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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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worden.
    »Vielleicht sollte ich nicht mitkommen«, flüsterte ich, den Arm bei ihm untergehakt. »Piero wird über politische Angelegenheiten reden wollen.« In Wirklichkeit war ich nervös bei der Aussicht, ihm gegenüberzutreten. Trotz Giulianos Beteuerungen war ich ganz und gar nicht sicher, ob der älteste der Medici-Brüder unserer Heirat mit Begeisterung zugestimmt hatte. Ich hatte bereits eine schmerzhafte Begegnung mit meinem Vater hinter mir und war nicht in der Stimmung, dasselbe mit Piero zu erleben.
    Giuliano schien meine Gedanken zu lesen. »Mein Bruder wollte zwar nichts davon wissen, dass ich dich heirate -zunächst. Aber ich war hartnäckig. Ich habe ihn davon überzeugt, dass es politisch sinnvoll sei. Schließlich murrt das Volk, weil Piero der Sohn einer geborenen Orsini ist und außerdem auch noch eine geheiratet hat. Ich sagte ihm: >Du hast bereits eine starke Verbindung mit den adligen Orsinis hergestellt - und Giovanni ist Kardinal, womit der Papst und die Kirche unsere Verbündeten sind. Jetzt wird es Zeit, uns ans Volk zu binden, ihnen zu zeigen, dass wir uns nicht für Fürsten halten, wie es heißt.< Am Ende hörte er mir zu. Auch wenn Alfonsina und Giovanni nicht einverstanden sind - nun, ich habe keinen Zweifel, dass du sie mit deinem Charme gewinnen wirst.«
    Schließlich blieben wir vor einer hohen Tür aus geschnitztem, dunkel poliertem Holz stehen. Giuliano stieß sie auf und bat mich mit einer Handbewegung, einzutreten.
    Wärme und Licht umfingen mich. An der gegenüberliegenden Wand loderte in einem mächtigen Kamin ein großes Feuer; ein Kandelaber mit über einem Dutzend brennender Kerzen auf dem langen Esstisch verbreitete den Geruch nach heißem Wachs. Die Wände waren mit idyllischen Szenen bemalt - Bacchus und seine Trauben, Nymphen und Satyrn tanzten, während Pan auf seiner Flöte spielte.
    Zwei Männer waren in dem Raum. Der erste schritt mit weit ausholenden Gesten vor dem Kamin auf und ab. Er war wie ein Prinz gekleidet, trug eine Tunika aus saphirblauem Samt, gefüttert mit purpurrotem Satin. An seiner dicken goldenen Kette baumelte ein großer Amethyst, und die Diamanten an seinen Fingern glitzerten im Schein des Feuers. Seine Schultern waren breit, seine Taille schmal, und seine Überhose offenbarte kräftige Oberschenkel und muskulöse Waden. Man konnte ihn sich gut draußen auf den Straßen von Florenz vorstellen, wie er nach einem Ball trat.
    »Wie können sie es wagen, mich so zu beleidigen!«, tobte er verbittert. »Wie können sie es wagen, obwohl ich doch gerade die Stadt gerettet habe! Ich verdiene, wie ein Held empfangen zu werden, stattdessen ...« Finster schaute er auf, als wir ihn unterbrachen.
    Der zweite Mann saß am Tisch. Sein Verhalten war teilnahmslos, während er peinlich genau das Fleisch von den Knochen eines gebratenen Fasans schnitt. Er trug das scharlachrote Gewand eines Kardinals, eine rote Seidenkappe und einen Rubinring; als wir eintraten, drehte er sich auf seinem Stuhl halb um, damit er uns besser sehen konnte. Er hatte dicke Finger, wulstige Lippen, einen großen, breiten Schädel und eine noch breitere Brust. Er legte Gabel und Messer beiseite. »Giuliano! Wer ist das?« Er war überrascht, aber nicht unhöflich. Seine Stimme war tief und einnehmend, trotz seines reizlosen Gesichts und der kleinen, misstrauischen Augen. Bei meinem Anblick erhob er sich.
    »Wer ist das?«, fragte Piero, seinen Bruder wiederholend. Im Schein des Kandelabers war er seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten - die schmalen Lippen, das fliehende Kinn.
    »Piero, du erinnerst dich. Das hier ist meine Gemahlin, Madonna Lisa di Antonio Gherardini. Lisa, darf ich dir meinen Bruder Piero di Lorenzo de' Medici vorstellen.«
    Die Antwort meines Gemahls bestürzte Giovanni. »Antonio der Tuchhändler? Beliebst du zu scherzen?«
    »Beleidige meine Gemahlin nicht«, entgegnete Giuliano mit drohendem Unterton. »Die Gherardinis sind eine gute Familie. Piero hat uns vor einiger Zeit die Erlaubnis gegeben, zu heiraten.«
    Piero machte eine wegwerfende Geste. »Ich habe dir die Erlaubnis erteilt. Aber jetzt ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt, die junge Dame kennenzulernen, da man von allen Seiten über uns herfällt .« Er verneigte sich flüchtig vor mir. »Verzeiht, Madonna, wir haben dringende, private Angelegenheiten zu besprechen. Giuliano, du kannst uns deiner Zukünftigen später vorstellen.«
    »Sie geht nirgendwohin, Bruder. Sie gehört zur Fa mili e. Der

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