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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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er am meisten liebte, das Herz brechen. Entweder seinem Bruder Lorenzo oder einer Frau.
    Obwohl er noch jung an Jahren war, hatte Giuliano schon viele Geliebte gehabt. Seine ehemalige Mätresse, Simonetta Cattaneo, die Frau von Marco Vespucci, hatte bis zu ihrem Tod vor zwei Jahren als schönste Frau von Florenz gegolten. Er hatte Simonetta ihres Aussehens wegen auserwählt: Sie war feingliedrig und hellhäutig, dichte, goldblonde Locken fielen ihr bis über die Taille. Sie war so lieblich anzusehen, dass man sie im offenen Sarg zu Grabe getragen hatte. Aus Ehrerbietung vor dem Gemahl und der Familie hatte Giuliano sich im Hintergrund gehalten, hatte aber mit ihnen geweint.
    Dennoch war er nie treu gewesen. Er hatte mit anderen Frauen geschäkert und hin und wieder auch die Talente von Huren genossen.
    Nun aber wünschte sich Giuliano zum ersten Mal im Leben nur eine Frau: Anna. Sie war hübsch, gewiss, doch eigentlich hatte ihre Intelligenz ihn gefangen genommen, ihre Lebensfreude und ihre Herzensgüte. Er hatte sie nach und nach besser kennen gelernt, über Unterhaltungen auf Banketten und Festen. Sie hatte sich ihm gegenüber nie kokett verhalten, hatte nie versucht, ihn für sich einzunehmen; sie hatte im Gegenteil sogar alles dafür getan, ihn zu entmutigen. Doch keine der vielen Florentiner Adelsfrauen, die um seine Zuneigung wetteiferten, kam ihr gleich. Simonetta war seicht gewesen; Anna hatte die Seele einer Poetin, einer Heiligen.
    Angesichts ihrer Güte empfand Giuliano sein Leben nun als widerwärtig. Er gab alle anderen Frauen auf und suchte nur noch die Gesellschaft von Anna, sehnte sich danach, ausschließlich sie zu erfreuen. Allein ihr Anblick ließ in ihm den Wunsch aufkommen, sie für sein bisheriges sinnliches und zügelloses Leben um Vergebung zu bitten. Nach ihrer Gnade verlangte ihn mehr als nach der des Schöpfers.
    Als sie schließlich ihre Gefühle offenbarte, war es wie ein Wunder: Gott habe sie füreinander geschaffen, und es sei sein grausamster Scherz, dass sie bereits an einen anderen Mann vergeben sei.
    So leidenschaftlich Annas Liebe zu ihm auch war, Reinheit und Anstand liebte sie noch mehr. Sie gehörte einem anderen, den sie nicht betrügen wollte. Sie gestand ihre Gefühle für Giuliano ein, doch als er sie im Karneval im Haus seines Bruders bedrängte, wies sie ihn zurück. Die Pflicht, hatte sie gesagt. Die Verantwortung. Sie hatte wie Lorenzo geklungen, der stets darauf bestanden hatte, er solle eine vorteilhafte Verbindung eingehen und eine Frau heiraten, die der Familie noch mehr Ansehen einbringen würde.
    Giuliano, daran gewöhnt, alles zu bekommen, was er wollte, versuchte zu feilschen. Er flehte sie an, doch wenigstens mit zu ihm zu kommen, um ihn zu Ende anzuhören. Sie schwankte, war dann aber einverstanden. Ein einziges Mal hatten sie sich im appartamento im Erdgeschoss des Medici-Palastes getroffen. Sie hatte seinen Umarmungen nachgegeben, seinem Kuss, doch weiter wollte sie nicht gehen. Er hatte sie gebeten, Florenz zu verlassen, mit ihm fortzugehen, doch sie hatte ihn zurückgewiesen.
    »Er weiß es.« Ihre Stimme war voller Qual gewesen.
    »Verstehst du? Er weiß es, und ich kann es nicht ertragen, ihn noch länger zu verletzen.«
    Giuliano war ein entschlossener Mann. Weder Gott noch gesellschaftliche Konventionen hielten ihn auf, sobald er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Anna zuliebe war er bereit, die Aussicht auf eine respektable Heirat aufzugeben; für Anna war er bereit, die Kritik der Kirche zu ertragen, mehr noch, die Exkommunikation und sogar die zu erwartende Verdammung.
    Infolgedessen hatte er ein überzeugendes Argument vorgebracht: Sie sollte mit ihm nach Rom gehen, um in einer Villa der Familie zu leben. Die Medici hatten Verbindungen zum Heiligen Stuhl; er würde die Annullierung ihrer Ehe in die Wege leiten. Er würde sie heiraten. Er würde Kinder mit ihr zeugen.
    Sie war hin- und hergerissen und hatte beide Hände vor den Mund geschlagen. Er schaute ihr in die Augen und sah das Elend, aber auch einen Hoffnungsschimmer.
    »Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, hatte sie gesagt, und er hatte sie zu ihrem Gemahl zurückkehren lassen, um sich zu entscheiden.
    Am nächsten Tag hatte er Lorenzo aufgesucht.
    Er war früh wach geworden und hatte nicht mehr einschlafen können. Es war noch dunkel - zwei Stunden vor Sonnenaufgang -, aber er war nicht überrascht, dass Licht aus dem Vorzimmer seines Bruders drang. Lorenzo saß an seinem Schreibtisch, die

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