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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gehen. Mir ist einerlei, wie du es machst, nur sorg dafür, dass es erledigt wird.«
    »Zuerst müsst Ihr mir sagen, was drinsteht.«
    Wäre es eine andere gewesen als Zalumma, die sich so fürsorglich um meine kranke Mutter gekümmert und neben mir gestanden hatte, als meine Mutter starb, hätte ich sie sogleich darauf hingewiesen, dass sie für eine Sklavin eine gefährliche Dreistigkeit an den Tag lege. Ich seufzte, ließ ergeben die Schultern hängen und sprach die Worte aus, die mir seit vielen Nächten den Schlaf geraubt hatten.
    »Gib mir ein Zeichen und eine Gelegenheit, dann komme ich zu dir.«
    Das war ungeheuerlich, ging noch weit über einen Skandal hinaus; eine richtige Vermählung konnte ohne die Einwilligung des Vaters niemals stattfinden. Ich riskierte Missbilligung nicht nur von Seiten der Gesellschaft, sondern auch von Giuliano selbst.
    Ich setzte mich und wartete matt auf Zalummas Strafpredigt.
    Sie blieb aus. Zalumma betrachtete mich lange, ohne ein Wort zu sagen. Dann versicherte sie mir leise, aber wohlüberlegt: »Ich werde natürlich mit Euch gehen.«
    Sie nahm den Brief an sich und ließ ihn ins Mieder gleiten. Ich griff nach ihrer Hand und drückte sie dankbar. Keine von uns lächelte; unsere Verschwörung war eine viel zu schwerwiegende Angelegenheit. Falls mein Vater sich, ex post facto, weigerte, seine Einwilligung zu meiner Ehe zu geben, käme mein Stand dem einer Mätresse gleich.
    Liebste Lisa,
    Dein Brief rührt mich zu Tränen. Dass Du meinetwegen bereit bist, einen Tadel für mich auf dich zu nehmen, demütigt mich und spornt mich an, ein Mann zu werden, der Deiner wert ist.
    Aber ich kann Dir nicht erlauben, jetzt zu mir zu kommen.
    Glaube nicht einen Moment lang, dass ich Dich oder Deine Liebe jemals aufgäbe; du stehst in meinen Gedanken an erster Stelle. Doch es muss Dir klar sein, dass Dich allein die Tatsache, mit mir Verbindung aufzunehmen, einer Gefahr ausgesetzt hat. Das belastet mein Herz noch mehr als die Trennung, die wir erdulden müssen. Zweifellos hast Du von dem Versuch unserer Vettern Lorenzo und Giovanni gehört, Piero zu stürzen. Und unsere Lage ist noch prekärer geworden. Erst heute hat Piero einen Brief von unseren Botschaftern in Lyon erhalten. Karl hat sie entlassen; in diesem Moment machen sie sich auf den Weg zurück in die Toskana. Auch unsere Bankiers wurden ausgewiesen. Hat meine Liebe nachgelassen? Niemals! Aber ich kann nicht zusehen, wie Du Dich in Gefahr begibst. Habe Geduld, Liebste; lass Zeit verstreichen, soll sich die Angelegenheit mit König Karl doch von selbst erledigen. Gib mir auch Zeit, mir zu überlegen, wie ich Deinen Vater beschwichtigen kann, denn ich kann Dich unter diesen unseligen Umständen nicht bitten, zu mir zu kommen - obwohl ich zugleich auf das Tiefste gerührt bin, dass Du dazu bereit bist. Du bist eine starke Frau; mein Vater wäre sehr stolz.
    Wenn ich sicher sein kann, dass keine Gefahr für Dich besteht, lasse ich Dich holen.
    Bis dahin verbleibe ich Dein für immer,
    Giuliano
    Ich antwortete nicht, ich konnte nicht. Was nutzte es schon, wenn ich meine Verletzung, meine Enttäuschung, ja sogar meine Wut auf ihn zum Ausdruck brachte, weil er mich nicht einlud, auf der Stelle zu ihm zu kommen? Was hatte die Politik schließlich mit unserer Liebe zu tun? Der Spätsommer war miserabel. Es wurde schwül. Ganze Schwärme von Fischen starben und trieben auf dem Arno, ihre fauligen Leiber glitzerten silbern in der Sonne; der Gestank legte sich über die ganze Stadt. Es sei der Geruch des Todes, behaupteten die Gläubigen, der über die Alpen nach Süden ziehe. Obwohl der Prophet schwieg, gaben immer mehr Bürger, selbst Patrizier, seinen Lehren nach und entledigten sich ihrer feinen Kleidung. Schwarz, Dunkelgrau, tiefes Blau und Braun waren die Farbtöne, die man auf der Straße sah; verschwunden waren die leuchtenden Pfauenfarben Blau, Grün und Purpur, das fröhliche Safrangelb und die satten Rottöne.
    Kommt in die Arche ... Cito, Cito!
    Furcht hatte die öffentliche Meinung fest im Griff. Da sie ohne Savonarola verloren waren, der ihnen sagte, was Gott dachte, sprachen die Leute in ehrfürchtigem Raunen von Zeichen und Omen: dass Wolken am Himmel in der Nähe von Arezzo die Form berittener Soldaten angenommen hatten, die Schwerter hoch über dem Kopf erhoben, dass eine Nonne in Santa Maria Novella während der Mes-se von einer Vision heimgesucht wurde, in der ein feuriger roter Bulle die Kirche mit seinen Hörnern rammte,

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