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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Kompromis-seschließens. Ich vertraute darauf, dass er das Unmögliche erreichen würde. Da ich gefährlich ungeübt in Diplomatie war - besonders wenn es meinen Vater betraf -, hielt ich den Mund und verriet ihm nichts von Giulianos Absicht.
    Die Fastenzeit kam. Am ersten Freitag übernahm Savonarola die Kanzel. Er predigte, ein »neuer Kyros« bereite sich darauf vor, die Alpen zu überqueren - nicht der persische König aus der Antike, sondern offenkundig Karl auf seinem Vormarsch nach Süditalien.
    Wenn die Menschen Fra Girolamo zuvor schon mit Ehrfurcht begegnet waren, so sahen sie jetzt in ihm einen Halbgott, denn er hatte - ihrer Meinung nach - zwei Jahre zuvor vorausgesagt, was später als der »Ärger mit Frankreich« bekannt wurde.
    »Gott ist sein Führer«, verkündete Savonarola über seinen neuen Kyros. »Festungen werden vor ihm fallen, und keine Armee wird sich ihm widersetzen können. Und der, der Florenz anführt, wird sich wie ein Betrunkener benehmen und genau das Gegenteil dessen tun, was getan werden muss.« Nachdem er Piero kritisiert hatte, nahm der
    Prediger den Borgia-Papst ins Visier: »Du, Mutter Kirche, bist der Grund, warum sich dieser Sturm erhoben hat!« Wieder sprach er von der Arche, auf der die Rechtschaffenen Zuflucht vor der bevorstehenden Sintflut suchen könnten, und beendete seine Predigt mit dem Ruf: »Cito! Cito!«
    Unterdessen verlegte König Karl seinen Hof von Paris weiter südlich nach Lyon - unangenehm nah an der Toskana. Die Bürger von Florenz bekamen es mit der Angst zu tun; jene, die Fra Girolamo früher verspottet hatten, begannen zuzuhören.
    Wenige Wochen vor Ostern, an einem grauen, wolkenverhangenen Morgen, kamen Zalumma und ich recht früh vom Markt nach Hause; ein leichter Nieselregen hing in der Luft und hatte sich auf mein Gesicht und meine Haare gelegt. Mein Vater hatte zuvor verkündet, er wolle in der Fastenzeit nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Fisch verzichten, und da wir alle verpflichtet waren, uns seiner Frömmigkeit anzuschließen, brauchte ich weder beim Schlachter noch beim Fischhändler anzuhalten.
    Als unsere Kutsche um die Ecke auf die Rückseite unseres Palazzo bog, erblickte ich dort ein zweites Gefährt - mit dem Medici-Wappen auf der Tür. Es stand noch nicht lange dort; die schönen weißen Pferde schnaubten noch nach ihrem Weg über den Arno. Der Kutscher lächelte uns freundlich grüßend von seinem Kutschbock zu.
    »Der Herr sei uns gnädig!«, stieß Zalumma hervor.
    Ich stieg aus und gab unserem Kutscher Anweisungen, die Einkäufe in die Küche zu bringen. Ich war sogleich wütend auf meinen Vater; er hatte offenbar eine Begegnung mit meinem Freier zu einem Zeitpunkt vereinbart, an dem ich nicht zu Hause sein würde. Zugleich war ich bass erstaunt, dass er sich überhaupt auf ein Gespräch mit Giulia-no eingelassen hatte. Dieser Umstand erweckte meine Hoffnung von Neuem, dass mein Zukünftiger nicht nur seinen Bruder, sondern auch meinen Vater für sich einnehmen konnte.
    Meine Wut verwandelte sich in Entsetzen, als ich eine Bestandsaufnahme von meiner äußeren Erscheinung machte. Um meinen Vater zu beruhigen, war ich dazu übergegangen, sehr schlichte, dunkle Sachen anzuziehen und behielt sogar die überholte Tradition bei, Topas zu tragen, einen Edelstein, dem nachgesagt wurde, dass er Eros' Flammen abkühlte und Jungfrauen half, ihre Unschuld zu wahren. An jenem Tag hatte ich ein hochgeschlossenes Kleid aus dunkelbrauner Wolle gewählt, das hübsch zu der Topaskette passte: Ich sah aus wie eine ausgemachte piagnona. Mein Schleier aus schwarzer Gaze hatte mein Haar nicht vor der Feuchtigkeit schützen können, sodass widerspenstige Locken darunter hervorquollen.
    Ich packte Zalummas Hand. »Du musst eine Möglichkeit finden, ihr Gespräch zu belauschen! Geh!«
    Sie bedurfte keiner weiteren Aufforderung, sondern setzte sich beinahe im Laufschritt in Bewegung, während ich mit dem bisschen Anstand, das ich aufzubringen vermochte, langsamer ins Haus ging.
    Die Tür zum Salon stand offen - ein weiterer Beweis dafür, dass man nicht mit meinem Eintreffen gerechnet hatte.
    Ich vernahm die ruhige, ernste Stimme meines Vaters, was mich sogleich erleichterte; ich hatte Feindseligkeit erwartet. Als ich an der offenen Tür vorbeiging, schaute er auf.
    Wäre ich mit mehr Selbstbeherrschung gesegnet, hätte ich meinen Weg vielleicht fortgesetzt, doch ich blieb stehen und schaute Giuliano an. Aus Respekt vor meinem Vater hatte er sich

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