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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Zuversicht aus dem Bildnis des längst verstorbenen Kriegers zog.
    Giuliano nickte, etwas ernster. »Von der ganzen Fa mili e verstand ich ihn am besten. Und er hat mich verstanden. Piero ist eher wie unsere Mutter, und Giovanni . « Er lachte kurz auf. »Ich bin mir nicht sicher, wem er gleicht. Vielleicht unserem Urgroßvater Cosimo. Er ist sehr schlau, wenn es darum geht voranzukommen.«
    Der Abend hatte Dunkelheit mit sich gebracht; Giuliano zündete ein paar Kerzen an den Flammen im Kamin an, kam dann wieder ins Bett und ließ sich mit einem Seufzer zufriedener Erschöpfung neben mir nieder.
    »Warum sollten die piagnoni mit dem Herzog von Mailand zusammenarbeiten, um Piero zu entmachten?«, fragte ich leise.
    Seine gute Laune fiel von ihm ab. Er stützte sich auf einen Ellenbogen und wandte sich mir zu, das Gesicht überschattet. »Ich bin mir nicht ganz sicher«, sagte er. »Aber ich weiß, sie wollen den Niedergang unserer Familie. Vater hat viel Unkluges - ja sogar Ungesetzliches - getan. Er hat Geld aus dem Mitgiftkapital der Stadt gestohlen, um Giovannis Kardinalswürde zu kaufen. Und in jüngeren Jahren kannte er gegenüber seinen Feinden keine Gnade. Er war bereit, alles zu tun, um die Familie abzuschirmen. Es gibt viele Menschen, viele Familien und Gruppen, die allen Grund hatten, ihn zu hassen.
    Aber er hatte ein unheimliches Geschick, sich selbst zu schützen, Verbündete zu finden, zu wissen - besonders in seinen letzten Jahren -, wann er nachzugeben hatte und wann er diejenigen übergehen konnte, die ihm drohten oder ihn schlecht machten.« Er hielt kurz inne. »Piero und Giovanni ... Sie sind auf ihre Art intelligent, doch sie sind nicht wie Vater. Sie begreifen nicht, dass es sehr wichtig ist, wie die Öffentlichkeit sie wahrnimmt. Es gelingt ihnen nicht ... bescheiden aufzutreten. Und Piero ... Er bekommt widersprüchliche Ratschläge von seinen Beratern und ist mittlerweile so verwirrt, dass er überhaupt nichts mehr weiß.
    Ich habe ihm gesagt, er solle nach Sarzana gehen - so wie Vater einst König Ferrante aufgesucht hatte in der Hoffnung, einen Krieg zu verhindern. Ich wollte ihn allerdings begleiten. >Höre nicht auf deine Berater<, habe ich ihm gesagt. >Lass dir von mir helfen.< Aber er wollte unter Beweis stellen, dass er es allein konnte, ohne mich. Es ist so, Vater hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich sein Liebling war. Er hat Piero immer gesagt, wenn er irgendwann einmal das Familienoberhaupt werde, solle er nichts unternehmen, ohne mich um Rat zu fragen. Darauf ist Piero stets neidisch gewesen. Ich werfe es ihm nicht vor, aber ...« Er schüttelte den Kopf. »Es war ein Fehler, Sarza-na und die beiden anderen Zitadellen auszuliefern. Ich kenne Piero; er weiß nicht, auf wen er hören soll, deshalb hat er auf niemanden gehört und aus reiner Nervosität gehandelt. Jetzt ist die Signoria wütend, und sie schicken Fra Girolamo, der mit dem französischen König reden soll. Es ist ein völliges Durcheinander. Ich hoffe nur, Piero wird auf mich hören, wie man die Sache am besten wieder beilegt.«
    Seine Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben; er besaß Lorenzos rasche Auffassungsgabe, gepaart mit der Liebenswürdigkeit seines Namensvetters. Der Zufall der späten Geburt hatte ihn der Stellung beraubt, für die er eine natürliche Begabung hatte - und deshalb war womöglich alles verloren. »Zurück zu den piagnoni«, sagte ich. »Hat Savonarola politische Ambitionen? Will er Florenz für sich . und vielleicht auch Mailand?«
    Er sah mich stirnrunzelnd an. »Es ist weitaus komplizierter. Ich habe Agenten, die daran arbeiten .«
    Zu denen auch Leonardo gehörte. »Wie kompliziert? Ich habe Zeit .«
    Ein Klopfen an der Schlafzimmertür und eine männliche Stimme unterbrachen uns. »Ser Giuliano?«
    »Ja?«
    »Euer Bruder ist von Sarzana zurückgekehrt. Er wartet im Speisezimmer auf Euch.«
    »Sag ihm, ich komme gleich.«
    Ich war bereits aus dem Bett gesprungen und zog mir meine camicia an. Giuliano schaute mich an, dann auf seine Überhose und sein farsetto, die neben dem Kamin auf einem Haufen lagen, dann wieder auf mich. »Schick Laura und einen Diener«, rief er. »Wir brauchen Hilfe beim Ankleiden.«
44
    Sobald wir angezogen waren, führte Giuliano mich durch den weitläufigen, ruhigen Palazzo nach unten; unsere Schritte hallten vom glänzenden Marmor wider. Die Korridore schienen leerer, als ich sie in Erinnerung hatte: Viele Kunstwerke waren weggeschafft

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