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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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machen: um deine Familie, meinen Vater, König Karl, die Signoria, den Herzog von Mailand, um Florenz selbst. Gerade jetzt können wir allerdings nichts tun. Wir können uns nur freuen, dass wir hier sind, du und ich, um uns gemeinsam dem allen zu stellen.«
    Er hatte keine andere Wahl, als sich vorzubeugen und mich zu küssen. Diesmal wanden wir uns nicht keuchend in den Armen des anderen, wie es in der Kutsche geschehen war. Wir waren jetzt Mann und Frau und näherten uns einander mit einem tiefen Gefühl der Ernsthaftigkeit. Vorsichtig hob er mich auf das Bett und legte sich neben mich, langte unter mein Seidengewand und ließ seine Hände langsam über mein Schlüsselbein, die Brust, den Bauch gleiten. Ich zitterte, und nicht nur vor Nervosität.
    Kühn fuhr ich mit den Händen über seine samtbedeckten Schultern, seine muskulöse Brust und die Senke in der Mitte. Dann, als ich nach mehr verlangte, begann ich ungeschickt zu fummeln, um ihn aus dem farsetto zu befreien.
    Er setzte sich halb auf. »Hier«, sagte er und hielt mir den Nackenverschluss seines Kleidungsstücks hin.
    Ohne darüber nachzudenken, schnalzte ich mit der Zunge. »Wie kommst du darauf, ich wüsste, wie man die Kleidung eines Mannes öffnet?«
    »Du hast einen Vater ...«
    »Und sein Diener kleidet ihn an, nicht ich.«
    Plötzlich sah er hinreißend dämlich aus. »So wie ich von meinem angekleidet werde.«
    Wir brachen in schallendes Gelächter aus.
    Er warf einen Blick zur Tür. »O nein«, sagte ich. »Du hast gesagt, ich bin starrköpfig: Lass es mich erneut unter Beweis stellen.«
    Es war ein harter Kampf, doch am Ende gab der farsetto nach. Giuliano ebenso.
    In meiner Kindheit hatte ich einmal reine Wärme, das Gefühl des Öffnens, der bedingungslosen Vereinigung erfahren. Ich war entsetzlich krank gewesen, so krank, dass die Erwachsenen um mich herum bereits mit gedämpfter Stimme über meinen Tod sprachen. Ich kann mich an ein furchtbares Gewicht auf meiner Brust erinnern, an das Gefühl, in meiner eigenen Flüssigkeit zu ertrinken und keine Luft mehr zu bekommen.
    Man brachte Kessel und eine Holzwanne herauf, in die fast kochendes Wasser geschüttet wurde. Meine Mutter ließ mich hineingleiten.
    Sobald ich bis zum Hals im Wasser steckte, setzte sich der Dampf zärtlich auf mein Gesicht; die Hitze drang mir bis auf die Knochen. Ich schaute auf meine sich rötende Haut und dachte in meinem kindlichen Gemüt, sie würde schmelzen, nachgeben und sich mit der Wärme vermischen. Selig schloss ich die Augen und spürte, wie meine Haut sich auflöste, bis nichts mehr da war außer meinem klopfenden Herzen und dem Wasser. Das ganze Gewicht, die ganze Schwere löste sich in Luft auf.
    Ich lebte. Ich konnte atmen.
    Mit Giuliano zu schlafen war genauso. Die Hitze; die Öffnung. Die Vereinigung. Ich konnte atmen.
    »Wird Leonardo denn noch immer mein Porträt malen?«, fragte ich verschlafen, nachdem wir uns verausgabt hatten. Wir lagen nackt zwischen feinen Laken und einem karmesinroten Überwurf. Inzwischen war es Spätnachmittag geworden, und das Licht der schwindenden Sonne drang bittersüß durch die Fensterläden.
    Das Natürliche an dem Akt hatte mich überrascht. Ich war davon ausgegangen, sorgfältiger Einweisung zu bedürfen, hatte damit gerechnet, ungeschickt zu sein, doch Giu-lianos Zuversicht und meine Instinkte hatten mich sicher geführt. Nach unserer Anstrengung war mir kühl geworden, und Giuliano hatte zu meiner Verlegenheit einen Diener kommen lassen, um das Feuer im Kamin zu entfachen. Eingewickelt und reglos saß ich da, bis der Diener gegangen war; dann erst war ich zu überreden, mich zu vergessen und in Giulianos Armen zu liegen.
    »Dein Porträt?« Giuliano stieß einen langen, entspannten Seufzer aus. »Ja, natürlich. Vater hat darum gebeten. Leonardo ist in solchen Dingen schrecklich, musst du wissen. Die meisten Aufträge, für die Vater ihn bezahlt hat, wurden nie fertiggestellt. Aber . « Er schenkte mir ein durchtriebenes Lächeln. »Ich werde es anfordern. Ich werde seine Füße ins Feuer halten. Ich werde ihn in seinem Atelier anketten und erst dann freilassen, wenn es fertig ist! Aber ich muss dein Bild für immer bei mir haben.«
    Ich kicherte.
    Giuliano nutzte die Leichtigkeit des Augenblicks, um ein schwieriges Thema anzusprechen. »Ich habe einen unserer besten Agenten damit beauftragt, Ser Antonio aufzusuchen.«
    Sofort spannte ich mich an. »Mit meinem Vater kann man nicht vernünftig reden.«
    Giuliano

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