Gründe verstehen, warum ich Euch abweise und warum ich in dieser Angelegenheit nie nachgeben werde.« Damit hatte mein Vater sich erhoben und die Unterhaltung für beendet erklärt.
    »Aber«, gestand mir Zalumma, »ich habe Ser Giulianos Augen gesehen und die fest zusammengebissenen Zähne. Er ist genau wie sein Onkel; er wird nie aufgeben. Niemals.«
    In jenem Frühjahr und Sommer wollte ich die Hoffnung nicht aufgeben. Ich war überzeugt, wieder von Giuliano zu hören.
    Als Pieros Vettern dritten Grades, begierig auf Entschädigung durch Frankreich, eine Verschwörung gegen ihn anzettelten, war mir allerdings klar, dass es das Schlimmste war, was überhaupt passieren konnte. Und als Piero, um den Fehler seines Vaters an den Pazzi nicht zu wiederholen, die Verschwörer unter Hausarrest stellte - eine großzügige Geste, die darauf abzielte, seine Gegner zu beschwichtigen -, war ich zutiefst erleichtert.
    Eine Krise war abgewendet worden; bestimmt würde man nun aufhören, jede Unternehmung Pieros zu kritisieren.
    Doch Florenz war grausam und wankelmütig. Schließlich hatte die Stadt sowohl Petrarca als auch Dante ins Exil geschickt, die sie nun beide als ihre größten Söhne feierte. Piero hielt man für schwach und ineffektiv.
    Zusammen mit meinem Vater und Graf Pico - der blass wurde und kränkelte - hörte ich mir Savonarolas Osterpredigt an. Er habe die Botschaft des Herrn nach bestem Wissen weitergegeben, sagte er, und diese Predigt sei die letzte, die er halten werde, bis Gott ihn wieder auf die Kanzel riefe. Ich musste sehr an mich halten, um nicht vor Erleichterung zu lächeln.
    Ein jeder möge sich beeilen, Zuflucht in Gottes Arche zu nehmen, sagte er. »Noah lädt euch heute ein; die Tür steht offen, doch es wird die Zeit kommen, da sie geschlossen wird, und viele werden bereuen, nicht an Bord gegangen zu sein.«
    Ich hatte weder die Absicht, an Bord zu gehen noch zu bereuen. Tatsächlich war ich heilfroh, dass mir Fra Girolamos rasende Proklamationen künftig erspart blieben. Dennoch besuchte ich zweimal täglich die Messe - in Begleitung von Zalumma und meinem Vater, doch zum Glück ohne den salbungsvollen Pico - in der Kirche Santo Spirito, in der meine Mutter begraben lag, in der die Erinnerung an sie mir Frieden schenkte, in der Gott eine gerechte und liebevolle Gottheit war, stärker daran interessiert, Seelen zu retten und die Kranken zu trösten, als Sünder zu peinigen.
    Ich brauchte keinen Gott, der mir Qualen zufügte; mein eigenes Herz sorgte zur Genüge dafür. Eines Abends nach dem Essen, als ich wieder allein in meinem Gemach war, schrieb ich eine einzige Zeile mit der Feder meiner Mutter nieder. Nachdem ich sie unterschrieben hatte, faltete ich das Papier zweimal und versiegelte es mit rotem Wachs.
    Dann steckte ich es Zalumma zu.
    Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah furchterregend aus mit ihren schwarzen, ausgebürsteten Locken; wie ein breiter, unbändiger Rahmen lagen sie um ihr Gesicht, das im Schein der Kerze die Farbe des Mondes angenommen hatte. »Es ist nicht mehr so leicht«, sagte sie. »Euer Vater beobachtet mich genau.«
    »Dann soll jemand anderes zum Palazzo Medici

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